Hanna Stauß...  Foto: Eyrich

"Gegen den Klimawandel wird es keine Impfung geben", da verraten Hanna Stauß und Mathis Hoheisel von "Fridays for Future" nichts Neues. Was aber kann die Politik tun? Vier Bundestagskandidaten geben Antwort.

Winterlingen - Konkret auf den Zahn gefühlt haben die Aktivisten von "Fridays for Future" aus Albstadt und Sigmaringen vier Bundestagskandidaten aus dem Wahlkreis Zollernalb/Sigmaringen auf der Kleinkunstbühne K3: Thomas Bareiß, CDU, Bundestagsabgeordneter und parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Robin Mesarosch, SPD, Johannes Kretschmann, Bündnis ’90/Die Grünen, und Stephan W. Link, FDP. Marco Hausner, Die Linke, war beruflich verhindert.

Lesen Sie auch: Prima Klima bei Diskussion im Wahlkreis Zollernalb/Sigmaringen

In fünf Themenblöcken haben die Kandidaten geantwortet und dabei auch viel miteinander diskutiert:

Bareiß sieht Bedarf an großen Schritten der Industrie, etwa bei der Einführung grünen Wasserstoffs und durch Einsatz der Brennstoffzelle. Klimaschutz müsse auch Jobmotor sein. Mesarosch wies auf die hohen Kosten der Umstellung hin und hält es für falsch, Gutverdiener zu entlasten: "Wir müssen uns das leisten", aber Projekte wie die Talgangbahn in Albstadt kosteten viel Geld.

Kretschmann setzt auf bessere Verzahnung von Wirtschaft und Ökologie. Erstere müsse zugunsten – nicht auf Kosten – der Umwelt prosperieren. Als Beispiel nannte er Firmen, die Holzhäuser bauten. Marktwirtschaftliche Mechanismen alleine seien zu langsam, CO2-Bepreisung dennoch wichtig.

Genau die will Link: einen Deckel auf dem CO2-Ausstoß und Zertifikatehandel. Weil der Preis sich auf Produkte auswirke, sei ein Anreiz zu Innovationen da. Diese auch zu exportieren sei "der größte Beitrag, den die Bundesrepublik leisten kann".

Kalkabbau schaden der Artenvielfalt

Der Artenvielfalt im Donautal und auf der Alb schadeten der Kalkabbau und der Abbau in Steinbrüchen, so die Moderatoren. Was tun? Bareiß nannte Beispiele für finanziell geförderte Umsiedlung, etwa die Eidechse und den Bau von Stuttgart 21. Die Interessen liefen oft gegeneinander. Der Naturschutz müsse im Zweifel hinter dem Klimaschutz zurückstehen, Beispiel Windräder und Rotmilan. Vor Ort Kalk abzubauen, sei umweltfreundlicher als ihn "von weit herzukarren".

Mesarosch hält "die Gifte, die wir in die Umwelt und auf die Felder hauen", für eine große Bedrohung, die es zu stoppen gelte, und kritisierte den Kalkabbau im Donautal, an dem "ein Adliger in der Schweiz" Geld verdiene. Innovationen seien notwendig, "damit unsere Zahnpasta ohne Kalk aus dem Donautal auskommt".

Kretschmann will die Landwirte "zu starken Akteuren des Klimaschutzes" machen, Beiträge zum Klimaschutz honorieren. Er ist überzeugt, "dass wir für jede nicht gebaute Trasse in zehn, 15, 30 Jahren froh sein werden". Link führte diesbezüglich auch Projekte wie das Hotel am Badkap in Albstadt an – dagegen müsse man rechtzeitig ansteuern.

Kretschmann will Rahmenbedingungen verändern, etwa die Mindestabstände zwischen Wohnbebauung und Windrädern, und Anreize setzen, die erneuerbaren Energien auszubauen, etwa durch veränderte Steuerpolitik und Förderrichtlinien. Der politische Wille müsse stärker sein, Kommunen, Land und Bund müssten zusammenarbeiten und Konflikten standhalten. Mesarosch will den schnellstmöglichen Ausbau von Windkraft-, Solar- und Speicheranlagen durch den Abbau bürokratischer Hürden erreichen – SPD-regierte Bundesländer hätten hier die Nase vorn.

Bareiß will das Erneuerbare-Energien-Gesetz, also die hohe Subventionierung, auslaufen lassen und den Ausbau so vorantreiben, dass er wirtschaftlich ist, um "der Welt zu zeigen, dass es funktionieren kann". Dabei gelte es, die Menschen mitzunehmen, etwa durch Unterstützung von Bürgerenergiegenossenschaften – nicht durch Reduktion von Abständen. Stephan Link wies auf den stark steigenden Energiebedarf hin: Technologieoffene Innovationen, deren Effektivität und Effizienz gelte es zu fördern – bundes- und europaweit.

Diskussion über ÖPNV und Verkehr

Mesarosch setzt auf günstige Fahrpreise im ÖPNV, weil dann ein Teufelskreis durchbrochen werde: Sobald es günstiger sei, nutzten mehr Menschen öffentliche Verkehrsmittel und mehr Linien lohnten sich. Ein 365-Euro-Jahresticket sei ein Weg. Das befördere auch den Bewusstseinswandel. Das Baden-Württemberg-Ticket sei in den nächsten Jahren geplant, so Bareiß. Wichtig sei, dass auch die besten E-Autos aus Baden-Württemberg kommen – er setzt also auf technologische Weiterentwicklung. Über drei Milliarden Euro habe die Regierung in Batteriezellentechnologie investiert. Zudem seien regelmäßige Taktung und gute Anbindung im ÖPNV notwendig.

Link betonte: "Wir müssen offen sein für Alternativen und uns von ideologischen Ansichten trennen." Wer seinen Diesel weiter fahre, handle ökologischer als der, der ihn vorzeitig abschaffe. Er setzt auf Ausbau des Angebots und synthetische Kraftstoffe. "Wichtiger als der Preis sind bessere Angebote", meint Kretschmann. Wichtig beim Ausbau sei, Prioritäten zu setzen und Maßnahmen zu bündeln, um Mobilität intelligent zu vernetzen.

Stauß und Hoheisel nannten den Paragrafen 13b des Baugesetzbuches als Beispiel für die Aushebelung des Klimaschutzes. Den kenne er nicht, räumte Link ein, der stattdessen hohe Mieten ansprach, die sich nur durch höhere Investitionstätigkeit bremsen ließen. Eine Mietpreisbremse führe zu weniger Investitionen angesichts hoher Baupreise.

Mesarosch kennt den Paragrafen, der es Gemeinden ermögliche, schneller zu bauen, was auch Vorteile habe. "Wir können nicht die ganze Landschaft zuasphaltieren." Viele Chancen, etwa Förderprogramme für Altbausanierung, blieben ungenutzt. Er setzt auf Bauen ohne CO2-Emissionen und Flächenverbrauch. Zudem müsse der Staat Spekulationen mit Grund und Boden verbieten, weil das die Kosten für Flächen und damit Baukosten in die Höhe treibe.

Kretschmann kritisierte, dass es zu wenig Anreize für flächenschonendes und klimafreundliches Bauen gebe. Die öffentliche Hand müsse mit gutem Beispiel vorangehen und den Wettbewerb um neue Einwohner durch immer größere Baugebiete beenden, während Ortskerne verödeten. Bareiß hält den Paragrafen für wichtig, um jungen Menschen den Verbleib in der Heimat zu ermöglichen. Wer vor Ort baue, müsse keine langen Wege zurücklegen – das schone das Klima. Neubauten seien heute schon oft Null-Energie-Häuser. Die Regierung habe Anreize für Modernisierung, etwa von Heizungen, gesetzt.

Konkret diskutierten die Kandidaten auch ein Thema, das in Albstadt für Kontroversen sorgt: die Ortsumfahrung Lautlingen. Bareiß will sie, um die Menschen dort zu entlasten. Kretschmann hält die Trasse – egal in welcher Variante – für einen "Horror", ebenso wie die Belastung: "Die richtige Lösung wäre weniger Verkehr."