Seit 30 Jahren ist Dietmar Benz Bürgermeister von Mahlberg – und hat seine Berufswahl noch keinen Tag bereut. Unserer Redaktion verriet er, was ihn motiviert, was er an seinem Amt so schätzt und was ihm Sorge bereitet.
Hätte Dietmar Benz selbst bei seinem Amtsantritt am 1. Dezember 1994 gedacht, dass er einmal 30 Jahre Bürgermeister von Mahlberg sein würde? Eher nicht. „Mein Ziel waren damals drei Amtsperioden. Dass es auch noch eine vierte gibt, war 1994 nicht absehbar“, erklärt er im Gespräch mit unserer Redaktion.
Was aber hat ihn so lange „durchhalten“ lassen – während einige andere Bürgermeisterkollegen ihr Wirken auf zwei Amtszeiten beschränkten? „Man muss diesen Job gerne machen, für ihn brennen“, betont Benz. „Ich stehe jeden Morgen immer noch gerne auf und freue mich auf die Arbeit – auch weil sie so abwechslungsreich ist.“ Einen Tag, an dem er kurz davor war, alles hinzuwerfen, habe es niemals gegeben.
Ansprechpartner für die Bürger sein: Leidenschaft reicht aber in Benz‘ Augen nicht aus, um ein guter Bürgermeister zu sein. „Man braucht zum einen eine robuste Gesundheit, ein starkes Nervenkostüm und man muss etwas an sich abprallen lassen können. Zum anderen muss man auch bereit sein, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen – und ein Vereinsmensch sein, um einen Draht zu den vielen Ehrenamtlichen zu haben“, weiß er. Das Bürgermeisteramt sieht Benz in einer kleinen Stadt wie Mahlberg immer noch als das des Kümmerers, als desjenigen, der sich bei den Menschen sehen lässt und ihnen Anregungen gibt und hilft.
Trotz Erfahrung Fehler gemacht: Auch eine letzte Komponente sei in seinen Augen nicht zu unterschätzen: Man brauche als Bürgermeister „eine gewisse Grundbildung, was Verwaltung angeht“. Denn als Rathauschef werden Kompetenzen in allen Bereiche der Verwaltung gefordert. Diese waren bei Benz, der vor Amtsantritt in Mahlberg zehn Jahre Ratsschreiber in Biberach war, vorhanden. Diese Lebenserfahrung, die Menschenkenntnis und die berufliche Erfahrung, die er sich dort aneignen konnte, habe ihm geholfen, erfolgreich ins Amt zu starten. Auch wenn er, wie er betont, sicherlich nicht immer alles richtig gemacht habe. „Das gibt es nicht, dass einer nach 30 Jahren noch sagt, ich habe alles richtig gemacht. Und das nehme ich auch nicht für mich in Anspruch“, erklärt er. Er sei ein emotionaler und auch streitbarer Mensch – besonders wenn er sich bei Behörden wie Landratsamt oder Bahn für das Wohl der Stadt einsetze. „Und wenn mir etwas gegen den Strich geht, kann ich auch ungerecht werden“, gibt er zu. Was er jedoch gelernt habe, sei über manche Entscheidungen mal eine Nacht zu schlafen.
Bildung war besonders im Blick: Auf das, was Benz für Mahlberg und Orschweier geleistet hat, ist er stolz, das ist ihm im Gespräch deutlich anzumerken. Die Entwicklung der Gesamtgemeinde, in der er selbst seit 1995 wohnt, sei ihm immer wichtig gewesen. Von seinem Vorgänger Ulrich Hehr habe er eine gute Infrastruktur erhalten. In Benz’ Amtszeit wurde Mahlberg jedoch im ordentlichen Haushalt wieder schuldenfrei und hat Rücklagen aufgebaut. „Das Thema Bildung war mir immer sehr am Herzen gelegen“, betont er. Erst jüngst seien durch den Umbau des Jugendzentrums und die beiden Naturkitagruppen 60 Kinderbetreuungsplätze geschaffen worden. Die Grundschule sei schon fast eine Vorzeigeschule. Die ärztliche Grundversorgung mit zwei Allgemeinmedizinern – und damit auch das Fortbestehen der Apotheke – wurde durch eine 600 000-Euro-Investition in zwei Praxisgebäude sichergestellt. Auch zwei Zahnmediziner hat Mahlberg. Mit dem Gemeinderat habe er Wohngebiete entwickelt und so rund 270 Bauplätze geschaffen. Die Feuerwehr sei seit der Zusammenführung der beiden Wehren 2006 gut aufgestellt. „Wir haben eine schlagkräftige Truppe“, erklärt Benz stolz. Straßen und Kanäle wurden saniert, ein besserer Hochwasserschutz geschaffen, der Lärmschutz bei der Bahn erkämpft.
Sorgenkind bleibt jedoch der ÖPNV. Mit 200 Fahrradboxen kann der Bahnhof Orschweier zwar eine gute Infrastruktur vorweisen. Die überfüllte Rheintalbahnstrecke und die Konkurrenz des Halts Ringsheim/Europa-Park nimmt ihm jedoch ein Stück weit die Bedeutung. Zur Stärkung des Busverkehrs fehle es dem Kreis an den finanziellen Mitteln. Auch beim Klimaschutz müsse man in den nächsten Jahren mehr tun.
Bund und Land bürden den Gemeinden immer mehr Lasten auf
Sorge um die Zukunft: Auch wenn Mahlberg gut dasteht, drückt Benz die Sorge um die Zukunft: Denn Bund und Land schreiben den Kommunen immer mehr ins Pflichtenheft – ohne ihnen dafür die finanzielle Ausstattung zu geben. „Ich fürchte, langfristig werden die Kommunen in die Verschuldung gehen müssen, um die notwendigen Investitionen zu schultern. Ich kämpfe mit vielen Kollegen seit Jahren gegen diesen Trend – aber wir werden von Bund und Land einfach nicht ernst genommen“, erklärt er frustriert. Alleine für den kommenden Haushalt 2025 müsse die Stadt zwei Millionen Euro, ein Siebtel des Gesamtetats, mehr aufwenden als bisher – aufgrund der gestiegenen Kosten bei der Kinderbetreuung, der höheren Kreisumlage und des Finanzausgleichs.
Familie musste zurückstecken: Und sein Ziel sei es immer gewesen, dass die Menschen zufrieden sind. Wenn ihm jemand ein positives Feedback gebe, motiviere ihn das. „Du wirst nicht gelobt, für das, was du anfängst, sondern für das, was du zu Ende bringst“, sei sein Motto. Wenn ein Projekt abgeschlossen werde, dann sei das für ihn ein Erfolg, der ihm Kraft gebe. Wenn man dann noch Berufliches und Privates in Einklang bringen könne, dann sei die Harmonie perfekt. Doch das sei nicht immer leicht: „Die Familie muss mitziehen, denn gerade viele Abendtermine gehen zu ihren Lasten. In der Phase, in der meine sieben Kinder aufgewachsen sind, hatte ich für sie nicht immer die Zeit, die ich gerne gehabt hätte. Sie hatten früh selbstständig werden müssen, als ich mich von meiner ersten Frau getrennt habe. Das Dienstliche stand über dem Privaten“, räumt er ein. Wie seine heutige Frau Silvia das damals gemanaget habe, davor zieht er heute noch den Hut. Und es mache ihn stolz, dass alle seine Kinder „gerade aus marschieren“ und fest im Leben stünden.
Mit Christina Obergföll mitgefiebert
Unvergessene Momente: Nach besonders schönen Momenten seiner Amtszeit gefragt, denkt Benz sofort an einen Namen: Speerwerferin Christina Obergföll. Es sei ein Geschenk, Bürgermeister zu sein, wenn eine Sportlerin solche nationalen und internationalen Erfolge habe. „Sie war ein Aushängeschild für die Stadt“, betont er. Mit dem von ihm gegründeten Fanclub habe er die Sportlerin etwa nach Zürich und nach Barcelona begleitet. „Das ist so ein Moment, wo Du denkst: Gott sei Dank bist Du gerade Bürgermeister.“ Erinnerungen, die ihn ebenfalls zum Lächeln bringen: Als die Klostertaler bei einer Übernachtung in Mahlberg ihm ein Ständchen im Rathaus brachten oder wenn Kinder sich ehrfurchtsvoll oder auch sehr selbstbewusst mit ihm unterhielten. Unvergessen bleibt für ihn auch die 800-Jahr-Feier und die Freude, die sie den Menschen und den Vereinen gebracht hat. „Man hat gemerkt, wie wir zusammenstehen können. Und das Tollste: Es war ein Riesenerfolg, der kaum mehr zu toppen ist.“
Könnte sich Benz auch noch eine fünfte Amtszeit vorstellen? Bestimmt winkt er ab: „Wenn diese Amtszeit 2026 vorbei ist, bin ich 67 Jahre alt. Eine fünfte Amtszeit will ich mir, meiner bislang guten Gesundheit und auch meinem Umfeld nicht antun – und auch die Gemeinde braucht einmal neues Blut und andere Ideen.“
Rückblick auf die Wahlen
Wie kam es dazu, dass der damals 35-jährige Dietmar Benz am 10. Oktober 1994 zum Bürgermeister von Mahlberg gewählt wurde? Zuerst sah es nicht so gut aus, erinnert er sich. Er musste sich gegen vier weitere Bewerber durchsetzen. Sein damaliger Hauptkonkurrent war sehr früh und intensiv in den Wahlkampf gestartet und in aller Munde. Doch die öffentliche Kandidatenvorstellung brachte die Wende. Benz’ Ehrlichkeit und Authentizität brachten ihm die Sympathien der Wähler ein. Sodass er am Wahlabend mit 67,8 Prozent der Stimmen zum Mahlberger Bürgermeister gewählt wurde. Bei den Wahlen 2002 holte er gegen einen Gegenkandidaten 94 Prozent der Stimmen. 2010 war er der einzige Kandidat und erreichte 96,1 Prozent. Bei der Wiederwahl 2018 holte er gegen Fridi Miller 82,7 Prozent.