Betriebsgelände der Firma Oest im Freudenstädter Industriegebiet. Foto: Beyer

Spritpreise von mehr als zwei Euro pro Liter machen aktuell den Autofahrern das Leben schwer. Auch die Geschäftsführung der Unternehmensgruppe Oest, Mineralölfirma und Tankstellenbetreiber in Freudenstadt, ist von den hohen Preisen alles andere als begeistert.

Freudenstadt - "Die Tankstellenbetreiber haben von dem aktuellen Preisanstieg nichts, ganz im Gegenteil", stellt Alexander Klein klar. Klein ist Geschäftsführer der Oest-Gruppe. Das Unternehmen mit Sitz in Freudenstadt ist unter anderem einer der größten Gesellschafter der Deutschen Avia.

 

Und als Geschäftsführer ist Klein gar nicht begeistert von den hohen Sprit-Preisen. Denn letztlich würden durch die hohen Kraftstoffpreise nur die hohen Weltmarktpreise für Rohöl an die Verbraucher weitergegeben. Die Gewinnspanne beim Sprit-Verkauf sei für Tankstellenbetreiber äußerst gering. "Viel wichtiger sind die Umsätze in den Shops."

Tankstellenbetreiber leiden

Stattdessen werden die hohen Preise nun auch zum Problem für die Tankstellenbetreiber. Denn mittlerweile sei die "magische Preisgrenze" von zwei Euro überschritten. "Der Verbraucher ist nicht bereit, über diese Schwelle zu gehen." Die Folge: Wer kann, lässt das Auto stehen, um Sprit zu sparen. "Das ist schlecht für den Umsatz, aber natürlich gut für die Umwelt", fasst Klein zusammen.

Und auch für die Tankstellen-Läden sei das ein Problem. Denn wenn die Menschen seltener tanken, kaufen sie dort auch seltener ein, so Klein.

Viele Firmen lösen sich von Russland

Doch warum steigen die Öl-Preise überhaupt so rasant? Schließlich hat Deutschland bisher bewusst den Energie-Sektor von allen Sanktionen gegen Russland ausgenommen. Doch die Privatwirtschaft denkt bereits einen Schritt weiter, wie Klein erklärt: "Viele aus der Branche versuchen schon freiwillig, keine Ware mehr aus Russland zu beziehen." Zum einen, um ein Zeichen gegen Russlands Krieg in der Ukraine zu setzen, zum anderen aber auch in Erwartung künftiger Sanktionen.

An der Gesamtmenge an Rohöl auf dem Markt ändere das erstmal nichts. Russland könne neue Abnehmer finden. Dadurch würden an anderer Stelle neue Lieferanten frei, die ihr Öl an den Westen verkaufen könnten. "Wir haben weltweit genug Rohöl", stellt Klein klar. "Aber nicht da, wo wir es brauchen."

Logistik neu sortieren

Die Herausforderung ist also die Logistik. "Die eingespielten Lieferketten sind das größte Problem", erklärt Klein. "Die ganze Logistik muss global neu sortiert und aufgebaut werden." Dabei seien die Lieferketten wegen der Corona-Pandemie schon vor dem Krieg angespannt gewesen. Und es gibt noch einen zusätzlichen Preistreiber: "Da ist natürlich auch viel Spekulation dabei", weiß Klein.

Dass die Krise aber durchaus real und nicht nur von Spekulanten getrieben ist, zeigt sich auch darin, dass der Sprit nicht nur teuer wird – sondern auch knapp. "Die Geschäfte mit Dritten haben wir schon eingestellt, um die Versorgung unserer Tankstellen sicherzustellen", berichtet Klein.

Keine absolute Sicherheit

Sprich: Das Unternehmen beliefert nur noch Tankstellen der Avia und keine eigenständigen Abnehmer mehr. "Wir haben noch keine Sorge, unsere eigenen Tankstellen nicht mehr beliefern zu können", bekräftigt Klein. Eine absolute Sicherheit gebe es aber nicht.

Angespannt ist auch die Lage beim Geschäft mit Gas und Heizöl: "Wir wollen unsere bestehenden Kunden zuverlässig beliefern, können aber keine neuen aufnehmen", so Klein. Auch auf die Produktion von Schmierstoffen hat der Krieg Auswirkungen. Hier verzichtet Oest bereits gänzlich auf Rohstoffe aus Russland. Doch für manche Produkte wird gar kein Erdöl benötigt, sondern Pflanzenöl. Das macht es aber nicht besser. Denn auch Raps und Sonnenblumenöl kommen aus Russland oder der Ukraine.

Beim Sonnenblumenöl wird es eng

Gerade beim Sonnenblumenöl ist der Anteil besonders hoch. Bei der Herstellung mancher Spezialprodukte könnte es daher eng werden. "Das wird schon sehr knapp werden", erwartet Klein. Welche Produkte genau betroffen sein könnten, will Klein aber bewusst nicht verraten.

Doch Oest ist auf eine mögliche Verknappung vorbereitet. Die Lager seien gut gefüllt, sowohl bei den Rohstoffen als auch bei den fertigen Produkten. "Wir hoffen, dass es reicht."