In der Dunkelheit ist die Stadtkirche kaum zu erkennen. Foto: Beyer

Noch nie war es auf dem Freudenstädter Marktplatz in der Adventszeit so dunkel wie in diesem Jahr. Laut einigen Gemeinderäten hat das fatale Folgen für die lokalen Geschäfte.

Freudenstadt - Fast kann man sie in der Dunkelheit nicht mehr erkennen: Die Freudenstädter Stadtkirche wird derzeit nicht mehr beleuchtet. Auch das Rathaus und das Stadthaus bleiben nachts dunkel. Nur vereinzelt leuchtet an manchen Hausfassaden eine Lichterkette. Vor der Kirche strahlt ein einsamer Weihnachtsbaum.

Die Stadt will und muss angesichts des Kriegs in der Ukraine Energie sparen. Doch die trostlose Stimmung könnte nun zum Problem für die Einzelhändler am Marktplatz werden. So sehen es zumindest einige Stadträte, die bei der jüngsten Gemeinderatssitzung heftige Kritik an den Sparmaßnahmen übten.

50 Prozent weniger Umsatz

"Die Geschäfte, die wir dort haben, kämpfen um ihr Überleben", berichtete Carola Broermann (CDU). "Die haben 50 Prozent weniger Umsatz." Für Broermann liegt der Grund auf der Hand: "Es fehlt der Weihnachtsmarkt und die Weihnachtsbeleuchtung." In der Innenstadt sei es trostlos.

Ähnlich äußerte sich auch Beate Gaiser (FWV). Die Hotelbetreiberin erzählte von der Kritik ihrer Gäste: Der Marktplatz sei nicht weihnachtlich und wirke nicht einladend. "Ich habe wirklich die Bitte, dass wir im nächsten Jahr anders vorgehen. Unsere Stadt darf nicht so dunkel sein wie in diesem Jahr", forderte Gaiser. Ganz deutlich wurde Axel Reich (CDU): "Wir haben dieses Jahr durch das Sparen verbrannte Erde hinterlassen." In anderen Städten habe es tolle Weihnachtsstimmung gegeben – nur nicht in Freudenstadt.

Gesetzeslage lässt wenig Spielraum

Doch Oberbürgermeister Julian Osswald verteidigte die Energiesparmaßnahmen. "Hier von verbrannter Erde zu sprechen", sei übertrieben, meinte Osswald leicht gereizt. "Dieses Jahr haben wir so viel positive Aufmerksamkeit für Freudenstadt gehabt, da kann es nicht an ein paar Tagen Beleuchtung hängen." Osswald bezog sich dabei auf die zahlreichen Aktionen der Wirtschaftsförderung, die zuvor in der Sitzung vorgestellt worden waren.

Angesichts des Kriegs in der Ukraine seien die Sparmaßnahmen nötig. "Wir können nicht einfach so tun, als wäre nichts", meinte Osswald. Außerdem habe die Stadt schon rein rechtlich keine andere Wahl, als die Beleuchtung der Stadtkirche, des Stadthauses und des Rathauses abzuschalten. "Es gibt eine Energiesparverordnung", erinnerte Osswald die Räte. "Sie werden von mir doch nicht verlangen, dass ich mich über ein Gesetz hinwegsetze."

Auch die Ladenbesitzer sparen am Strom

Unterstützung bekam Osswald von Hermann John. "Ich kann die Klagen von Laden- und Hausbesitzern nicht mehr hören, dass die Stadt zu wenig für die Beleuchtung tut." Denn viele Anlieger am Marktplatz würden selbst an der Beleuchtung sparen. John forderte daher die Ladenbesitzer und Anwohner auf, "nicht nur zu jammern, sondern auch einfach mal den Strom einzuschalten". Auch Osswald bekräftigte: "Es wird nur ein Schuh daraus, wenn wir alle zusammenarbeiten."

Unterstützung für die Energiesparmaßnahmen kam von Seiten der Bürgeraktion (BA). "Ich bin dankbar, dass wir standhaft geblieben sind, was die Beleuchtung anbelangt", erklärte Bärbel Altendorf-Jehle. "Ich hätte ein ganz blödes Gefühl, wenn hier alles funkeln und strahlen würde, während die Leute in der Ukraine keinen Strom haben."

Zumindest zu Weihnachten etwas mehr Licht.

Doch es gibt einen Lichtblick – im wahrsten Sinne des Wortes. Denn rechtzeitig zu den Feiertagen soll es doch etwas heller werden in der Innenstadt, wie Osswald ankündigte: "Zu Weihnachten wollen wir etwas mehr machen." Und auch für das nächste Jahr kündigte Osswald wieder mehr weihnachtliche Lichter an.

Nur in Sachen Weihnachtsmarkt machte Osswald seinen Räten nicht allzu viel Hoffnung. Denn es sei wohl auch im nächsten Jahr schwierig, für einen zehntägigen Weihnachtsmarkt genügend Beschicker zu bekommen. "Die Personalsituation bei den Beschickern wird sich nicht wesentlich ändern", vermutete Osswald.