Da rein: Mehrfach musste über die Vergabe von Mandaten in Sondergremien geheim abgestimmt werden. Foto: Rath Foto: Schwarzwälder Bote

Kommunales: Neuer Kreistag ist arbeitsfähig / Abstimmungsmarathon um Sitze und Pöstchen

Der neue Kreistag für die nächsten fünf Jahre ist arbeitsfähig. Die Mitglieder wurden im Amt verpflichtet, die Sonderposten und Sitze in diversen Gremien verteilt – nach teils zähem Ringen.

Kreis Freudenstadt. Dem Abstimmungsmarathon in öffentlicher Sitzung am Montag waren im Vorfeld offenbar schon fraktionsinterne und fraktionsübergreifende Verhandlungen vorangegangen. Im Sitzungssaal zeigten sich dann die Ergebnisse der Absprachen in teils wechselnden Koalitionen. Vor allem die köpfemäßig kleineren Fraktionen wie Grüne und "Frauenliste" versuchten, sich gegenseitig Beihilfe zu leisten, meist jedoch ohne Erfolg.

Zwei Horber Kreisräte giften sich mehrfach an

Die eigentliche Einsetzung der Kreisräte durch Landrat Klaus Michael Rückert war schnell abgehakt. Nach 28 Minuten erklärte er das neue Gremium für "handlungsfähig". Die Mitglieder verpflichteten sich per Handschlag und mit Unterschrift dazu, sich uneigennützig und nach besten Kräften für eine gedeihliche Entwicklung des Kreises einzusetzen sowie sich an Recht und Gesetz zu halten. Wichtige Infrastrukturprogramme stünden an, so Rückert. Er erhoffe sich "engagierte Diskussionen und am Ende kluge Entscheidungen für den Landkreis." Zumindest Teil eins seines Wunsches erfüllte sich prompt.

Die drei ehrenamtlichen Stellvertreter des Landrats sind in Reihenfolge Michael Ruf (CDU), Klaas Klaassen (Freie Wähler) und Gerhard Gaiser (SPD). Ernst Wolf von der FDP hatte vor der Abstimmung zurückgezogen, Zita Grießhaber (Grüne) als gemeinsame Kandidatin von "Frauenliste" und Bündnis-Grünen erhielt zu wenig Stimmen. Während die Zusammensetzung der Kreistagsausschüsse aufgrund festgelegter Sitzzahlen nach Größe der Fraktion und bewährten Experten von außen offenbar wenig Differenzen bereitete, gab es bei anderen Sonderposten teils ein zähes Ringen und Debatten. Am Ende erfolgte die Besetzung vielfach in geheimer schriftlicher Abstimmung.

Frauenliste und Grüne hätten gerne mit Melanie Heinzelmann eine zweite Frau in den Verwaltungsrat der Kreissparkasse gehievt, die als freie Unternehmensberaterin und Dozentin für Betriebswirtschaftslehre und Controlling auch die nötige Expertise mitbringe. Ernst Wolf (FDP) konterte, dass der gemeinsame Kandidat von FDP und SPD, Peter Schulz, als Unternehmer ebenfalls qualifiziert sei, aber nun mal den Makel habe, keine Frau zu sein, ätzte Wolf. Aber es komme ohnehin darauf an, einen fachlich geeigneten Bewerber zu nominieren, keine Geschlechterdiskussion zu führen. Ohnehin gebe es keinen Fraktionszwang. Die Debatte bügelte Gerhard Gaiser (SDP) mit der Feststellung ab, er lasse sich sowieso "nix vorschreiben". Schulz setzte sich mit einer Stimme Vorsprung durch. Wohl als Retourkutsche fiel SPD-Mann Kurt Kirschenmann bei der Wahl in den Verwaltungsrat der Schwarzwaldwerkstatt durch.

Erstmals die Ellenbogen fuhr Uwe Hellstern von der AfD bei der Besetzung des Aufsichtsrats der Krankenhäuser Landkreis Freudenstadt aus. Das Kontrollorgan ist noch bis 2022 gewählt. Deshalb hatte das Landratsamt vorgeschlagen, lediglich Ersatz für Reiner Ullrich (SPD) zu bestimmen, der den Wiedereinzug in den Kreistag verpasst hatte. Hellstern sagte, das spiegele nicht den Wählerwille wider und meinte damit wohl, dass der freie Sitz der AfD zustünde. Die medizinische Versorgung betreffe schließlich den ganzen Kreis und alle Einwohner. Schützenhilfe, den Aufsichtsrat vorzeitig zu kippen, erhielt er von Ernst Wolf (FDP), dem das Gremium ohnehin zu aufgebläht sei. Der Landrat sagte, an Hellstern gewandt, der Aufsichtsrat bestimme nicht die Gesundheitspolitik. Dies sei Sache des Kreistags. Er kontrolliere nur die Arbeit der Geschäftsführung. Peter Rosenberger (CDU) giftete, Hellsterns unterschwellige Botschaft, das Verfahren sei undemokratisch, sei "grotesk". Am Ende blieb es dabei: 2022 soll der neue Aufsichtsrat vom Kreistag gewählt werden, in welcher Größe auch immer. Bis dahin rückt Kurt Kirschenmann (SPD) nach.

Noch einmal gerieten die beiden Horber Kreisräte Rosenberger und Hellstern aneinander, als es um den Posten in der Trägerversammlung des Jobcenters Landkreis Freudenstadt ging. Rosenberger war nominiert. Der AfD-Sprecher sagte, seiner Meinung nach gehöre kein Verwaltungsfachmann abgeordnet, sondern "ein Beitragszahler", der die Lebenssituation von Arbeitern und Angestellten kenne. Das brachte den Horber OB auf die Palme: Er sei schließlich "viele, viele Jahre lang" selbst Beitragszahler gewesen. Das könne jeder wissen, der seinen Lebenslauf kenne. Landrat Rückert beschwichtigte, es gehe in dem Gremium nicht um die Ausgestaltung sozialer Aspekte, nicht um Fragen der Wohlfahrt, sondern darum, die Interessen des Landkreises zu vertreten. AfD-Rat Michael Franke, den Hellstern in die Kampfabstimmung geschickt hatte, unterlag in der Abstimmung klar.