Zuversichtlich: Freudenstadts OB Julian Osswald, Landrat Klaus Michael Rückert, Unternehmer Kurt Schmalz (von links) und Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut am Dienstag im Campus Schwarzwald. Foto: Rath

Campus Schwarzwald entwickelt sich. Forschung an Zukunft von Unternehmen und Gesellschaft.

Freudenstadt - Die coronabedingte Ruhe trügt offenbar: Der Campus Schwarzwald, universitätsnahes Zentrum für Führung und Digitalisierung in Freudenstadt, entwickelt sich. Das neue Transferzentrum 5G für kleine und mittelgroße Unternehmen markiert einen neuen "Meilenstein" in der jungen Geschichte.

 

So bezeichnete unter anderem Campus-Geschäftsführer Stefan Bogenrieder am Dienstag beim Besuch von Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) das neue Forschungsprojekt in Freudenstadt. Wie berichtet, entsteht im Campus in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut eines von landesweit fünf Testlaboren, in denen mittelständische Unternehmen mit den neuen Möglichkeiten des leistungsfähigen Mobilfunknetzes experimentieren können. Damit sei der Campus "tatsächlich Weltmarktführer". Firmen und Campus hätten die Chance, "schnell reinzuwachsen ins Thema", das Wirtschaft und Gesellschaft wohl bald umkrempeln werde.

Digitalisierung als Segen für die Region

Kurt Schmalz, geschäftsführender Gesellschafter der J. Schmalz GmbH in Glatten, bezeichnete die Möglichkeiten der Digitalisierung als "Segen für uns". Wegen Corona seien derzeit zwar keine Studenten vor Ort. "Aber sie sind virtuell trotzdem da", sagte Schmalz. Der Campus entwickle sich prächtig. Mehrere junge Unternehmen, neudeutsch "Start-ups", hätten sich hier an der Schnittstelle zwischen Forschung, wissenschaftlicher Lehre und Unternehmen bereits angesiedelt. "Wir brauchen den Campus, um neue Technologien und Trends mitgestalten zu können." Es gehe für Unternehmen in der Region darum, in Zeiten des Umbruchs "wettbewerbsfähig zu bleiben oder wettbewerbsfähig zu werden". Das bringe die gesamte Region voran. 5G sei eine zuverlässige und ausfallsichere Übertragungstechnik, die Wirtschaft und Alltag umkrempeln werde. Sie eröffne ganz neue Möglichkeiten und Geschäftsfelder. "Und davon leben wir ja in der Region", so Schmalz.

Die Testumgebung in Freudenstadt von der Firma Nokia ist zunächst eine Insel-Anlage nur für den Campus. Schmalz sagte, man müsste "verantwortungsbewusst" mit der neuen Technologie umgehen. Teil des Projekts, das im Dezember offiziell starten soll, sei es auch, die Akzeptanz von 5G zu testen. Das betrifft einerseits die Offenheit der regionalen Wirtschaft für diese Technik. Andererseits wolle der Campus auch dazu beitragen, auf Sorgen und Bedenken der Einwohnerschaft einzugehen. Kritiker und Gegner befürchten gesundheitliche Folgen durch die Strahlung.

Auch die Ministerin rief dazu auf, die Chancen von 5G zu nutzen. "Ich bin davon überzeugt, dass diese Technik und hohe Datenübertragungsraten das Rückgrat der Wirtschaft sein werden", so Hoffmeister-Kraut. Das Land plane ab Herbst eine Initiative, um die Bürger über 5G "zu informieren und aufzuklären". Dies werde offen, transparent und wissenschaftlich begründet erfolgen.

Für Landrat Klaus Michael Rückert, der die Kritik aus dem eigenen Landkreis kennt, stellt sich eine zentrale Frage für die Gesellschaft: "Wollen wir den Fortschritt oder wollen wir ihn nicht?" Für ihn steht die Antwort fest: Die Königin von England sei seinerzeit vor der ersten Fahrt in einem Dampfzug auch gewarnt worden, dass ihr Haare und Zähne ausfallen würden. Das sei nun nicht eingetreten. Heute bewegten sich Menschen mit weit mehr als nur 18 Stundenkilometern ohne Zahnausfall fort. Auch für Claudia Gläser, Unternehmerin und Präsidentin der Industrie- und Handelskammer Nordschwarzwald, ist klar: "5G wird wohl in jeder Branche Einzug halten. Wir müssen offen an die Sache rangehen. Wir dürfen uns nicht von vorneherein selbst in den Möglichkeiten begrenzen."