Viviana Weschenmoser ist die neue SPD-Kreisvorsitzende. Foto: Hopp

Neue Vorsitzende der Kreis-SPD spricht über Ziele, die GroKo und den Spaßfaktor in ihrer Partei.

Kreis Freudenstadt - Jung, dynamisch und diskussionsfreudig: Viviana Weschenmoser ist die neue Kreisvorsitzende der SPD (wir berichteten). Sie folgt Gerhard Gaiser, der vier Jahrzehnte die Sozialdemokraten im Kreis anführte und aufhören wollte. Wie Weschenmoser künftig die im Kreis nicht gerade erfolgsverwöhnte SPD führen möchte, welche politischen Schwerpunkte ihr wichtig sind und was sie von einer großen Koalition hält, verrät sie im Gespräch mit unserer Zeitung.

Macht das gerade überhaupt Spaß in der SPD?

Es tut gut, Mitglied dieser Partei zu sein. Ich kann meinen Einfluss direkt einbringen. Auch auf Orts- und Kreisebene kann ich direkt meine Wünsche und Forderungen kund tun und sie kommen im Willy-Brandt-Haus an. Man bekommt da keine Standard-E-Mails zurück.

Was war denn damals der Auslöser, sich für die Sozialdemokraten zu entscheiden?

Damals wie heute reagiere ich stark, wenn ich Ungerechtigkeit begegne. In der SPD finde ich mich in Gerechtigkeitsfragen ideologisch wieder. Vorbilder wie Herta Däubler-Gmelin, Erhard Eppler und Regine Hildebrandt zeigen, wie vielfältig Engagement in der Politik sein kann. Mir war und ist es wichtig, niemals wegzuschauen oder die stillschweigend Ungerechtigkeit geschehen zulassen. Soziale Gerechtigkeit ist für mich nicht nur Schlagwort sondern Lebensphilosophie.

Derzeit diskutiert Ihre Partei über die Große Koalition...

...meine Haltung zur GroKo hat sich nicht geändert. Ich war dagegen und bin dagegen. Aber man muss demokratische Entscheidungen akzeptieren. Jede Regierung, die mit der Sozialdemokratie stattfindet, ist eine sozialere Regierung. Doch ich glaube nicht, dass das passt. Die Kröten der CSU sind einfach zu dick. Und die CDU hält sich einfach schön raus und hat keine eigene Meinung.

Was fehlt Ihnen denn bisher in dem Sondierungspapier?

Da fehlt einiges: ein Ende der sachgrundlosen Befristung, die Bafög-Fragen, die Gleichberechtigungspolitik, die in alle Bereiche reingehört, aber nur im Bereich Frauen, Kind und Familie abgelegt wurde. Und natürlich in der Asylpolitik.

Alle schauen gerade auf die SPD? Finden Sie das unfair?

Natürlich finde ich es nicht in Ordnung, dass uns Sozialdemokraten derzeit alles ange lastet wird und sich andere fein raushalten. Aber das Mitgliedervotum war Werbung in eigener Sache. Alle diskutieren drüber. Ich werde überall darauf angesprochen. Von Politikverdrossenheit kann da keine Rede sein. Es werden harte Wochen werden, aber es sind spannende Zeiten. Und man kann nur hoffen, dass die Bürger und Medien auch eine Regierung so aufmerksam begleiten.

Hätte es sich die SPD auch einfacher machen können?

Basisdemokratie ist immer eine Herausforderung. Ich bin ein Fan davon. Aber es darf nicht ausgereizt werden wie zum Beispiel in der Schweiz. Da ist auch Politikverdrossenheit zu spüren.

Wie ist die Stimmungslage in der Kreis-SPD?

Wir haben sehr intensiv diskutiert, zuletzt am Samstag. Die meisten Äußerungen waren gegen GroKo oder unentschlossen.

Sie sind 30, sind jetzt schon Kreisvorsitzende. Läuft alles nach Plan?

Gerhard Gaiser hat nach der Bundestagswahl erklärt, dass er kürzer treten möchte. Da haben wir überlegt, wie es weitergehen kann. Mein Plan war das jetzt nicht von Vornherein. Aber ich freue mich natürlich auf die Aufgabe. Der Kreisvorstand gewinnt an Wichtigkeit, weil die Aktivitäten in den Ortsvereinen zurückgehen. Der Altersdurchschnitt geht nach oben, obwohl wir 27 neue Mitglieder gewonnen haben, zumeist Jusos. Es gibt einiges zu tun.

Was sehen Sie als Ihre Hauptaufgaben an?

Mir ist es wichtig, dass wir alle, vor allem die neuen, Mitglieder einbinden, ihnen das Gefühl geben, dass sie gehört werden. Dann geht es darum, die Meinung der Kreis-SPD auch zu transportieren. In den Gemeinderäten, dem Kreistag und auch auf Landesebene. Wir haben den großen Luxus, in Berlin mit Saskia Esken eine Bundestagsabgeordnete zu haben, die uns direkt briefen kann.

Wie soll Ihr Arbeitsstil aussehen?

Ich möchte in der Kreis-SPD allen auf Augenhöhe begegnen. Jeder hat Rede- und Antragsrecht. Auch technisch wollen wir uns besser aufstellen. Letztens konnten einige nicht zur Mitgliederversammlung nach Freudenstadt wegen massiven Schneefalls kommen. Da wollen wir uns medial besser vernetzen.

Ihre drei wichtigsten politischen Schwerpunkte?

Wenn ich drei benennen soll, dann ist das erstens die ärztliche Versorgung im Kreis, und damit meine ich nicht nur das Krankenhaus. Zweitens die Bildungspolitik, FDP, FW und CDU wollen dort den Rotstift ansetzen. Einsparungen bei den beruflichen Schulen in Höhe von 150.000 Euro, um die Kreisumlage zu senken – das kann doch wohl nicht wahr sein. Drittens die Gleichberechtigung. Da haben wir mit einigen wenigen Landkreisen die rote Laterne im Landkreis. Die Beteiligung in Gremien von Frauen ist bei uns ein Trauerspiel.

Sie sind Horberin. Im Kreis gibt es gerne mal eine Ost-West-Debatte...

…das ärgert mich. Für mich gibt es die Unterteilung in Ost- und Westkreis nicht. Im Kreistag sind die Diskussionen vielfältig und auf Konsens ausgerichtet. Ich finde es unsäglich, wenn wir versuchen, uns im Landkreis auseinander zu definieren. Ich finde jede Region in diesem Landkreis toll und bin auch viel unterwegs, ob mit Freunden in Alpirsbach oder beim Wellness-Wochenende in Baiersbronn.

Sie sind als Kreisvorsitzende nicht im Kreistag. Ist das ein Problem?

Ich halte das nicht für problematisch. Unser Fraktionsvorsitzender Reiner Ullrich gibt uns Input. Da ist ein reger Austausch und eine gute Kommunikation.