Petra Binder (links) und Doris Reichenauer boten im Kurhaus beste Unterhaltung. Foto: Günther Foto: Schwarzwälder Bote

Kabarett: Duo "Dui do on de Sell" bietet Unterhaltsames aus dem Ehealltag / Witz und Wortspiele

"Reg mi net uf" lautete der Titel der Veranstaltung von Petra Binder und Doris Reichenauer, besser bekannt als "Dui do on de Sell". Im restlos ausverkauften Kurhaus unterhielt das "Kabarett aus dem Süden" sein Publikum vortrefflich.

Freudenstadt. Den beiden Künstlerinnen gelang es von der ersten Szene an, die Aufmerksamkeit ihres Publikums zu wecken. Auch nach der Pause blieb kein Platz leer. Denn im Kabarettprogramm fehlten sowohl jegliche politische Einschübe als auch markige gesellschaftskritische Parolen. Wohltuend auch: Im Gegensatz zu vielen anderen Kabarettveranstaltungen verzichteten die beiden Künstlerinnen bei "Reg mi net uf" darauf, ahnungslose Gäste aus der ersten Reihe zu überrumpeln, mitzumachen und dem Publikum vorzuführen.

Statt dessen wurde dem Publikum ein üppiger Blumenstrauß an Szenen aus dem Ehealltag samt der gemeinsam erprobten Bewältigungsstrategien kredenzt. Da beklagen sich beide Frauen: "Auf einmal ist der Ehemann daheim" und fordern, dass der Verantwortliche eingesperrt wird, der den Schwachsinn Altersteilzeit erfunden hat. Um die Folgen dieser ungewohnten Zweisamkeit abzumildern, befolgen sie die Ratschläge ihrer Selbsthilfegruppe "mann-zuhause.de. So strickt Petra seither unaufhörlich während Doris eine andere Strategie entwickelt hat: Wenn sie wütend wird, bläst sie Luftballons auf und lässt sie platzen.

Nicht anwesende Männer sorgen für Diskussionen

Überhaupt sorgen die nicht anwesenden Ehemänner Gerhard und Dieter für viel Diskussionsstoff. Denn während Dieter inzwischen seine Leidenschaft für das Kochen entdeckt und die heimische Küche in ein High-Tech-Studio umgestaltet hat, muss Gerhard von Petra fortlaufend bespaßt werden, weil er vor Langeweile nur noch auf dem Sofa liegt und zu einem "Ufo" (unheimlich faules Objekt) mutiert ist. Schade, dass der gemeinsam ausgeheckte Plan die Ehemänner täglich zum Französischkurs der Volkshochschule zu schicken, scheitert.

Aber auch gemeinsame Fernsehstunden mit ihrem Mann sorgen bei Petra für manche Aufregung, will doch dieser die Hoheit über die Fernbedienung nicht kampflos aufgeben. Auch für ihre Freundin Doris sind die gemeinsamen Fernsehabende im Bett ernüchternd. Entpuppte sich doch das nächtliche Herantasten ihres Ehemanns nicht als zärtliche Annäherung, sondern als Suche nach der verlorenen Fernbedienung, was von ihr lebensklug als "Erotik des Alters" umgedeutet wird.

Aber auch der Rest der Familie sorgt bei den beiden Frauen für manche Aufregungen. So erfährt Doris erst über den Facebook-Beziehungsstatus ihres Sohns Kevin, dass er wieder Single ist, während in Petras Familien-WhatsApp-Gruppe über gesunde Ernährung gestritten wird. Petras Lösungsstrategie hierfür ist verblüffend: Sie hat ihre Ernährung umgestellt und bewahrt die Keksdose jetzt statt im Küchenschrank auf dem Couchtisch auf.

Auch Doris hat mit Figurproblemen zu kämpfen, hat sie doch inzwischen "statt der Wespentaille eine Hummelhüfte". Seither hat sie sich beim Zumbakurs im Fitness-Club angemeldet, allerdings verhindert dabei der heiße Vortänzer Roul ihre Konzentration. Herrlich sind auch ihre Schilderungen über ihre Nöte in der Umkleidekabine, die in dem Ratschlag an das Publikum münden, unbedingt die Unterwäsche zu kontrollieren bevor man aus dem Haus geht.

Durch die gesamte Vorstellung zieht sich wie ein roter Faden die Spielfreude der beiden Künstlerinnen. Dabei waren ihnen Erfolge in der Kleinkunstszene durchaus nicht in die Wiege gelegt worden. Petra Binder, die als Kind gerne Schauspielerin werden wollte, war ursprünglich als Bürokauffrau in der IT-Branche tätig und kam zufällig durch eine Zeitungsanzeige der Stuttgarter Mundartbühne "Schriftstellerischer" zur Schauspielerei. Und der Kindheitstraum Doris Reichenauers war zwar Schauspielerin, ihren Lebensunterhalt verdiente sie jedoch als Technische Zeichnerin. Bei den "Stäffelesrutschern" lernten sich die beiden kennen und gründeten mit "Dui do on de Sell" ihr eigenes Duo.

Mit ihrem Witz, ihren intelligenten Wortspielen, ihren darstellerischen Fähigkeiten und ihrem Stilmittel der Fokussierung und gleichzeitigen Übertreibung alltäglicher Szenen begeisterten sie vollständig das Freudenstädter Publikum.