Jugendamtsleiterin Charlotte Orzschig freut sich über die wachsende Sensibilisierung bei der Kindswohlgefährdung. Foto: Schwarzwälder-Bote

Beim Jugendamt werden täglich Verdachtsfälle von Kindswohlgefährdung gemeldet

Von Tina Eberhardt

Kreis Freudenstadt. Über eine allgemein wachsende Sensibilität für Fälle der Kindswohlgefährdung freute sich Jugendamtsleiterin Charlotte Orzschig bei der Vorstellung ihres Jahresberichts im Jugendhilfeausschuss. Mit Beratungsangeboten sollen auch Erzieher und Lehrer stärker in diesen Bereichen unterstützt werden.

Das Thema Kinderschutz hatte im vergangenen Jahr einen großen Raum in der Arbeit des Jugendamts eingenommen. Zwar mussten weniger Kinder in die Obhut von Pflegefamilien gegeben werden – 2011 waren es 17 Fälle, 2010 noch 27 – die Zahl der Überprüfungen in Verdachtsfällen war jedoch erneut auf einen Höchststand geklettert.

Charlotte Orzschig sah in den steigenden Fallzahlen vor allem ein Zeichen dafür, dass die Bevölkerung aufmerksamer für das Thema geworden ist. 329 Hinweise waren beim Jugendamt eingegangen. Bei über 50 Prozent der Meldungen waren die Familien bereits bekannt. "Wir erhalten täglich Meldungen, denen nachgegangen werden muss", berichtete Charlotte Orzschig. Auch die Kooperationen mit Kindergärten und Schulen seien sehr gut.

Neben Qualifizierungsmaßnahmen hatte das Jugendamt in Kindertageseinrichtungen so genannte "anonyme Fallbesprechungen" eingeführt, in denen Erzieher Sicherheit im Umgang mit Kinderschutzthemen erlangen konnten. Auch in anderen Bereichen sei Schulungsinteresse vorhanden, resümierte Orzschig. Dies bestätigte Kreisrat Wolf Hoffmann (Grüne): "Ich sehe oft Unsicherheit bei Lehrern". Im nächsten Jahr soll ein vertieftes Angebot, unter anderem für Ärzte und Beratungslehrer, eingeführt werden, informierte Orzschig.

In Sachen Kinderbetreuung konnte 2011 mit der Gruppe "TigeR" im Martin-Haug-Stift ein weiteres Angebot geschaffen werden. "Der ›TigeR‹ soll nicht die Krippen ersetzen", betonte Charlotte Orzschig, die Gruppe könne aber über akute Bedarfslagen hinweghelfen.

Für Herausforderungen im Jugendamt sorgte das neue Vormundschaftsgesetz. Hier war von Seiten des Gesetzgebers eine quantitative Vorgabe von 50 Fällen pro Vormund festgelegt worden.

Zum festen Bestandteil in der Aufgabenpalette der Familienberatungsstelle wurde das Angebot der aufsuchenden Erziehungsberatung für Familien in besonders riskanten Lebenslagen. Mit insgesamt 30 900 Euro wurden die freien Träger in den Bereichen "Arbeit mit Familien" und "Schwangerschaftskonfliktberatung" unterstützt.

Autismus-Diagnosewird verbessert

Im Rahmen der Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche war es 2011 zu einem Anstieg der Fachleistungsstunden um 2000 auf knapp 13 400 gekommen, überwiegend im Bereich der Schulbegleiter. Hintergrund ist eine verbesserte Diagnose für das Krankheitsbild des Asperger Autismus.

Hinsichtlich der weiteren Arbeit im Jugendamt sollen mit dem zu Jahresbeginn in Kraft getretenen Bundeskinderschutzgesetz die Bereiche Prävention und Intervention gestärkt werden. Dazu gehören frühe Hilfen und verlässliche Netzwerke für Eltern sowie eine Fortsetzung des Beratungsangebots für Fachkräfte.