Freudenstädter ist einer der besten Parkour-Artisten Deutschlands. Aus Freizeitvergnügen wird Beruf. Mit Video

Freudenstadt/Baiersbronn - Was braucht man, um die Schwerkraft scheinbar mühelos zu überwinden? Ein paar Schuhe, gute Laune und Hindernisse zum Trainieren. Das behauptet zumindest Andreas "Andy" Haug, einer der besten Parkour-Artisten Deutschlands.

Andy Haug wurde 1990 in Freudenstadt geboren. Nach seiner Schulzeit an der Falkenrealschule erlernte er – auf Wunsch seiner Eltern – das Handwerk der Orthopädie-Schuhtechnik und ging dann mit 19 Jahren für 18 Monate allein nach Bangkok und arbeite dort als Stuntman.

Heute springt Haug als Stuntman in TV- und Kino-Produktionen von Hausdächern, läuft brennend durch die Filmszene und ist als Parkour-Sportler und -Trainer aktiv. 2014 wurde er als bester deutscher Parkour-Athlet ausgezeichnet und holte sich 2013 den deutschen Meistertitel.

"Natürliches Turnen"

Balancieren, über Mauern springen, sich durch eine Öffnung schwingen oder per halber Drehung ein Hindernis im rechten Winkel überwinden, das sind Übungen, die der Sportler beim Parkour macht. Man nennt diese Art so schnell als möglich von A nach B zu kommen auch das natürliche Turnen, denn die Sportler verzichten meistens auf künstliche Hindernisse. Sie springen und laufen einfach draußen über alle Hindernisse, die es dort gibt. Die Übungsstrecke kann deshalb ganz unterschiedlich sein und stellt den Sportler vor immer neue Anforderungen.

Seit 1980 kennt man Parkour. Zwei Franzosen – Vater und Sohn – haben diese Sportart bekannt gemacht und deshalb haben die unterschiedlichen Übungen auch meist französische Namen. Grundsätzlich setzt sich ein Parkourtraining, wie bei jeder Sportart, aus einer Aufwärmphase, dem Hauptteil – beispielsweise Technik-, Kraft- und Ausdauertraining – und einer Abwärmphase zusammen. Man kann nicht einfach hergehen und über die nächstbeste Mauer springen, sondern auch hier gilt "Übung macht den Meister." Der Freudenstädter kam über den Kampfsport zu dieser seltenen Sportart, mit der er nun unter anderem sein Geld verdient. "Ich habe früher viel Kampfsport, meistens Kung-Fu, gemacht. Da haben wir Flickflack trainiert, Wandsaltos geübt und Vor- und Rückwärts-Saltos, aber auch Handstand gemacht und daraus hat sich dann mein Spaß an dieser besonderen Sportart Parkour entwickelt", erklärt er im Gespräch mit unserer Zeitung. "Als ich dann das erste Mal Parkour auf einem Video-Clip gesehen habe, wusste ich, das ist mein Ding".

Auch gefragter Stuntman

Heute ist Haug, der vor elf Jahren mit diesem Sport angefangen hat, nicht nur ein weltweit gefragter Parkour-Sportler und -Trainer, sondern er arbeitet auch sehr viel als Stuntman. "Ich bin beispielsweise das Stuntdouble von Schauspieler Ken Duken und auch regelmäßig im Münchner Tatort zu sehen", verriet er.

Gute Schuhe hat er mittlerweile jede Menge, sein Job macht ihm viel Spaß und die Hindernisse zum Trainieren findet er nicht nur in Mexiko-City, wo er derzeit wieder einmal zu Videoaufnahmen im Auftrag bekannter Marken ist, sondern auch im beschaulichen Baiersbronn. Dort hat er direkt neben dem Mehrgenerationen-Spielplatz an der Schelklewiese 2013 eine Parkour-Anlage mitkonzipiert, die sowohl für Anfänger als auch für Fortgeschrittene entwickelt wurde. Diese Anlage war seither schon mehrfach der Austragungsort für den "Black Forest Parkour Cup" und machte Baiersbronn zu einem Treffpunkt der gesamten Szene.

Alles, auch die Platzbegrenzung, wird dabei zur Sprungschanze oder Landebahn. Dieses Feuerwerk an Sprungkraft und Körperbeherrschung sieht unsagbar leicht und lässig aus, ist aber nur durch viel Übung, Kraft und Mut machbar. Ein bisschen Leichtsinn und Wagemut dürfen natürlich auch nicht fehlen, doch die Angst vor dem Sprung sollten sowohl Profi als auch Anfänger nie verlieren – sonst wird’s ungesund. "Wenn man auch mal Nein sagt und ›gesund‹ trainiert, dann kann man diese Sportart lange machen" glaubt Andy Haug und hechtet per Rückwärtssalto vom höchsten Hindernis, das auf der Schelklewiese steht.