Im Freudenstädter Amtsgericht wurde gegen einen 29-Jährigen verhandelt. Foto: Archiv

Schöffengericht sieht Tatbestand der Körperverletzung, nicht aber den der Vergewaltigung erfüllt.

Freudenstadt - Nach dem zweiten Verhandlungstag wurde in der Gerichtsverhandlung gegen einen 29-Jährigen, der seine Freundin geschlagen und vergewaltigt haben soll (wir berichteten), das Urteil gesprochen. Der Angeklagte wurde wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe verurteilt, in Bezug auf den Tatbestand der Vergewaltigung jedoch freigesprochen. Nach acht Stunden Verhandlungsmarathon und den Aussagen von zwölf Zeugen fällte das Freudenstädter Schöffengericht um Amtsgerichtsdirektor Axel Benz seine Entscheidung.

Schon die erste Sitzung hatte sich über den gesamten Tag erstreckt. Die damals anwesenden Zeugen trugen nicht zur Aufklärung der Sache bei. Der Tatvorwurf: Der 29-Jährige soll die Nebenklägerin, seine damalige Freundin, vor rund zwei Jahren vergewaltigt und mehrfach körperlich verletzt haben. Um schließlich Klarheit in den schwierigen Sachverhalt zu bringen,  hatte Richter Benz unter anderem die Lebenspartner der Parteien, Arbeitgeber sowie Freunde und Familienmitglieder vor Gericht geladen.

Im Laufe der Verhandlung kristallisierte sich heraus, dass die Zeugen zwei Lager bildeten. Die einen versuchten, die Nebenklägerin in einem möglichst schlechten Licht erscheinen zu lassen, die anderen den Angeklagten. So seien laut den Plädoyers die Aussagen der Zeugen von "viel Belastungseifer" getragen gewesen.

Allerdings, so waren sich die Anwälte auch einig, dürfe man die Vorwürfe nicht auf die leichte Schulter nehmen. Besonders der Vertreter der Nebenklägerin verwies auf glaubhafte Schilderungen seiner Mandantin und forderte, den Angeklagten wegen Vergewaltigung und Körperverletzung zu verurteilen.

Richter Axel Benz schloss sich jedoch in seinem Urteil den Plädoyers des Verteidigers und der Oberstaatsanwältin an: Die Körperverletzungen, die der Angeklagte gestanden hatte, wurden mit einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu jeweils 18 Euro bestraft. Im Tatbestand der Vergewaltigung jedoch sah der Richter die letzten Zweifel für eine Verurteilung nicht beseitigt. So sprach das Schöffengericht den 29-Jährigen im Sinne des Grundsatzes "Im Zweifel für den Angeklagten" frei, da, so Benz, "Aussage gegen Aussage" stand. Zudem einigten sich die Parteien auf einen zivilrechtlichen Vergleich. Laut diesem ist es den beiden verboten, Kontakt zueinander aufzunehmen.

Als persönlichen Rat gab Richter Axel Benz den beiden mit auf den Weg, hoffentlich die richtigen Schlüsse aus der missglückten Beziehung gezogen zu haben, und redete dem Angeklagten ins Gewissen: "Sie sollten ihre Einstellung gegenüber Frauen ändern. Ein solches Machogehabe wird nirgends toleriert."