Volksbank: Institut baut elektronisches Angebot kräftig aus / Kontomanagement mit dem Handy
Von Volker Rath
Finanzgeschäfte mit einem Fingerwisch: Die Volksbank Horb-Freudenstadt baut ihr Online-Geschäft kräftig aus. Rechnungen überweisen, Geld verschicken oder prüfen, ob das Konto den Spontan-Schuhkauf noch verträgt – das ist jetzt mit dem Smartphone möglich.
Freudenstadt. Die Banken stecken in einem Umbruch. Denn zwei alte Gesetze gelten nicht mehr: Mit Geld ist derzeit im klassischen Geschäft kaum noch Geld zu verdienen. Und der Weg zur nächsten Filiale wird nicht mehr in Schritten gemessen. Im digitalen Zeitalter sind die Dinge nur noch einen Fingerwisch auf dem Handy entfernt.
Broschüre auch als ePaper
Diesem Umstand trägt die Volksbank Rechnung und hat eine "Innovationswerkstatt" eingerichtet. Acht Mitarbeiter quer aus allen Abteilungen des Instituts arbeiten an neuen Produkten, um die 20 000 Konteninhaber dort anzusprechen, wo sie immer öfter sind: am Handy. Sie arbeiten freiwillig in der Gruppe mit, leisten teils bis zu 20 Stunden pro Monat unbezahlte Mehrarbeit und genießen im Gegenzug einige Freiheiten. Dass sie ohne Anzug und Krawatte und mit "unbürokratischen Umgangsformen" arbeiten, ist dabei sicher nur netter Nebeneffekt. "Sie dürfen experimentieren und auch Fehler machen", sagt Vorstandsmitglied Dieter Walz. Überhaupt hat sich der Ton verändert. In der Pressekonferenz gestern war viel von "Updates", "fintech", "modern banking" und "web-based training" die Rede.
Nicht nur die Sprache ist neu. Kontoauszüge drucken, anrufen, Überweisungen eintippen oder mit dem Kugelschreiber ausfüllen – ab sofort überflüssig. In der neuen Volksbank-Welt läuft vieles anders – wenn man denn will. Aber Walz und sein Vorstandskollege Reinhold Haschka sind davon überzeugt, dass der Kunde das will. Von den 20 000 Konteninhabern des Instituts nutzen bereits rund 10 000 die Möglichkeit des Online-Bankings. Schon heute werde die Internetseite der Bank jährlich eine Million Mal angeklickt, so Prokurist Holger Pfeffer, zuständig für Vertrieb und Marketing. So oft würde keine Filiale besucht.
Mit den neuen Handy-Funktionen – nutzbar mit den beiden gängigsten Betriebssystemen Android und IOS – soll dieses Angebot ergänzt werden. Oder auf Dauer abgelöst. Das Smartphone mache viele Geschäfte komfortabler. "Manchmal ist es für mich schon lästig, für eine Überweisung den PC hochzufahren", so Uwe Banholzer, Mitglied der Gruppe und IT-Leiter der Bank. Er stellte vier neue Anwendungen vor, die bereits verfügbar sind (Info). Dabei achte die Bank auf Sicherheit. Wer über WhatsApp mit seinem Bankberater in Kontakt tritt, muss zwar die Nutzungsbedingungen des Nachrichtendienstes akzeptieren, der Daten abschöpft. Aber die Bank wache darüber, dass über diesen Kanal keine "sensiblen Informationen" abgewickelt werden. "Dann greift der Kundenberater lieber zum Telefon oder vereinbart einen Termin", so Banholzer. Vorstand Haschka vertraut dem elektronischen Bankverkehr, nutzt ihn auch persönlich – wie übrigens 98 Prozent der aktuell 168 Mitarbeiter.
Auch die 18 000 Mitglieder der Bank haben demnächst die Wahl, ob sie die zwei Mal jährlich erscheinende Broschüre "Volksbank aktuell" auf Papier gedruckt oder im elektronischen Briefkasten haben wollen. Die Oktober-Ausgabe erscheint erstmals auch als ePaper, mit vielen Zusatzfunktionen. Das senke die Portokosten, wenngleich der Spareffekt "nicht der Treiber" für das Angebot sei.
Die Belegschaft soll fit gemacht werden für die neuen Kanäle im Tagesgeschäft. Im Dezember starten interne Seminare in mehreren Runden, so Prokurist Thomas Funkler. Zwei Schulungsblöcke sind Pflicht, die dritte ist freiwillig für all jene Kollegen, die tiefer einsteigen wollen in die Materie. Aber der Vorstand glaubt, dass der Trend zur digitalen Welt klar und nicht mehr umkehrbar ist. Es wäre ja nicht der erste. Papiergeld habe Metallmünzen abgelöst, dann kamen Schecks, Wechsel und Girokonten. "Die Frage wird nicht sein, ob wir den Trend mitmachen wollen oder nicht. Wir müssen", sagt Haschka, "also gehen wir es positiv und offensiv an."
n Finanzmanager – das digitale Haushaltsbuch: Kunden können sich per Smartphone alle Einnahmen und Ausgaben auf dem Konto anzeigen lassen; die Anwendung bereitet Umsätze und Daten auch in Diagrammen auf. Er ist ins Online-Banking integriert und hat weitere Funktionen.
n Benachrichtigungsservice: Wie ist der aktuelle Kontostand? Ist das Gehalt schon eingegangen? Ist das Konto überzogen? Die Bank informiert per SMS über aktuelle Vorgänge auf dem Konto. Der Kunde kann auch Termine für Wertstellungen oder Betragsgrenzen einrichten. Drei SMS-Nachrichten sind per Monat kostenlos.
n WhatsApp: Einfache organisatorische Fragen an die Bank können über den Messenger-Dienst gestellt werden, etwa die Öffnungszeiten der Filiale. Die Antwort kommt aufs Handy. Es dürfen keine sensiblen Daten versandt werden.
n Scan2Bank: Mit dieser Funktion der VR-BankingApp können Rechnungen überwiesen werde. Es reicht, mit der Kamera von Smartphone oder Tablet die Rechnung abzufotografieren, schon sind die Daten in der Überweisungsmaske übertragen. Der Kunde kann wählen, von welchem Konto abgebucht werden soll.
n Weitere Anwendungen: Sind in Arbeit. In den nächsten Monaten soll eine "Geldbote"-Funktion freigestellt werden. Geld kann per Handy überwiesen werden an alle, die den Dienst ebenfalls nutzen, vermutlich an alle Kunden von Volks- und Raiffeisenbanken sowie Sparkassen.