Erinnerungen an das Schwarzwaldhotel beim Bahnhof. Sogar eine Kirche war vorhanden Foto: Archiv Meintel

Schwarzwaldhotel 1879 eröffnet. Unterkunft fördert Fremdenverkehr. Phosphorbomben setzen Gebäude 1945 in Brand. 21 Familien sterben.

Freudenstadt - Das damalige Schwarzwaldhotel spielte eine wichtige Rolle beim Aufstieg von Freudenstadt zur Fremdenverkehrsstadt. Hobby-Eisenbahnhistoriker Rudolf Meintel aus Freudenstadt hat einige Ereignisse aus der damaligen Zeit zusammengetragen. Von ihm stammt der folgende Beitrag über das Schwarzwaldhotel und die Enwicklung der Eisenbahn in Freudenstadt.

Nachdem 1845 die erste Eisenbahn in Württemberg fuhr, mussten die Freudenstädter noch mehr als drei Jahrzehnte warten, bis der eiserne Weg von Stuttgart in den Schwarzwald reichte. Die Freudenstädter Bevölkerung wollte mit der Streckeneröffnung am 1. September 1879 die Befreiung von ihrem bisherigen Hinterwäldlerdasein feiern und zeigte ihre Wirtschaftsleistung den staunenden Gästen aus Stuttgart oder dem Gäu mit einer großen Gewerbeschau in der neu erbauten Turnhalle.

Wochenlang brachten Sonderzüge Interessierte aus dem Großraum Stuttgart in diesen hintersten Winkel Württembergs. Auch der König machte einen Besuch. Der 1877 eingesetzte Schultheiß Alfred Hartranft erkannte bekanntlich die gute Schwarzwaldluft als touristisches Geschäftsmodell. Er warb seinerzeit mit der ozonreichen Luft für seine "Perle des Schwarzwalds". Ihm zur Seite stand als Fachmann in Tourismusfragen der Posthalter Luz, denn er kannte vom Kutschenbetrieb das Reisen. Schon 1874 wurde in Freudenstadt ein Verschönerungsverein gegründet.

Die Luftkur war etwas ganz Neues

Die Luftkur war etwas Neues, denn andere Kurorte warben meist mit ihrem besonderen Wasser. Die Gastronomie bot in Freudenstadt wenig Möglichkeiten. Selbst die "Post" war nur für die wenigen Reisenden, die per Postkutsche ankamen, eingerichtet. In der Stadt selbst gab es kaum Erholungsstätten. In den hinteren Gassen gab es noch Misthaufen. Auf dem Marktplatz weidete Vieh. Außerdem war der Weg zum Bahnhof recht lang. In Bahnhofsnähe gab es noch jede Menge Wiesen, um ein Hotel zu bauen. Posthalter Ernst Luz senior mit seinem Sohn Ernst nahmen sich des Problems an und bauten oberhalb des heutigen Hauptbahnhofs ein Hotel, das bei der Streckeneröffnung der Bahn 1879 bereits fertig war.

Das Hotel lag auf einem Hügel nördlich des Bahnhofs (heute "Am Wilhelmsbau"). Die Reisenden mussten nur 100 Meter zu Fuß gehen und waren schon am Ziel. Auf einer Zeichnung aus der damaligen Zeit sieht man die Zufahrt, die es auch heute noch gibt. In der Mitte erkennt man den Fußweg zum Bahnhof, den es heute ebenfalls noch gibt. Direkt vor dem Bahnhof endete eine Treppe mit einer kunstvollen Hinweistafel. Das Hotel hatte auf der Nordseite ein Stall- und Wagengebäude.

Auch Prinz von Wales zählte zu den Gästen

Da das Schwarzwaldhotel erhöht über den Bahnhofsgebäuden lag, konnten die Kurgäste die Sonne vom Morgen bis in den Spätnachmittag genießen. Es war ein neuartiges Haus mit allen Möglichkeiten, dem Gast das Verweilen zu versüßen. An der Frontseite gab es einen verglasten Speisesaal und darüber eine Veranda. Auf der Ostseite war ein kleiner Park mit Springbrunnen und daneben ein Streichelzoo mit Ziegen. Dahinter lag ein großer Park mit Schaukeln und einer Grotte sowie einem Rondell mit Wandelgang und weiteren Springbrunnen. Für die frommen Gäste gab es sogar eine Kirche und eine Kapelle. Das Ganze wurde durch einen Pavillon abgerundet.

Da das Bahnhofsgebäude ein Provisorium war, das nur die nötigsten Räume enthielt, diente das Hotel sich am Bahnhofsvorplatz auch als "Bahnhofs-Restauration" an. Der Pavillon stand weit im Osten, etwa an der Stelle, wo die Dietersweilerstraße heute die Anhöhe erreicht. Aber auch so ist das eine überwältigende Anlage gewesen.

Das Schwarzwaldhotel beherbergte viele Berühmtheiten und trug seinerzeit zum Ruhm Freudenstadts als Kurort bei. Einer der Gäste war der Prinz von Wales, der spätere König Georg V von England, der mit seinem Vetter Herzog Albrecht von Württemberg zur Auerhahnjagd in Freudenstadt weilte.

Phosphorbomben setzten das Anwesen, in dem 21 Familien einquartiert waren, am 16. Februar 1945 in Brand und beendeten eine glanzvolle Hotel-Ära.