Kandidaten am Kicker in der Kinderwerkstatt Eigen-Sinn (von links): Katrin Schindele (CDU), Gastgeber Hans-Martin Haist, Viviana Weschenmoser (SPD) und Timm Kern (FDP). Foto: rt Foto: Schwarzwälder Bote

Soziales: Drei Landtagskandidaten informieren sich in Kinderwerkstatt über Zukunft von Kindern und Jugendlichen

Völlig ohne Wahlgeplänkel diskutierten drei Landtagskandidaten mit Hans-Martin Haist, Chef der Kinderwerkstatt Eigen-Sinn, und im Austausch untereinander über die Lage von Kindern, die auffällig wirken. Da verschlug es manch einem Kandidaten die Sprache.

Freudenstadt (rt). Es war eine Stunde konzentrierten Nachdenkens mit dem Versuch, das zu erkennen, was die nahe Zukunft für Kinder und Jugendliche im Kreis Freudenstadt bringen wird. Katrin Schindele von der CDU, Viviana Weschenmoser von der SPD und Timm Kern von der FDP hatten im Vorfeld jeweils einzeln bei der Kinderwerkstatt wegen eines Gesprächstermins angeklopft. Haist hatte sie alle zusammen eingeladen.

"Es wird eine heiße Zeit, in die wir gehen", schwante es Hans-Martin Haist gleich zu Beginn. Einerseits sei der "Hype", der derzeit um die "eingesperrten" Kinder gemacht werde, grundsätzlich zu begrüßen. Andererseits würden in den Behörden schon heute die Bremsen angezogen, wenn es um Ausgaben im sozialen Bereich gehe. Dabei stiegen die aktuellen "Fallzahlen" beängstigend, wenn auch nicht unerwartet.

Die Kinderwerkstatt bekomme fast täglich neue Anmeldungen, habe bereits vier Gruppen für traumatisierte Kinder, führe lange Wartelisten, erläuterte Haist. Es sei weiteres Personal eingestellt und man habe zusätzliche Räume angemietet.

Nach Schulbeginn erwartet Haist noch mehr Hilferufe und Anmeldungen. Die Pandemie ziehe tiefe Spuren in das Leben und die Seelen von Kindern und Jugendlichen, gerade von Kindern, die nicht mit festen Strukturen aufwachsen dürfen. Sie fänden in der Kinderwerkstatt einen sicheren Ort. Sie war während der Pandemie bis auf eine Woche geöffnet, die Mitarbeiter hätten im Kontakt mit Eltern, Kindern, Lehrern und Ämtern Großartiges geleistet.

Haist: "Wir haben Hausaufgabenbetreuung für Kinder gemacht, die keinen Laptop besitzen, wir haben versucht, die Destruktionskette zu unterbrechen. Wir wollen Kindern eine Chance geben, wollen sie fürs Leben begeistern. Und wir haben gemerkt, dass sie dafür nur dankbar sind".

Die Kandidaten-Frage, ob Corona die bedrohliche Entwicklung von Kindern beschleunigt, bejahte Haist unumwunden. Er sei erschüttert über die psychische Verarmung von Kindern, die er sich so nicht hätte vorstellen können.

Spenden an Stiftung brechen bedenklich weg

Haists Antworten auf Fragen nach der Zusammenarbeit mit Behörden fielen recht unterschiedlich aus. Mit dem Landratsamt habe sich die Zusammenarbeit "massiv verbessert", die mit der Stadt Freudenstadt sei im Blick auf den Bauwagen des Waldkindergartens "problematisch", die mit dem Sozialministerium in Stuttgart "relativ gut".

Noch wisse er nicht, wie die zusätzlichen Aufgaben finanziell gestemmt werden können. Während der stationäre Bereich weitgehend gesichert scheine, koste der ambulante Bereich – also die Gruppenarbeit – monatlich rund 40 000 Euro, so Haist. "Wenn wir die sechs Millionen Euro aus der Eigensinn-Stiftung nicht hätten, würde es uns gar nicht mehr geben". Die Stiftung finanziere sich weitgehend aus Spenden, doch auch diese brechen in Coronazeiten bedenklich weg. Er sei dankbar für jede Unterstützung, betonte Haist. Diese sagten die Kandidaten dann auch zu.