Tritt für die FDP bei der Bundestagswahl an: der Baiersbronner Lutz Hermann. Foto: Müller Foto: Schwarzwälder-Bote

Bundestagswahl: Lutz Hermann (FDP) will vor allem die Bürokratie eindämmen

FDP-Kandidat Lutz Hermann gibt sich keinen Illusionen hin. Etwa 40 Prozent müsste seine Partei holen, damit er ins Parlament einzieht. Er findet, dass es wieder eine liberale Kraft im Bundestag braucht.

Baiersbronn. Der 54-jährige Zahnarzt aus Baiersbronn ist tief in der FDP verwurzelt, obwohl er selbst erst 2013 in die Partei eingetreten ist. Schon sein Vater war bei den Liberalen engagiert. So hatte Hermann früh von seinem Vater von Michael Theurer gehört, der heute EU-Parlamentarier ist. Sogar seine Frau trat vor Hermann in die FDP ein, als sie begann, sich kommunalpolitisch zu engagieren. Inzwischen ist auch der ältere der beiden Söhnen Mitglied. Allerdings erst nach dem Eintritt des Vaters.

Hermann wollte sich lange nicht auf die Parteiarbeit einlassen. Er war beruflich vereinnahmt und mit dem früheren Führungspersonal wie Guido Westerwelle, Philipp Rösler und Jürgen Möllemann unzufrieden. Erst mit Christian Lindner habe er sich für die Partei begeistern können, sagt Hermann. Es gehe jetzt wieder mehr um den Grundgedanken der Partei.

Ein wichtiges Thema ist Hermann die Bildung. Das fange schon in der frühkindlichen Entwicklung an. Dort brauche es gut ausgebildete Pädagogen, damit später in der Schule auch unterrichtet werden könne, anstatt Erziehungsarbeit zu leisten. Dadurch könnten für alle gleiche Voraussetzungen geschaffen werden. Gerade in der Bildungspolitik gebe es viele alte Zöpfe, die abgeschnitten gehörten. Es brauche eine Neuordnung, auch bei den Kompetenzen von Bund und Ländern. Das sei aber nicht in einer Legislaturperiode zu leisten, schränkt Hermann ein.

Auch der Klimaschutz ist ihm wichtig. Hermann fordert eine maximale Unterstützung der Forschung. Die müsse aber ergebnisoffen sein. Das Elektro-Auto scheine ein guter Weg zu sein, aber auch synthetisches Erdgas oder Brennstoffzellen hätten Potenzial. Die Infrastruktur für E-Autos existiere nicht wirklich. Es sei nichts auszuschließen.

Das Vectoring, also das Aufbessern bestehender Kupferleitungen für ein schnelleres Internet, ist für Hermann Schwachsinn. Es sei die zweitbeste Lösung. An der Glasfaser führe angesichts der zunehmenden Datenströme kein Weg vorbei.

Die Bürokratie sei in den vergangenen Jahren ausgeufert, sagt Hermann. Das betreffe alle Bereiche, unter anderem auch das Gesundheitssystem, das er ein Krankheitssystem nennt. "Man wird zugemüllt mit Vorschriften", sagt er. Diese machten vielleicht Sinn in Kliniken, aber nicht in Praxen.

Es komme nicht mehr darauf an, gut zu arbeiten, sondern gut zu dokumentieren. Vieles widerspreche dem gesunden Menschenverstand. Er könne sich vorstellen, dass Depressionen und Burn-outs auch Folge dieser Bürokratie seien. Die Leistungserbringer würden drangsaliert, während etwa die Pharmaindustrie hofiert werde.

Angestellte könnten Krankenhaus selbst bewirtschaften

Hermann spricht sich dafür aus, Krankenhäuser zu privatisieren, vor allem das in Freudenstadt. Die Leitung müsse ökonomisch handeln. Er könnte sich sogar vorstellen, dass die Angestellten das Krankenhaus teilweise selbst bewirtschaften. Auch für so ein Modell gebe es mittlerweile Beispiele.

Die Bürokratie gängele auch die Gastronomen, einerseits durch die Dokumentationspflicht, andererseits durch die Arbeitszeitbeschränkung. Dadurch müssten Gaststätten teilweise früher schließen, als eigentlich notwendig wäre. "Gerade dann, wenn es lustig wird", sagt Hermann.

Der Wahlkampf sei etwas Neues für ihn, sagt Hermann. Er sei viel auf Marktständen, verteile Flyer und Postkarten und nehme an Podien teil. Die Kampagne der FDP konzentriere sich auf Lindner, er werde als die wichtigste Person der Partei wahrgenommen. Wichtig, sei ihm, dass die Themen der FDP wahrgenommen werden, sagt Hermann.

Mit Michael Theurer im EU-Parlament und Timm Kern im Landtag sei die hiesige FDP gut aufgestellt. Da sei es klar, dass er nun auf der Liste nach unten gerutscht sei, damit auch andere Regionen zum Zug kämen, sagt Hermann. Seine einzige Chance wäre es, Hans-Joachim Fuchtel (CDU) das Direktmandat abzujagen, meint Hermann schmunzelnd.