Zum ersten, zum zweiten und zum Dritten: Auktionen folgen einem festen Ritual und sind oft spannend. Foto: AdobeStock_BlueSkyImages Foto: Schwarzwälder Bote

Auktion: Haus in Stuttgart versteigert Nachlass aus dem Kreis mit zwei außergewöhnlichen Posten

Das Stuttgarter Auktionshaus Andreas Graf von Brühl versteigert am Freitag, 14. September, Raritäten aus dem Kreis Freudenstadt. Der Katalog enthält mindestens zwei Stücke, die Kunsthistoriker und Sammler elektrisieren.

Freudenstadt. Mehr als 300 Positionen werden an diesem Tag aufgerufen, die aus einem privaten Nachlass stammen. Den Großteil macht Meißner Porzellan aus. Altes Geschirr und Hausrat aus der Manufaktur, deren Markenzeichen die gekreuzten Kurschwerter sind, sind bei Sammlern beliebt. Darunter befindet sich ein Kerzenleuchter, für den von Brühl einen Schätzwert von 24 000 bis 50 000 Euro angibt.

600 Jahre altes Kruzifix? – Sachverständige sind hin- und hergerissen

Aber es sind auch Stücke dabei, deren Versteigerung die Auktionatoren mit deutlich mehr Spannung entgegen sehen. Dazu zählt ein Gemälde des Stuttgarter Künstlers Reinhold Nägele, ein Blumen-Stillleben in Öl auf Platte, dessen Werke derzeit in der Landeshauptstadt hoch im Kurs stünden. Die beiden Top-Stücke sind ein chinesisches Ölgefäß, das aus der Ming-Dynastie (14. bis 17. Jahrhundert) stammen könnte, und ein spätgotisches Kruzifix, das um die 600 Jahre alt sein dürfte. Die Betonung liegt auf "könnte" und "dürfte". Denn sicher sind sich die Sachverständigen, die die Stücke begutachtet haben, auch nicht.

Laut Julia Hering (25), Kunsthistorikerin des Auktionshauses, gibt es in beiden Fällen Anhaltspunkte, die für die Echtheit sprechen. Im Fall des Kreuzes und des Christus-Korpus’ sei vor allem der kunsthandwerkliche Stil ein Indiz dafür: Ein ausgemergelter Körper mit wenig Spannung und vielen Marterspuren, der "Drei-Nagel-Typus" mit übereinander geschlagenen Füßen – so stellten Künstler und Schnitzer den Gekreuzigten seinerzeit dar. Auf der anderen Seite habe "der unglaublich gute Zustand" den Restaurator überrascht. Dafür hätte das Holzkreuz die Jahrhunderte weitgehend gut verpackt überdauern müssen.

Echt oder nicht – das macht preislich Welten aus bei einer Versteigerung. Einen genauen Wert könnte vorab keiner benennen. "Den Preis entscheidet letzten Endes der Markt", sagt Sven Philipp vom Auktionshaus. Das Mindestgebot des Ölgefäßes – blau-weißes florales Dekor – wurde auf 12 000 Euro festgesetzt. Das ist die Untergrenze. Wird sie überboten, gibt es für den bisherigen Eigentümer kein Zurück vom Verkauf mehr. Bei Unterschreitung ist es anders. Aber dann könnten sich potenzielle Interessenten und Anbieter noch unter vier Augen auf einen Preis einigen. Ohnehin seien Auktionen immer spannend und oft ein psychologisches Spiel mit eigenen Gesetzen, das plötzlich ganz schnell werden könne. Andreas Graf von Brühl (31), studierter Wirtschaftswissenschaftler, ist nach eigenen Angaben seit rund zwölf Jahren in der Branche, kam über seinen Vater mit Auktionen in Berührung. "Wir sind eine Art Schatzsucher", sagt er, "das macht eine Riesenfreude." Spezialisiert sei das Haus auf Nachlässe, Schmuck und Münzen.

Da passt auch die Sammlung aus dem Kreis Freudenstadt gut ins Raster. Es handele sich nicht um eine gezielt aufgebaute Sammlung, sondern um einen Fundus von Stücken, die teils über Generationen weiter vererbt worden seien. "Wir haben keinen Bezug mehr zu den Sachen", so ein Sprecher der Familie, "uns ist nur wichtig, dass sie in gute Hände kommen."

Die Versteigerung findet am Freitag, 14. September, von 10 bis 16 Uhr in Stuttgart statt, in der Seyfferstraße 103. Zwar macht es laut Andreas von Brühl Sinn, Auktionen in Großstädten zu veranstalten, weil dort in Summe deutlich mehr kaufkräftige Kundschaft wohnt. Andererseits würden auch immer mehr Gebote über das Internet abgegeben. Brühl schätzt den Anteil der Online-gebote auf mittlerweile 70 bis 80 Prozent. Präsenz- und Online-Gebote könnten zeitgleich abgegeben werden. Zwischen 50 und 60 Prozent der Stücke gingen erfahrungsgemäß ins Ausland. Potenzielle Käufer seien Händler, private Sammler, Museen, Ärzte und Anwälte, Liebhaber mit sehr speziellem Geschmack oder Leute, die "einfach sehr individuelle Geschenke" machen wollten.