Die Badische Landesbühne Bruchsal ist wieder zu Gast mit dem Stück "Der Steppenwolf". Archiv-Foto: Keck Foto: Schwarzwälder Bote

Theater: Sinnsuche und Selbstzweifel

Die Abiturprüfung in Deutsch sieht in diesem Jahr in Baden-Württemberg unter anderem das Thema "Der Steppenwolf" vor. Das Stück ist am heutigen Mittwoch um 20 Uhr im Theater im Kurhaus zu sehen.

Freudenstadt. Aufgeführt wird die Theaterversion des Hermann-Hesse-Romans von der Badischen Landesbühne Bruchsal. Bereits im März vergangenen Jahres hatten die Oberstufenschüler in der Region die Gelegenheit, das Stück in Freudenstadt zu sehen. In dieser Zeitung war im Anschluss von einer "ambitionierten und couragierten" Inszenierung die Rede, in deren Verlauf sich das siebenköpfige Ensemble "mit vollem Einsatz des Stoffs" annahm.

In Hermann Hesses Klassiker sieht Regisseur Wolf E. Rahlfs so manche Herausforderung. Schließlich könne sein Ziel nicht sein, eine "getreue Bebilderung des Textes" auf die Beine zu stellen. Sein Konzept erhebt dagegen den Anspruch, "eine Welt zu kreieren, die bunt genug ist, all diese Kontraste und Widersprüche einzufangen und trotzdem als ästhetisch schlüssige zu bestehen".

Mit nur einem Spielziel, so Rahlfs, werde man nicht weiterkommen. Vielmehr brauche es "die ganze Palette, von der kühnen Abstraktion über blutigen Naturalismus bis zur absurden Stilisierung". Schon während der Proben gehe es darum, "die Spielerinnen und Spieler auf eine Reise ins innerste Ungewisse mitzunehmen".

Auf Wunsch von Schülern und Lehrern

Man sei den Wünschen von Schulen, Lehrern und Schülern entgegengekommen und habe den "Steppenwolf" wieder auf den Spielplan genommen, teilt der Intendant Carsten Ramm auf Anfrage mit.

Die Versinnlichung eines literarischen Textes und die Veranschaulichung der Konflikte darin auf der Bühne geben Impulse, sich mit Stoff und Figuren intensiver zu beschäftigen.

Er freue sich, dass die Landesbühne mit dem "Steppenwolf" den wohl wichtigsten Text eines Autoren im Programm habe, der mit dem Land Baden-Württemberg verbunden ist. In dem Roman gehe es um Sinnsuche, Selbstzweifel, die Auseinandersetzung mit der eigenen Persönlichkeit – das seien Themen, die insbesondere junge Menschen nach wie vor berührten, meint Ramm.

Unzählige Deutungsversuche

Die Geschichte vom innerlich zerrissenen Harry Haller, zentrale Figur des Romans aus dem Jahr 1927, hat im Laufe der Jahrzehnte unzählige Deutungsversuche nach sich gezogen. Für den Literaturwissenschaftler Herbert Günther ist der "Steppenwolf" der erste von Hesses drei großen Erziehungsromanen – es folgen "Narziss und Goldmund" sowie "Das Glasperlenspiel". In Hesses Briefen und Selbstbetrachtungen werde deutlich, dass sich der Dichter zeitlebens weitgehend verkannt gefühlt habe. Hesse, so Günther weiter, habe nie "Lehrer" oder "Guru" sein wollen für seine riesige Anhängerschaft in Ostasien oder Amerika. Für den Künstler Hermann Hesse habe zeitlebens gegolten: "Bücher haben nur dann einen Wert, wenn sie zum Leben führen und dem Leben dienen und nützen."

Diesen Anspruch des Literatur-Nobelpreisträgers Hesse gilt es gewiss auch bei der Abiturprüfung am "Steppenwolf" auszuloten.