Bernhard Staer, der neue Amtsleiter vom Landwirtschaftsamt, Martin Schall (LBV-Unternehmensberatungsdienste) und Gerhard Fassnacht vom Kreisbauernverband Freudenstadt (von links). Foto: Morlok Foto: Schwarzwälder Bote

Landwirtschaft: Wetterkapriolen richten mehr Schaden als alle Wildschweine zusammen

Wie lassen sich Wetterrisiken durch den Klimawandel für Landwirte auffangen? Darum ging es in der Delegiertenversammlung des Kreisbauernverbands in Dettingen.

Kreis Freudenstadt. Landwirte aus dem Kreis trafen sich zur offenen Versammlung im Gasthof "Adler." Hauptthema dieses Treffens waren "Wetterrisiken durch den Klimawandel – die Mehrgefahrenversicherung für Landwirte". Ein Komplex, zu dem Martin Schall von den LBV-Unternehmensberatungsdienste einige Anregungen gab. Er hatte seinen Vortrag mit: "Möglichkeiten der Absicherung vor dem Hintergrund klimatischer Veränderungen und Tierseuchen" überschrieben.

Der Vorsitzende des Kreisbauernverbands, Gerhard Fassnacht, betonte zunächst, dass durch die Wetterkapriolen mehr Sachschäden entstanden seien als durch alle Wildschweine zusammen. Zudem bemängelte er, dass aus der Dürrehilfe des Bundes noch nichts im Landkreis angekommen sei.

Hilfsfonds hilft nicht

Zu diesem Thema konnte der neue Amtsleiter des Landwirtschaftsamts, Bernhard Staer, etwas sagen. Bei dieser Gelegenheit stellte er sich auch gleich vor: "Wir hatten bisher zur Dürrehilfe Null Anträge, also auch Null Euro Auszahlung." Einzig ein Nebenerwerbslandwirt habe einen Antrag gestellt, der aber abgelehnt worden sei. Um aus diesem Hilfsfonds Unterstützung zu erhalten, seien "hohe Hürden" zu nehmen. Unter anderem müsse der Landwirt nachweisen, dass durch anhaltende Dürre eine tatsächliche Existenzbedrohung des Hofs gegeben sei. Dies sei eine Auflage, die der Bauer in die Regel gar nicht erfüllen könne, da die Höfe heutzutage mehrere Ertrags-Schienen fahren. "Ohne Diversifikation geht heute nichts mehr", hob er hervor. Und Nebenerwerbslandwirte fielen immer durchs weitmaschige Auffangnetz der Dürrehilfe.

Dass das zurückliegende Jahr von langen Dürrephasen geprägt war, machte Staer am durchschnittlichen Jahresniederschlag 2018 fest: 480 Liter pro Quadratmeter. Normal sind rund 790 Liter. "Seit 1881 war dies das trockenste Jahr", so des Resümee des Amtsleiters. Auf Trockenheit können auch Kälteperioden folgen, so eine weitere Prognose.

Der Druck auf die Politik wächst, die Mehrgefahrenversicherung für die Landwirte durch Ausweitung der Steuervorteile und finanzielle Unterstützung für die Beitragszahlungen günstiger zu machen. Faßnacht versprach, dass er zu diesem Punkt Hans-Joachim Fuchtel, Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, "keine Ruhe mehr lässt". Es sollte den Landwirten ermöglicht werden, durch bezahlbare Versicherungen vorsorgen zu können. Viele angrenzende Staaten zahlten ihren Landwirten entsprechende Zuschüsse für eine Mehrgefahrenversicherung, da auch die Gefahr von Ernteschäden durch Hagel-, Sturm- und Starkregen aktuell ist.

Auf die Versicherungen ging Martin Schall dann in einer Art Übersicht ein. 2017 mussten die Versicherungen 2,9 Milliarden Euro für Unwetterschäden erstatten. Bei den Basis-Versicherungen wie Gebäude, Hausrat, kandwirtschaftliches Inventar, klassische Hagelversicherung (Feldfrüchte), Fotovoltaikanlage oder Fahrzeug und Schlepper-Versicherung gelte es, einiges zu beachten. Bei der Gebäudeversicherung müsse der Wert korrekt ermittelt werden, um beispielsweise einen Unterversicherungsverzicht zu erhalten. Auch eine Liste der versicherten Gebäude mit Kennzeichnung auf dem Lageplan müsse Bestandteil der Beratung und des Vertrags sein. Bei der Hausratversicherung bestehe der Versicherungsschutz für Feuer (auch Blitzschlag und Explosion), Einbruchdiebstahl (auch Raub und Vandalismus nach Einbruch), Leitungswasser, Sturm und Hagel und gegebenenfalls Elementarschäden (Überschwemmung). Elementarschäden seien jedoch nur gegen einen Zusatzbeitrag mitversicherbar.

Es gebe sogar eine Tier-Ertragsschadens-Versicherung. Doch alle Versicherungen kosten Geld und sind nicht wirklich das Lieblingsthema der Landwirte. Trotzdem riet Schall den anwesenden Landwirten, dass sie gerade jetzt, wo zum Jahreswechsel wieder viele Schreiben ihrer Versicherung ins Haus flattern, sich die Policen genauer anzuschauen und gegebenenfalls gegenzusteuern.

In der anschließenden Diskussion ging es um einige fachspezifische Fragen. Stefan Schäfer, Milcherzeuger aus Betra, bemängelte, dass auf die Starkregen dieses Sommers nicht intensiver eingegangen wurde, während seinem Kollegen Fassnacht aus Altheim mehr die Trockenheit zu schaffen machte. In seinem Schlusswort stellte der Kreisvorsitzende fest: Sollten die Wettereinflüsse weiter so ins Gewicht fallen und sollte sich von Seiten der Politik in puncto bezahlbare Versicherungen nichts bewegen, dann könnten viele Landwirte ihre Betriebe nicht mehr stemmen.  Am Dienstag, 5. Februar, findet in der Horber Hohenberghalle der Kreisbauerntag statt. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner kommt.