Aus und vorbei: Die Tische und Bänke blieben am Sonntag leer und wurden abgebaut. Foto: Schwark

19-Jähriger aus Schopfloch stirbt nach Schlägerei in Wallstraße. Kripo ermittelt und bildet Sonderkommission.

Freudenstadt - Ein Tötungsdelikt setzte dem Stadtfest in Freudenstadt in den frühen Morgenstunden des Sonntags ein jähes Ende. Nachdem ein 19-jähriger Mann aus Schopfloch nach einer Schlägerei gestorben war, sagte die Stadt den zweiten Tag des Fests ab.

Es hatte alles gepasst: Ein heißer, sonniger Nachmittag, eine laue Nacht, fröhliche Menschen, Musik und eine bunte Vielfalt an Speisen und Getränken. So ging der erste Tag des Stadtfests gegen 2 Uhr am Sonntag eigentlich harmonisch zu Ende.

Auch der junge Mann war mit Bekannten auf dem Stadtfest. Doch als er es verlassen hatte, geriet er auf dem Parkplatz an der Wallstraße hinter einem dortigen Getränkemarkt unweit des Stadtbahnhofs gegen 3 Uhr in eine Auseinandersetzung von mehreren Personen. Die genauen Umstände, so teilten das Polizeipräsidium Tuttlingen und die Staatsanwaltschaft Rottweil mit, lägen noch völlig im Dunkeln. Der 19-Jährige wurde bei der Schlägerei so schwer verletzt, dass er trotz intensivster Bemühungen der Ärzte gegen 4.30 Uhr im Krankenhaus starb.

Sonderkommission "Wall" eingerichtet

Seit Bekanntwerden des Verbrechens sind bei der Kriminalpolizeidirektion Rottweil umfangreiche Ermittlungen angelaufen, die, so heißt es in einer Pressemitteilung, auf noch nicht absehbare Zeit andauern werden. Bei der Kriminalpolizeidirektion Rottweil wurde die Sonderkommission "Wall" eingerichtet.

Im Stadtgebiet von Freudenstadt begannen gleich am Morgen des Sonntags umfangreiche Spurensicherungsmaßnahmen. Mit einem Polizeihubschrauber wurden Luftaufnahmen gemacht. Der Tatort an der Wallstraße wurde mit Gittern und Blickschutz hermetisch abgeriegelt. Dabei waren auch die Feuerwehr und das Technische Hilfswerk zur Unterstützung der Polizei eingesetzt. Es wurden unter anderem an den abzusuchenden Örtlichkeiten Zelte aufgebaut.

Aus ermittlungstaktischen Gründen wollte die Polizei keine näheren Angaben machen. Man habe viele Informationen, die bewertet und verifiziert werden müssten, sagte ein Polizeisprecher auf Anfrage unserer Zeitung. Viele Fragen bleiben daher vorerst noch offen. War der junge Man allein oder in einer Gruppe unterwegs? Ist er rein zufällig in die Auseinandersetzung geraten? Die Befragungen von Personen, die als Zeugen oder Hinweisgeber in Frage kommen, liefen bis gestern Abend. "Das ist sehr aufwendig", betonte der Polizeisprecher.

Stadtfest wird abgesagt

Um 7.22 Uhr klingelte am Sonntag das Telefon bei Freudenstadts Oberbürgermeister Julian Osswald. Die Kriminalpolizei informierte ihn über das Verbrechen. "Ich habe gleich mit Bürgermeister Gerhard Link telefoniert", erläuterte er. Danach habe man sich mit weiteren Mitarbeitern im Rathaus getroffen und über den Vorfall diskutiert. Auch mit dem Dekan habe man gesprochen, und der sei der gleichen Meinung wie Osswald und seine Kollegen gewesen: "Aus Respekt vor dem Opfer gebietet es sich nicht, dass am Sonntag weitergefeiert wird."

Er sei auch am Tatort gewesen, so Julian Osswald. Wenn ein Mensch im Umfeld eines Fests zu Tode komme, könne man eben nicht zum "business as usual" übergehen. Ab 9.30 Uhr gingen Bürgermeister Gerhard Link, Tourismusdirektor Michael Krause und OB Julian Osswald an den Ständen des Stadtfests vorbei und informierten die Verantwortlichen über die Absage. Pfarrer Hans-Jürgen Schlue erwähnte es im Gottesdienst in der Stadtkirhce.

So machte die traurige Nachricht auch über die sozialen Netzwerke in der Stadt schnell die Runde. Die Vereine und Gastronomen fingen noch am gestrigen Vormittag an, ihre Stände und Gerätschaften abzubauen. Obwohl für die Standbetreiber die Verkürzung des Stadtfests ein herber Verlust bedeutete, sei man überall auf großes Verständnis gestoßen, schilderte OB Osswald.

Viele Vereine und Gruppen, die am Stadtfest teilnahmen, zeigten sich betroffen und gaben auch ihr Mitgefühl zum Ausdruck. Die Frage, ob es richtig war, das Stadtfest abzubrechen, wurde dennoch kontrovers diskutiert. Vor allem Gruppen, die Speisen anboten und entsprechend eingekauft hatten, brachte die Absage einen Verlust in der Kasse.

Die Szenerie war bedrückend, als die Teilnehmer des Stadtfests auf dem Marktplatz ihre Stände in brütender Hitze wieder abbauen mussten. Viele Menschen waren auch nicht informiert, dass das Fest abgesagt war. Sie blickten verdutzt über den Marktplatz. Der Schwarzwälder Bote hat ein paar Stimmen gesammelt. Aloys Engel vom Tanzsportclub Freudenstadt konnte die Absage nachvollziehen: "Man darf nicht darüber hinwegsehen und muss den Personen, die so was machen, zeigen, dass man die Tat wahrnimmt und dass wir darauf reagieren", so seine Meinung. Ein anderes Mitglied meinte dagegen, dass man mit so einer Absage die Tat noch weiter aufwerte und dass dies als Negativwerbung für Freudenstadt rüberkomme.

Angesprochen wurde ebenso, dass die Umgebung des Stadtbahnhofs nahezu jedes Wochenende ein Ort mit Konfliktpotenzial sei. Christoph Hartmann von der Narrenzunft Freudenstadt betrachtete die Absage zwar als herb für die einzelnen Vereine. Doch sei die Entscheidung der Stadt durchaus als tragbar anzusehen. Bestürzung herrschte bei mehreren jungen Frauen, die den Verstorbenen am Samstagabend noch gesehen hatten.

Dass der Parkplatz, auf dem die Tat geschah, bei bestimmten Veranstaltungen in der Stadt oft als Treffpunkt und zum "Warmtrinken" genutzt wird, ist bei der Stadt hinlänglich bekannt. OB Julian Osswald will den jüngsten Vorfall jedoch nicht mit der Szene am Stadtbahnhof in Verbindung bringen, um die es in letzter zeit sehr ruhig geworden ist. "Wenn wir den Platz absperren, treffen sie sich woanders." Das sei ein gesamtgesellschaftliches Problem, so Osswald. Beim Fest selbst sei es ruhig gewesen. Die Verpflichtung von über 30 Security-Kräften an den Eingängen habe sich seit ein paar Jahren bewährt. Auch die Polizei habe mit Fußstreifen verstärkt Präsenz gezeigt. Laut seiner Information habe das Rote Kreuz nur Betrunkene, aber keine Verletzten nach Schlägereien versorgen müssen, so Osswald.

Weitere Informationen:

Die Polizei hat für Montagnachmittag, 16 Uhr, eine Pressekonferenz angekündigt.