Gibt es hier genug Platz für Radfahrer? Eine Möglichkeit, Radler durch die Stadt zu lenken, ist sie auf Hauptverkehrsadern wie die Martin-Luther- oder Loßburger Straße zu schicken. Foto: Rollgeiser

Radkonzept in Freudenstadt wächst häppchenweise: Verwaltung und externer Experte stellen Arbeitsergebnisse vor.

Freudenstadt - Freudenstadt ist bislang keine Stadt der Radfahrer. Wer auf dem Rad unterwegs ist, quetscht sich auf den Hauptstraßen durch den Verkehr oder schießt auch Mal verbotener Weise über den Marktplatz – doch das soll sich ändern. So jedenfalls ist die Außensicht des Verkehrsingenieurs Dirk Kopperschläger vom Ingenieurbüro Dr. Brenner, der im Ausschuss für Infrastruktur und Umwelt (AIU) über den Sachstand des Radverkehrskonzept informierte. Aber – und das ist viel wichtiger – Freudenstadt will eine Stadt der Fahrradfahrer werden, so jedenfalls die Bekenntnisse der Ausschussmitglieder. Doch einfach wird das nicht.

Der Weg, den das Radverkehrskonzept bislang zurück- gelegt hat, ist beachtlich und reicht zurück bis ins Jahr 1998. Das damals entstandene Konzept ist heute lange überholt. Nach drei Radwegeforen in diesem Jahr, Schülerbefragungen, Bestandsanalysen und der Beauftragung eines externen Experten ist klar: Das Ziel ist noch in weiter Ferne. Auf welchen Strecken sollen die Radfahrer durch die Stadt gesteuert werden, wie können die Ortsteile angebunden werden, wo müssen Gefahrenknoten ausgemerzt werden? Bauamtsleiter Rudolf Müller und der Verkehrsingenieur zeigten jede Menge Schaubilder, auf denen sich rote, blaue und grüne Linien mal dünner, mal dicker durch die Innenstadt schlängeln. Orangefarbene Kreise markieren Gefahrenpunkte und rote Tupfen die Ortsteile, die am Ende ans Radwegenetz angebunden werden sollen.

Nach der einstündigen Diskussion ist klar: Es gibt zwei Lager. Diejenigen, die den Radverkehr gerne über die weniger befahrenen Seitenstraßen, 30er-Zonen und verkehrsberuhigten Bereiche lenken würden, und diejenigen, die die Radfahrer auf den zentralen Verkehrsadern Freudenstadts wie der Loßburger oder der Stuttgarter Straße sehen.

"Wir brauchen Lösungsvorschläge, auf deren Grundlage wir entscheiden, in welche Richtung wir gehen", fasste Bürgermeister Link die Diskussion zusammen. "Ich bin ein bisschen enttäuscht", kritisierte SPD-Stadtrat Elmar Haug. Er halte das Konzept, sich an den Hauptadern Freudenstadts entlang zu hangeln, für wenig kreativ – vor allem im Hinblick auf die starke Zunahme der E-Bikes. "Freudenstadt zeichnet sich doch dadurch aus, dass es wenig gebaute Infrastruktur für Radfahrer gibt und viele 30er-Zonen. Die Frage sollte lauten: Wie können wir dies für unser Konzept nutzen?", richtete sich Haug an den Experten. Kopperschläger konterte: Fahrradfahrer – E-Bike hin oder her – nutzten kurze Strecken. Durch den starken Verkehr aber werde der Radfahrer auf den Hauptachsen an den Rand gedrängt. Zudem sei das Queren stark befahrener Strecken für Radfahrer um ein vielfaches gefährlicher, als sich im Blick der Autofahrer auf einer stark befahrenen Straße zu bewegen.

Stadtrat Karl Müller (SPD) betonte, ein gutes Radkonzept müsse zwangsläufig den Autofahrern Raum nehmen. Er werde zudem in der kommenden Sitzung einen Antrag vorlegen, in dem es um einen Radweg nach Dietersweiler gehe. Damit sprang Müller Kollege Friedrich Wolf (Freie Wähler) zur Seite, der den Bau dieses Radwegs gerne im Zuge des Ausbaus der B 28 gesehen hätte. Die Erschließung des Verbindungsstücks zwischen dem Dietersweiler Sportplatz und der B28 wünscht sich auch der Ortschaftsrat. "Darüber wird noch zu reden sein", meinte Link, schließlich handle es sich hierbei um eine Kreisstraße. "Es wird Zeit, dass wir einen Antrag stellen", konterte Wolf.

Für die Bürgeraktion bieten die Hauptverkehrsadern der Stadt die Lösung. "Wenn wir zum Beispiel den Radverkehr auf dem Marktplatz freigeben, schaffen wir uns andere Probleme", kommentierte Walter Trefz eine der Möglichkeiten, die Radler statt über die stark frequentierte Loßburger Straße über den Marktplatz fahren zu lassen. Auch im Bereich der 30er-Zonen, wo keine Markierungen für Radwege vorgenommen werden dürften, müsse eine Lösung her. Besonders im Blick müsse der Knotenpunkt Ludwig-Jahn-Straße/Daimlerstraße behalten werden – "Das ist die Hauptachse für den Schulverkehr, für Radler und den Rettungsdienst".

Ein Thema, das bislang unter den Tisch fiel, schnitt Friedrich Volpp (Freie Wähler) an: "Was ist mit den Rollstuhlfahrern und den Nutzern von Rollatoren? Die fahren ja auch auf diesen Wegen." Dafür gab’s vom Experten ein Schulterzucken. "Das ist ein reines Radverkehrskonzept."

So geht’s weiter: Nun sollen die Streckenverläufe des künftigen Radwegenetzes konkretisiert werden. Dann werden Vorschläge gemacht. In einem weiteren Forum sollen diese mit den Bürgern und später im AIU diskutiert werden.