Konzertorganist Paolo Oreni an der Rieger-Orgel in der katholischen Taborkirche. Foto: Stadler Foto: Schwarzwälder-Bote

Konzert: Mailänder Organist Paolo Oreni bietet in der Taborkirche zarte Töne und überbordende Klänge

Ein faszinierendes Konzert gab der italienische Organist Paolo Oreni in der Freudenstädter Taborkirche. Dabei zeigte er auch seine außergewöhnliche Improvisationskunst.

Freudenstadt. Notenblätter sucht man vergebens bei Paolo Oreni, dem begnadeten italienischen Konzertorganisten aus Mailand, wenn er sich lächelnd auf der Orgelbank niederlässt und sich mental auf sein Konzert vorbereitet. Der sympathische Enddreißiger ist fasziniert von der Rieger-Orgel in der Taborkirche und freut sich, nach 2006 zum zweiten Mal auf dem Instrument zu spielen. In der Zwischenzeit hat er Konzerte an vielen berühmten Orgeln gegeben und bei internationalen Wettbewerben zahlreiche Auszeichnungen und Preise erhalten.

"In Italien haben wir nicht so schöne Orgeln. Die hier ist der Ferrari unter den Musikinstrumenten" verrät Oreni vor seinem Auftritt. Es ist das zweite sommerliche Orgelkonzert in der Taborkirche unter dem Titel "Orgel zur Nacht". Auf dem Programm stehen Werke von Antonio Vivaldi, Johann Sebastian Bach, Franz Liszt, Charles-Marie Widor und eine improvisierten Symphonie aus Orenis eigener Feder.

Was der Interpret an der Orgel vollbringt, ist eine Musikdarbietung in Vollendung. Er nutzt die ganze musikalische Bandbreite der Orgel – von hell glitzernden Flötentönen bis zur brachialen Gewalt der grollenden Bässe. Mit glasklarer Reinheit und raumfüllender Stärke zelebriert Paolo Oreni die Klangfarbenpracht in ihrem kompletten Tonspektrum.

Schon beim Concerto in D-Dur von Antonio Vivaldi, bearbeitet von Johann Sebastian Bach, ließ der Organist die Leichtigkeit spüren, mit der er die Töne einem Wasserfall gleich und wellenartig durch das Gotteshaus strömen ließ.

Im Schlussteil sich selbst übertroffen

Es war ein besonderes Erlebnis, dem virtuos agierenden Musiker nicht zur zuzuhören, sondern seiner Spielkunst auf höchstem Niveau auch zuzusehen und mitzuerleben, wie nicht nur die Hände an den Tasten, sondern auch die Füße auf den Pedalen wie fliegende Finger das Instrument zum Klingen bringen.

Von Franz Liszt stand die "Fantasie und Fuge über den Namen B A C H" auf dem Programm, ebenso die "V. Symphonie Opus 42 Nr. 1" von Charles-Marie Widor. Das Werk über Bach wurde von Jean Guillou in eine "synchretistische" Orgelfassung gebracht, die variantenreich und vielseitig präsentiert wurde und doch teilweise sehr ab-strakt wirkte. Der erste Satz der berühmtesten Orgelsinfonie von Charles-Marie Widor, Allegro vivace, variiert ein Thema von marschartigem Rhythmus mit wenigen Veränderungen.

Es folgt eine zweite Variation mit kräftigen Akkorden, die sich in der dritten Variation mit pizzicato-artigen Pedalbewegungen fortsetzt. Das Klangspektrum reicht von teils gehauchten über abgehackte Töne bis zu kräftigen und schwungvollen Akkorden, die sich steigern, um in einem strahlenden F-Dur zu enden.

Ausnahme-Organist Paolo Oreni beherrscht sie alle, die sanften, leisen Töne bis zu den großen überbordenden Klängen. Er übertraf sich selbst im Schlussteil des Konzerts mit seiner improvisierten Symphonie mit den Sätzen Prelude, Scherzo, Adagio und Final. Seine Füße flogen über die Pedale, ruderten kreisförmig und in einer solchen Geschwindigkeit, dass beim Zusehen der Atem ins Stocken geriet.

Tosender Applaus und Kirchenbesucher, die sich von ihren Sitzbänken erhoben und dem Künstler dankten für einen außergewöhnlichen Konzertabend. Seiner fulminant improvisierten Symphonie ließ Paolo Oreni eine kurze Zugabe folgen.