Mit dem Urteilsspruch des Freudenstädter Amtsgerichts kann Familie Kneißler einen Schlusspunkt hinter die Kindesentführung setzen. Seine Mutter hatte den damals Dreijährigen nach einem Umgangsbesuch nicht mehr zum Vater zurückgebracht. Foto: Lück

38-jährige Frau entführt Sohn nach Rumänien. Mutter sieht Fehler ein. Kindeswohl entscheidend.

Freudenstadt - In Handschellen wurde die 38-jährige Angeklagte direkt aus der Untersuchungshaft in den Gerichtssaal geführt. Dort musste sie sich verantworten, weil sie ihren Sohn entführt hatte.

Im Mai vergangenen Jahres hatte die Frau ihren erst drei Jahre alten Sohn nach einem Wochenendbesuch nach Rumänien entführt ohne dessen Vater, mit dem sie sich seit der Scheidung das Sorgerecht teilte, zu benachrichtigen. Ein Jahr und vier Monate wusste der 38-jährige nichts über den Verbleib seines Sohnes. Eine groß angelegte Suchaktion und Aufrufe in der Presse blieben allesamt erfolglos. Auch ein Verfahren gegen die Eltern der Kindsmutter, nach der schließlich mit europäischem Haftbefehl gesucht wurde, führte zunächst nicht zum Erfolg. Bis sie an der rumänisch-deutschen Grenze festgenommen wurde.

Mutter: "Was ich gemacht habe, war nicht richtig"

"Ich habe mir viele Gedanken gemacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass es nicht richtig war, was ich gemacht habe", räumte die Angeklagte vor Gericht ein. Sie habe ihre Eltern angerufen und den Vater gebeten, sie und ihren Sohn abzuholen und nach Deutschland zurück zu bringen. An der Grenze wurde die Frau dann festgenommen und zunächst in ein rumänisches Gefängnis gebracht. Von da aus ging es direkt in Untersuchungshaft in ein deutsches Gefängnis.

Der heute vierjährige Sohn lebt nun wieder beim Vater, der nach der Kindesentziehung das alleinige Sorgerecht zugesprochen bekam. Das Kind spreche wieder fließend Deutsch, besuche den Kindergarten und habe dort Anschluss gefunden, sagte er als Zeuge vor Gericht aus. Eine Psychologin helfe dem Jungen, die Geschehnisse zu verarbeiten. Den "persönlichen Rachefeldzug" gegen seine Ex-Frau erklärte er für beendet. An einer strafrechtlichen Verfolgung habe er kein Interesse, das Kind sei wieder da, und das sei schließlich die Hauptsache.

Bereits im Vorfeld hatten sich Richter, Staatsanwalt und Verteidiger im Falle eines Geständnisses auf eine Bewährungsstrafe geeinigt.

Der Staatsanwalt beantragte, gegen die Angeklagte eine Freiheitsstrafe von acht Monaten zu verhängen und die Strafe zur Bewährung auszusetzen. Der Verteidiger schloss sich diesem Antrag an.

Der Tat waren heftige Streitigkeiten vorausgegangen

Amtsgerichtsdirektor Axel Benz sprach die Angeklagte der Entziehung eines Minderjährigen für schuldig und verurteilte die Frau, die sich bis dato nichts hatte zuschulden kommen lassen, zu einer achtmonatigen Freiheitsstrafe. Die Strafe wird auf zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Die 38-jährige, die wieder zu ihren Eltern zieht, bekommt einen Bewährungshelfer zur Seite.

Der Tat seien Streitigkeiten zwischen den ehemaligen Eheleuten vorausgegangen, die das gesamte Amtsgericht beschäftigt hätten, so der Richter. "Nach vielen Verfahren vor dem Familiengericht hat die Mutter etwas getan was sie nicht hätte tun dürfen. Wenn auch spät, so hat sie sich doch entschlossen, der Sache ein Ende zu machen", erklärte er in seiner Urteilsbegründung und gab beiden Elternteilen für das künftige Miteinander noch einen Rat mit auf den Weg: "Das Kindeswohl ist das Entscheidende – da muss ich meine eigenen Interessen zurück stellen."