Franziska Steinrauch debütiert mit ihrem Roman "Der kluge Säufer". Foto: Verlag

Autorin Franziska Steinrauch legt Erstling "Der kluge Säufer" vor. Beziehung zu Alkoholiker.

Freudenstadt - "Wenn die Sucht dich freigibt, dann ist das, als hättest du Gott gesehen", stellt die Ich-Erzählerin zum Schluss des Romans "Der kluge Säufer" erleichtert fest. Aber gemach, es werden schon warnende Stimmen laut, die einen Rückfall prophezeien.

Damit wäre der Eintritt in die Endlosschleife von Erniedrigung, Enttäuschung, Hoffnung und Depresssion wieder vollzogen.

Franziska Steinrauch, großteils in einer Freudenstädter Kreisgemeinde aufgewachsen, nun als Journalistin und Sachbuchautorin tätig, debütiert in diesen Tagen mit ihrem "Roman von Sucht und Liebe". Es ist das im Erzählstil verfasste Protokoll einer obsessiven Beziehung zwischen einer angehenden Reiseverkehrskauffrau und späteren anerkannten Autorin und dem Musiktherapeuten Enno. Viel von Schmetterlingen im Bauch ist in der Kennenlern-Phase die Rede.

18-Jährige gerät selbst in Gefahr

Der 28-jährige Enno, Geigenvirtuose und Komponist, vergisst sich völlig in seinem Liebesrausch und versteigt sich gar in eine Verschmelzung mit dem zehn Jahre jüngeren Mädchen: "Manchmal genügt es mir nicht, mit Dir zu schlafen, ich möchte Du sein." Aber die Schatten über dem Paar werden dichter. Dass ihr Geliebter ein akutes Alkoholproblem mit sich herumschleppt, wird zunehmend offenkundig. Enno leidet, wenn kein Alkohol im Haus und er pleite ist. Die junge Frau stellt sich demonstrativ an seine Seite, heiratet ihn und gerät selbst in Gefahr, diesen Teufelskreis nicht mehr durchbrechen zu können. Es gibt Phasen, in denen Enno tatsächlich eine Zeit lang trocken bleibt.

Ein Krankenhausaufenthalt als Folge eines Unfalls hilft dabei zwangsläufig, aber der Versucher lockt aus jeder Ecke. Beruflich veranlasste Trennungen bergen fortwährend die Gefahr von Rückfällen. So taumeln beide über dem Rand eines Abgrunds. Zu Ennos "Saufkrise" gesellt sich eine satte "Mutterkrise" als zusätzliche Belastung für die Beziehung. Die Kräfte der Erzählerin schwinden: "Er wusste, dass ich ihn verlassen musste, um mich zu retten." Aber die Hoffnung bleibt bestehen.

Franziska Steinrauchs Buch trägt deutliche biografische Züge. Absolut stilsicher bewegt sie sich im erzählerischen Raum. Da gibt es kein falsches Pathos und keine nur gut gemeinten, aber missglückten Ausdrucksübungen. Es ist schon klasse, wie sie die alles verschlingende Alkoholsucht charakterisiert: "Bruder Alkohol. Herrscher Alkohol. Richter Alkohol. Stifter Alkohol. Tröster Alkohol. Sanfter und zürnender Engel Alkohol. Den Säufern bist du Mann, Frau oder Kind, bist Liebe, Nahrung, Schlaf, Arbeit und Freude…" Selbst wenn sie intimere Vorgänge schildert, klingt dies keineswegs anstößig. Vielmehr steckt die Absicht dahinter, die Tiefe ihrer Beziehung, die trotz aller Widrigkeiten besteht, auszuleuchten.

Frauen wird gar nicht selten nachgesagt, sie betrachteten eine suchtgefährdete Beziehung als eine Art therapeutische Spielwiese, auf der sie ihrem Partner schon den rechten Weg zu weisen verstünden. Franziska Steinrauchs Roman verzichtet dagegen völlig auf einen missionarischen Anspruch. "Der kluge Säufer" ist ein ehrliches Buch über Selbsttäuschung, Scheitern und vorsichtigen Optimismus.

Das Buch:

Franziska Steinrauch: Der kluge Säufer – Roman von Sucht und Liebe. konkursbuch Verlag Claudia Gehrke Tübingen 2012. 224 Seiten Paperback. 9,90 Euro.