Der neue Roman von Autor Willi Keller spielt im Schwarzwald. Foto: privat Foto: Schwarzwälder Bote

Literatur: Romanautor Willi Keller lässt in der Region um den Nationalpark ermitteln

Es ist sein zweiter Krimi und gewiss keine leichte Kost bei allem Unterhaltungswert: Der Offenburger Autor Willi Keller setzt mit seinem neuen Roman "Tannenruh" das Ermittlerpaar Alban Berger und Tamara Bieger auf Ritualmorde in der Nationalparkregion an.

Region. Die beiden Mitglieder der Offenburger SoKo Gifizsee, die schon im ersten Krimi "Irrglaube" aus dem Jahr 2018 im Einsatz waren, werden mit grausamen Ritualmorden konfrontiert. Keller setzt damit einen Handlungsstrang in Szene, der offenbar mit anderen verzahnt ist. So sehen sich alle an der Aufklärung der Gewalttaten Beteiligten einer Gemengelage an Tatsachen, Vermutungen und Unwägbarkeiten gegenüber, die sie an ihre Grenzen bringt.

In 28 Kapiteln und einem Nachspiel entwirft Willi Keller ein kriminalistisches Panorama, das wegen seiner Verzweigungen die volle Aufmerksamkeit des Lesepublikums herausfordert. Der Autor verquickt Tatsachen und Fiktion so miteinander, dass sich der Roman auch als Politthriller erweist. Auf diese Weise verweigert sich "Tannenruh" als eine Lektüre, aus der man eben mal vor dem Einschlafen die Bettschwere schöpft.

Am Rand des Nationalparks Schwarzwald liegt das Hotel "Schatzhauser", in das sich ein argentinischer Gast einquartiert hat. Bei einem Waldspaziergang verunglückt er tödlich. Routinemäßig sollen Berger und Bieger den Fall bearbeiten. Dabei stoßen sie auf eine Menge Fragwürdigkeiten, Verdachtsmomente, Zusammenhänge. Der Argentinier wollte aus persönlichen Gründen die Hochwaldmorde aufklären, die sich am Ende des Zweiten Weltkriegs im Nordschwarzwald zutrugen und die bis heute ungeklärt sind. Welche Verbindung existiert zu den bestialisch Ermordeten, die in der Nähe des Hotels aufgefunden werden – mit einer Seite aus einer alten Elberfelder Bibel im Mund? Ist wieder die rechtsgerichtete christliche Terrorgruppe am Werk, die der angeblich morbiden Gesellschaft den blutigen Kampf angesagt hat?

Für das Buch hat er gründlich recherchiert

Berger und Bieger sehen sich in ihrer Arbeit auch als Spielball von Interessengruppen und Kompetenzwirrwarr in den Ermittlungsbehörden bis in die höchste Ebene. Darüber hinaus tragen sie selbst schwer an ihrem Rucksack mit persönlichen Problemen, die ihnen den Alltag schwer machen. Die beiden Ermittler zählen so gar nicht zu jenen coolen TV-"Bullen", die ihre Fälle mit Schüssen aus der Hüfte lösen. Keller scheut sich nicht, seine Ermittlerin in einen emotionalen Zustand zu versetzen, der sie als Kriminalistin disqualifiziert. So menschelt es allenthalben.

Keller hat für seinen in eineinhalb Jahren geschriebenen Roman aufwendig recherchiert. Demnach sind auch christliche Terrorgruppen und wirrköpfige Einzeltäter durchaus global präsent. Unzulänglichkeiten und schwerwiegende Fehler von Ermittlungsbehörden erweisen sich keineswegs als Fiktion, hat Keller im Zuge seiner Nachforschungen herausgefunden.

Der Autor greift in seiner Bibelfestigkeit, die sich in "Tannenruh" kundtut, auf seine Jugend in einem katholischen Internat zurück. Das ist ein Pfund, mit dem er bei den Mordmotiven wuchern kann. Dass eine der Figuren Parallelen zu den Polizeiaktionen im Raum Oppenau zulässt, ist zwar Zufall, zeigt aber, das Fiktion schnell von der Realität eingeholt werden kann.

Keller, pensionierter SWR-Redakteur, hat sich einen Namen gemacht als Autor sowie Sammler und Herausgeber von Sagen und Märchen aus der Region. Seine regelmäßigen öffentlichen Lesungen erfreuen sich großer Beliebtheit – sofern nicht gerade Corona das Zepter schwingt. Der Nordschwarzwald mit seinem Nationalpark und die angrenzenden Landstriche haben sich zu einem Hotspot von Kriminalgeschichten entwickelt. Eine Führungsrolle dabei darf der Freudenstädter Autor Bernd Leix für sich in Anspruch nehmen. Auch Willi Keller zeigt, dass er sich souverän im Metier bewegt.

Weitere Informationen: Das Buch: Willi Keller: Tannenruh. Schwarzwaldkrimi. Gmeiner-Verlag Meßkirch 2020. 343 Seiten Paperback. 14 Euro.