Hinter ihnen weht zuvorderst die japanische Flagge, über allem Tun schwebt das große Ziel der Olympia-Teilnahme in London. Bei der Reitschule Jung bereitet sich Kenki Sato, begleitet von seiner Frau Kiyo, und sein Wallach Chippieh auf die Spiele vor. Foto: Braun Foto: Schwarzwälder-Bote

Japaner Kenki Sato bereitet sich in der Reitschule Jung auf die Olympischen Spiele in London vor

Von Gerd Braun

Es ist praktisch ausgeschlossen, an Kenki Sato vorbei zu kommen, ohne von ihm freundlich lächelnd begrüßt zu werden. Außer vielleicht, wenn er gerade konzentriert im Dressur-Viereck hoch zu Ross unterwegs ist. In diesem Areal verfolgt der Japaner ein hohes Ziel: Die Teilnahme an den Olympischen Spielen in London.

Der große Traum von Olympia steht über allem, was der 27-Jährige Vielseitigkeitsreiter seit August 2011 in Horb-Altheim tut. Schon seit längerem, genauer gesagt seit gut drei Jahren, lebt Sato in Deutschland, wo er zuvor bei Dirk Schrade in Dortmund weitergebildet wurde. In Altheim lebt Kenki Sato, der aktuell am höchsten gehandelte japanische Vielseitigkeitsreiter, nun einen großen Traum.

"Für ihn ist es ein Traum, sich genau hier in diesem Reitstall auf Olympia vorbereiten zu können", erklärt Kenki Satos Frau Kiyo, die ihn fast seit Beginn seines Aufenthaltes in Deutschland begleitet, während ihr Mann nebenan von Michael Jung wieder einmal ein paar wertvolle Tipps bekommt. Den amtierenden Welt- und Europameister, auch für London 2012 ein hoch gehandelter Medaillenanwärter, sah der schlanke und vom täglichen Training doch kräftige Japaner zum ersten Mal in Schenefeld. Dort gewann der Altheimer die Deutschen Meisterschaften – und beeindruckte Sato sofort mit seiner Art des Reitens. Von da an wuchs sein Wunsch, von und bei Jung zu lernen.

In Aachen beim großen CHIO-Turnier im vergangenen Jahr, knüpfte Kenki Sato dann den persönlichen Kontakt mit Joachim Jung. Der signalisierte Bereitschaft, den Reiter, der unweit von Nagano als Mönch wirkt und damit in den Spuren des Vaters und des Großvaters schreitet, zusammen mit seinen zwei Pferden, Chippieh und Toy Boy, aufzunehmen. Für das Ehepaar besorgte Joachim Jung eine Wohnung, drei Auto-Minuten vom Reitstall entfernt, wo der zehnjährige Holsteiner-Wallach und der 13-jährige irische Wallach untergebracht sind.

"Wir haben eine unglaublich gute Komunikation", lobt Kenki Sato in japanisch eingefärbtem Englisch den reiterlichen Alltag im Hause Jung. Dass sich der Weltmeister und dessen Vater derart intensiv auch um ihn und seine Entwicklung kümmern, habe er nicht unbedingt erwartet. Vielmehr dachte er, dass sich Michael Jung noch deutlich längere Zeit auf Turnierreisen befinden würde. Doch auch die Zeit unterwegs können die beiden Reiter zusammen mit ihren Angehörigen mitunter teilen.

Am kommenden Wochenende wird Kenki Sato zum Beispiel bei der internationalen Marbacher Vielseitigkeit teilnehmen, wo auch Michael Jung einen der großen Vorbereitungswettkämpfe auf dem weg Richtung Olympische Spiele bestreiten wird. Wie man sich auf große Meisterschaften vorbereiten muss, weiß man in der Reitschule Jung, und von diesem Wissen hofft auch der japanische Gast profitieren zu können. Alles ist ausgerichtet auf die Zeit Ende Juli 2012.

Einmal, gesteht Kiyo Sato, habe die absolute Konzentration, die der Olympia-Teilnahme gilt, stark gewackelt. Nachdem sich am 11. März 2011 vor der japanischen Küste das schwere Seebeben ereignet hatte mit den bekannten Folgen des Tsunami und des Atomunfalls in Fukushima hätten sie schon lange mit sich gerungen, was sie denn nun tun sollen. "Einerseits wollten wir nach Hause zu unseren Angehörigen. Hier von Deutschland aus konnten wir ja nicht helfen", erinnert sich Pferdepflegerin Kiyo, die mit ihrem Mann während eines Turniers in Portugal von dem Unglück erfahren hat, "wir entschlossen dann nach langer Überlegung, hier zu bleiben und weiter das große Ziel Olympia zu verfolgen. Aber das war eine sehr schwere Zeit mit viel Sorge."

So blieb das Ehepaar mit seinen beiden Pferden in Europa, wo junge, ambitionierte japanische Reiter mehr oder weniger zwangsläufig hin müssen, um international konkurrenzfähig zu werden – während die Strahlenwolke im heimischen Japan Richtung Süden zog, statt westlich quer über das Land in Richtung des Reitstalls mit gut 40 Pferden, den sein Vater betreibt, getrieben zu werden.

Zweifel strahlt das Paar nun zumindest äußerlich keine mehr aus. Das große Ziel in London ist ja nun auch schon zum Greifen nahe. Was Kenki Sato bei den Wettbewerben im Greenwich Park erreichen möchte? Da gilt für ihn das olympische Motto: "Dabei sein ist alles". Gesund bleiben, starten, alle Verfassungsprüfungen bestehen, den Vielseitigkeitswettkampf möglichst bis zu Ende reiten – "und Olympia genießen", fügt er ausdrücklich hinzu.

Hinterher kann er eine zeitlang auch noch in Altheim das deutsche Bier genießen, das er, wie er betont, sehr möge. Erst im Winter soll es wieder heim gehen nach Japan, wo der reitende Mönch seinem Vater in dessen Reitstall helfen soll.