In reinen Fußgängerbereichen ist das Radfahren verboten. Doch im Schilderwald der sich alleine im unteren Bereich der Forststraße auftut, weiß der Radfahrer oft nicht mehr, wann er noch aus dem Sattel muss und wann nicht. Foto: Eberhardt

Stadtverwaltung bittet in Diskussionsrunde um Ideen und Vorschläge. Marktplatz bleibt harte Nuss.

Freudenstadt - Das städtische Radwegenetz beschäftigt viele Köpfe. Nun sollen abermals die Bürger zu Wort kommen. Bei einer Diskussionsrunde bat die Stadtverwaltung um Ideen und Vorschläge. Eine übersichtliche aber engagierte Versammlung war im Sitzungssaal des technischen Rathauses zusammengekommen, wo den Bürgern die bisherige Entwurfsplanung vorgestellt wurde. Denn mit Radwegen alleine ist es nicht getan, wie Bürgermeister Gerhard Link erklärte. Es gibt viele Partner, die harmonisch zusammengeführt werden müssten. "Radfahrer, Fußgänger, Autofahrer", zählte Link auf.

Schritte zur friedlichen Koexistenz aller Verkehrsteilnehmer und zu einem fahrradfreundlichen Freudenstadt präsentierten die Berater Dirk Kopperschläger und Julia Domko. Und bereits beim ersten Blick auf die vielen Karten, Grafiken und Fotos zeigte sich: Es gibt noch reichlich Potenzial. Bislang müssen sich Radler zwischen den Autos oder illegal zwischen den Fußgängern bewegen. Aber, so Dirk Kopperschläger, "wir wissen jetzt wo die Gefahrenpunkte sind". Diese liegen vor allem in Kreuzungsbereichen und Hauptverkehrsstraßen. Doch die Radler auf Seitenstraßen zu verbannen, hält Kopperschläger nicht für das richtige Signal: "Es ist möglich, die entsprechende Infrastruktur bereit zu stellen." Zum Beispiel in Form von Schutzstreifen, wie Kopperschläger anhand der Ludwig-Jahn-Straße simulierte. Links und rechts der Fahrbahn würde ein guter Meter für Radfahrer reserviert. Wird der Platz auf der Straße bei großen Fahrzeugen eng, dürfen diese auf den Schutzstreifen ausweichen. Angesichts des hohen Schülerverkehrs in der Ludwig-Jahn-Straße hatte SPD-Stadtrat Günter Braun bei dieser Variante "ein flaues Gefühl im Magen". Die Sicherheit liegt jedoch in der deutlichen Präsenz, wie Kopperschläger erläuterte: Auf dem Schutzstreifen ist ein Radler auch für einen Busfahrer deutlich im Blickfeld.

Ein fester, für Kraftverkehr gesperrter, Radfahrstreifen wäre in der Loßburger Straße installierbar und mit speziellen Abbiegestreifen könnte in Kreuzungsbereichen Sicherheit geschaffen werden. Insgesamt 60 Maßnahmen hatten die Berater zusammengetragen. "Überraschend gut", kommentierte ein Zuhörer das Konzept. Wird jenes tatsächlich realisiert, dann erhielte Freudenstadt eine solide Radinfrastruktur, in der sich ein Netz aus abgetrennten Radwegen, Schutzstreifen und gemeinsamen Fuß- und Radwegen entlang der Hauptachsen der Stadt erstrecken würde.

In einigen Einzelfällen, wo sich Radler und Autos die Fahrbahn teilen müssen, würden Tempo-30-Zonen eingerichtet. Eine harte Nuss bleibt jedoch der Marktplatz. Die dortige Tabuzone für Fahrräder ist vielen unverständlich. "Ihn zu sperren ist nicht förderlich für Bürger und Touristen", meinte auch Beraterin Julia Domko. Gleichzeitig wartet in der dahinter liegenden Forststraße, wo das Radeln alle paar Meter erlaubt und dann wieder verboten ist, die blanke Verwirrung. "Wir erziehen Radfahrer zu Verkehrsverstößen", fasste Polizeihauptkommissar Michael Klumpp die unglückliche Situation zusammen.

Dass die Stadtverwaltung aber gedanklich noch ein gutes Stück vom freien Marktplatz entfernt ist, zeigte die zögerliche Reaktion von Bauamtsleiter Rudolf Müller, als ein Zuhörer vorschlug, den Platz zur Interaktionsfläche für Radler und Fußgänger zu machen. "Manche Radfahrer sind rüpelhaft", schilderte Müller die Sorge, die ihn vor allem in Hinblick auf publikumsreiche Veranstaltungen plagt. Auch wenn die Causa Marktplatz noch nicht geklärt ist, mit dem Konzept soll zeitnah begonnen werden. Bereits für das nächste Jahr möchte man erste Mittel im Haushalt einstellen, so Müller. Der Zeitpunkt ist günstig. Sowohl Land als auch Landkreis überarbeiten derzeit ihre Radverkehrskonzepte. Freudenstadt ist nämlich unter anderem Knotenpunkt dreier Landesradwege und könnte folglich auch für das eigene Wegenetz von der allgemeinen Aufbruch-Stimmung in Sachen Radverkehr profitieren.