Christine Völker (links) und Diana Schmidt zählen beim Aufbau des ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienstes auf die Mithilfe von Ehrenamtlichen. Foto: Alt

Kinder- und Jugendhospizdienst nimmt Arbeit auf. Hemmschwellen abbauen und für Familien einfach da sein.

Freudenstadt - Erkranken Großeltern, Eltern oder gar Kinder lebensbedrohlich, steht die Familie meist vor dem Chaos. Hilfe, wenn das Familiengefüge auseinanderzubrechen droht, bietet der ambulante Kinder- und Jugendhospizdienst.Die Diagnose Krebs – um nur ein Beispiel zu nennen – fügt nicht nur dem Erkrankten Leid zu, auch Angehörigen, die sich nun mit dem nahenden Tod und dem Verlust eines geliebten Menschen auseinandersetzen müssen, haben schwer an solch einer Last zu tragen. "Vor allem, wenn Kinder von schweren Krankheiten oder Behinderungen betroffen sind, kann es passieren, dass die Geschwister auf der Strecke bleiben", erzählt Diana Schmidt, Koordinatorin des ambulanten Kinder- und Jugendhospizdientes des Malteser Hilfsdienstes. Sie hat seit Oktober 2012 den Dienst im Landkreis Freudenstadt aufgebaut und gemeinsam mit Christine Völker Schulungen für ehrenamtliche Paten organisiert. Träger des Hospizdienstes sind die Malteser, Schirmherr ist neben der Veronikastiftung auch Landrat Klaus Michael Rückert.

Elf Paten beenden am Wochenende ihre Ausbildung. Zwei sind bereits bei einer Familie aus dem Landkreis im Einsatz, begleiten diese, sind für die Familie während der schweren Zeit auch Fels in der Brandung.

"Der Bedarf ist da", begründet Schmidt ihre Arbeit. Dass diese gebraucht wird, zeigt die Statistik. Etwa 70 bis 80 Familien sind es im Landkreis, die sich entweder mit einem sterbenskranken Kind, einem schwersterkrankten Eltern- oder Großelternteil konfrontiert sehen und die Arbeit des ambulanten Kinder- und Jugendhospizdiensts in Anspruch nehmen können. Das ist übrigens auch der große Unterschied zu den im Landkreis tätigen sieben ambulanten Hospizgruppen, mit denen Schmidt und ihre Kollegen zusammenarbeiten: Während diese Erwachsene während ihres Sterbeprozesses begleiten, ist der Kinder- und Jugendhospizdienst auch für die gesunden Kinder und Jugendlichen da.

Eltern haben Schuldgefühl

"Erkrankt ein Familienmitglied schwer, haben die Eltern meist nicht die Zeit, den Bedürfnissen des gesunden Kindes nachzukommen. Soziale Kontakte bleiben auf der Strecke. Normale Dinge, wie ins Freibadgehen oder Fußballspielen sind nahezu unmöglich. Das Familienleben gerät meist vollkommen aus den Fugen", berichtet Völker. Die Eltern haben Schuldgefühle, weil sie ihrem Kind keine Normalität mehr bieten können. Eine Patin oder ein Pate, die sich in eine betroffenen Familie einbringt, sollte daher vor allem eines mitbringen: "Ein großes Herz am rechten Fleck", sagt Schmidt. Natürlich spiele auch der Faktor Zeit eine große Rolle. Wer sich auf die Familien einlasse – und diese Bereitschaft muss da sein –, kann nicht ständig auf die Uhr sehen. Im Gegenzug stehen Völker und Schmidt den Paten jederzeit für Gespräche bereit, denn die Erlebnisse in den Familien gehen manchmal ganz schön an die Nieren. Darüber hinaus geben monatliche Treffen und Fallbesprechungen Feedback. "Es muss schon sein, dass die Paten über Sorgen und Nöte sprechen können", betont Völker.

Die Arbeit der beiden engagierten Frauen kann noch Unterstützung vertragen, sagen sie. Weitere ehrenamtliche Paten sollen ausgebildet werden, und die werden noch gesucht. "Die Ausbildung der Paten, die wir im März begonnen haben, endet nun. Im September werden die Paten offiziell im Rahmen eines ökumenischen Gottesdienstes entsendet", sagt Schmidt. Sie hofft nun, dass sich viele Familien melden und den ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst in Anspruch nehmen. "Der kostet nichts", betont Schmidt, dass es eine finanzielle Barriere für die Familien eigentlich nicht geben dürfe.

Groß sei allerdings die Hemmschwelle, die es noch zu überwinden gelte. "Es fällt vielen schwer, sich nach außen zu öffnen und um Hilfe zu bitten. Viele denken, das kriegen wir selber hin, und wenn sie merken, dass das eben nicht der Fall ist, kann es schon zu spät sein", sagt Völker.

Weitere Informationen: Telefon: 07441/9150595, E-Mail: hospiz@malteser-freudenstadt.de, Internet: www.malteser-freudenstadt.de