Neue Sichtweisen: Drohnenbilder von der Nordstadt zeigte die Endura Kommunal am Bürger-Infoabend. Der Bezirk mit 2500 Einwohnern bietet gute Voraussetzungen für ein Quartierskonzept, schon durch die verdichtete Bebauung. Foto: Rath

Mehr als 100 Zuhörer beim ersten Infoabend. In wenigen Tagen soll Fragebogen-Aktion starten.

Freudenstadt - Das Projekt "Energetisches Quartierskonzept Nordstadt Freudenstadt" stößt auf Interesse. Zum Bürger-Infoabend am Mittwoch in der Theodor-Gerhardt-Schule kamen mehr als 100 Zuhörer.

Im Publikum saß auch Günter Dettmann, Bewohner der Nordstadt. "Ich finde die Idee nicht schlecht. Wir lassen uns mal überraschen, was geplant ist", so Dettmann. Dazu gab es am Abend weitere Details: Auf dem Podium saßen Vertreter der Stadt, der Stadtwerke Freudenstadt und der Endura Kommunal aus Freiburg, die das Projekt koordinieren soll. Ziel des Abends: Bewusstsein für das Vorhaben zu schaffen, das Interesse auszuloten und erste Fragen zu beantworten. "Die Bürgerbeteiligung steht im Mittelpunkt", sagte Bürgermeisterin Stephanie Hentschel zum Auftakt.

Der Stadt schwebt "etwas ganz Besonderes" vor: ein "zukunftsweisendes Quartierskonzept" für einen Stadtbezirk mit rund 2500 Einwohnern, das mehr umfasst als lediglich den Aufbau eines Nahwärmenetzes. Es soll auch um Sanierung, Klimaschutz, umweltfreundliche Energie, Infrastruktur für Elektromobilität und auch Breitbandverkabelung gehen; wenn die Straße schon aufgerissen würde, ließe sich Glasfaser gleich mitverlegen.

Kernstück ist der Klimaschutz

Kernstück ist laut Rolf Pfeifer, Geschäftsführer der Endura, dabei der Klimaschutz. Ein Konzept, das "Geldbeutel der Bewohner und Umwelt gleichermaßen schont". Denn die Wohnnebenkosten, in denen Heizung und Warmwasser den dicksten Block ausmachen, gelten mittlerweile als "zweite Miete". Voraussetzung ist, dass die Eigentümer und Mieter der Immobilien dort das überhaupt wollen. Und was genau sie wollen. Um das herauszufinden, startet die Endura in den nächsten Tagen eine Fragebogenaktion. "Es ist spannend, was dabei rauskommt an Problemen und Wünschen", sagte Rudolf Müller, Leiter des Stadtentwicklungsamts.

Die Nordstadt gilt als ideal für das erste Projekt dieser Art. Das Quartier ist dicht bebaut. Ein Großteil der Immobilien, darunter viele Mehrfamilienhäuser, stammt aus den 70er-Jahren und dürften von der Dämmung her nicht auf dem aktuellen Stand sein. In direkter Nähe steht das Panoramabad, das mit seinem Blockheizkraftwerk den Bezirk mit Wärme mitversorgen könnte. Den Stadtwerken brenne aber auch das Thema E-Mobilität unter den Nägeln. Wie viel Stromkapazität müsste geschaffen werden? Und wo müssten die Ladestationen hin?

Experte: Extremwetterlagen nehmen zu

Endura-Geschäftsführer Pfeifer sagte Stadt und Bürgern neutrale Beratung ohne wirtschaftliche Interessen zu. Einzige Motivation für die Endura sei der Klimaschutz. Denn der Klimawandel sei nicht zu leugnen, bestenfalls noch einzudämmen. Extremwetterlagen wie in Waldachtal nähmen zu. Wer wünsche, erhalte eine seriöse Vergleichsrechnung, ob sich ein Anschluss an ein Nahwärmenetz für ihn lohne. Wer nur den Brennstoff rechne, mache einen Fehler. Rücklagen für einen neuen Brenner und Kaminfeger-Kosten würden oft vergessen, genauso die Pflicht beim Einbau neuer Heizungen, 15 Prozent über erneuerbare Energien zu erreichen. "Wer am Nahwärmenetz hängt, ist da komplett raus", so Pfeifer. Natürlich werde niemand gezwungen, sich anschließen zu lassen.

Die Fragerunde wurde munter genutzt. Ob die Stadt ein Förderprogramm auflege, bleibe abzuwarten, sagte Müller. Warum sind auch Mieter eingeladen worden? "Um Misstrauen vorzubeugen", so Pfeifer, "wir haben nichts zu verbergen." Außerdem sollten Mieter wie Eigentümer von Wohnungen genau so bescheid wissen, was geht. Auch um nachhaken zu können, sollten das Thema und die Fragebögen bei der Hausverwaltung versanden. Jeder zahle schließlich Nebenkosten.

Die Endura erhofft sich bei der Fragebogen-Aktion eine Rücklaufquote von 30 Prozent. Dies wäre "ein guter Durchschnitt". Erste Ergebnisse der Analyse könnten im Dezember vorliegen, der Abschlussbericht dann im März nächsten Jahres. Bürgermeisterin Hentschel sagte, sie sei auch gespannt auf das Ergebnis, und ob die Stadt durch einen strukturierten und moderierten Ansatz weiterkommt mit ihren Bemühungen, lokalen Klimaschutz zu betreiben. "Carsharing konnten wir in Freudenstadt bislang nicht etablieren", so Hentschel, "vielleicht klappt das ja, wenn wir es mit Elektromobilität kombinieren."