Der Dressursieg bei den nationalen Sommerspielen in Bremen ebnete der Reiterin Tatjana Raible den Weg nach Athen. Foto: Privat Foto: Schwarzwälder-Bote

Zwischen den Jahren (6): "Griechisches" Weihnachtsfest steigert Vorfreude bei Tatjana Raible

Von Arno Schade

Solch ein Weihnachtsgeschenk bekommt man nicht alle Tage. Buchstäblich unter den Christbaum gelegt wurde der jungen Ergenzingerin Tatjana Raible die Bestätigung ihrer Teilnahme an den Special Olympics-Weltsommerspielen 2011 in Athen. Als eine von fünf deutschen Teilnehmern wird sie im Reiten an den Start gehen.

Lang war die Wartezeit auf den endgültigen Bescheid seitens der deutschen Special Olympics-Organisation, die den Sport für geistig behinderte Menschen organisiert. Bis zum 15. Oktober dauerte die Bewerbungsfrist, wobei eine erfolgreiche Teilnahme an den nationalen Special-Olympics-Spielen 2010 die Grundvoraussetzung war. Bestens erfüllt von Tatjana Raible, die sich in Bremen im Dressurwettbewerb Level B eine Goldmedaille gesichert hatte.

Dennoch waren sich weder die 20-Jährige, noch ihre Mutter Claudia Raible sicher, ob es mit der Teilnahme am Ort der Olympischen Spiele 2004 tatsächlich klappen würde. Zu unklar waren die Qualifikationskriterien, zu hart die Konkurrenz für die nur wenigen Startplätze bei den Reitern. Angekündigt wurde die Nominierung für Mitte Dezember, und so stieg ab dem 16. Dezember die Spannung im Hause Raible fast stündlich. Nicht auf die Ankunft des Christkindes, sondern des offizielles Briefes mit der Entscheidung aus Berlin.

Als das ersehnte Schriftstück mit positivem Bescheid dann am 20. Dezember tatsächlich im Postkasten lag, begann für Claudia Raible die "Geheimaktion Weihnachtsüberraschung" für die Tochter. Alle potenziellen Mitwisser wurden per SMS und Telefon dazu vergattert, bis zum 24. Dezember Stillschweigen zu bewahren. Eine ganz besondere Aufgabe für die Trainerin Christa Hinrichsen, die bei den am Mittwoch vor Weihnachten angesetzten Lektionen angesichts löchernden Fragen ihres Schützlings kräftig an sich halten musste. Zwischenzeitlich kamen auch Zweifel auf, ob nicht doch eine undichte Stelle entstanden war, "denn Tatjana war so gut drauf, fast als wenn sie den positiven Ausgang geahnt hätte", so ihre Mutter.

Die Bestätigung sollte dann aber nicht mehr lange auf sich warten lassen und kam zu einem ungewohnten Zeitpunkt. Die ansonsten übliche Weihnachtsdekoration an Heiligabend war im Hause Raible um einige griechische Flaggen ergänzt worden; im Weihnachtsteller lagen kleine Metaxa-Flaschen. Zum Salat gab es Schafskäse und beim Anstoßen hieß es nicht Prost, sondern Jamas. Und damit war die Katze aus dem Sack und die Freude bei Tatjana Raible natürlich riesengroß, als eine von nur zwei deutschen Reiterinnen ihr Land vertreten zu dürfen. Dazu reisen in Begleitung von zwei Trainern auch drei Reiter im Juni in Richtung Hellas.

Mit dabei in der deutschen Delegation ist dann auch Claudia Raible, die sich im Moment durch einen Wust von Dokumenten kämpft. Bis zum 15. Januar müssen die notwendigen Unterlagen abgegeben werden, "darunter Formblätter bis K, und teilweise drei bis vier Seiten." Auf die Weltsommerspiele vorbereitet werden die Delegationsmitglieder bei einem Treffen in Kassel. Für alle Athleten in den 21 von Deutschland beschickten Sportarten stehen zudem im Vorfeld noch Trainingslager und einige Wettbewerbe auf dem Programm. Für Tatjana Raible entscheidet sich dann, auf welchem Level sie sich dem Wettstreit mit der internationalen Konkurrenz im Markopoulo-Reitzentrum von Athen stellen wird. Insgesamt werden bei der wichtigsten Special Olympics-Veranstaltung dieses Jahres vom 25. Juni bis 4. Juli rund 7500 Athletinnen und Athleten aus 172 Ländern erwartet.

"Wir haben in den nächsten Tagen noch hundert Fragen, die beantwortet werden müssen", blickt Claudia Raible auf eine anstrengende Zeit voraus, die allerdings von der Vorfreude überlagert wird. Organisiert werden muss auch der Aufenthalt der Trainerin Christa Hinrichsen in der griechischen Metropole. Sie gehört dann zwar nicht zur deutschen Mannschaft, "aber sie muss einfach dabei sein", so Claudia Raible, "schon um die Pferde entsprechend beurteilen zu können." Die im Wettkampf eingesetzten Vierbeiner werden nämlich vom Veranstalter gestellt, - die in Bremen erfolgreichen "Padino" und "Enscho-Tschi" müssen also zu Hause bleiben. das aber kann Tatjana Raible nach diesem perfekten Weihnachten erst einmal verschmerzen.