Stimmenauszählung in Baiersbronn: Dort fiel das Votum gegen den Nationalpark besonders deutlich aus. Foto: Fritsch

Schwieriger Entscheidungsprozess zum Nationalpark. CDU fordert nach Bürgervotum Stopp des Projekts.

Kreis Freudenstadt - Die befragten Bürger haben mit deutlicher Mehrheit gegen einen Nationalpark gestimmt. Jetzt müssen sich die örtlichen Gremien positionieren – und manch ein Kommunalpolitiker gerät nun in die Zwickmühle.

Die Überraschung ist noch deutlich rauszuhören: Mit einer so großen Ablehnung des Nationalparks bei der Bürgerbefragung hatte kaum jemand gerechnet. Rund drei Viertel der Befragungsteilnehmer in der Region haben dem Park eine Abfuhr erteilt. Ist das ein klarer Bürgerauftrag an die Politiker vor Ort? "Ja", sagt der Freudenstädter Stadtrat und SPD-Fraktionsvorsitzende Eberhard Haug, der vom Befragungsergebnis in Freudenstadt geschockt ist.

Knapp 68 Prozent der Teilnehmer haben den Park abgelehnt, ein Votum, das für Haug Konsequenzen hat: Er sieht das Projekt zwar immer noch als eine "Initialzündung" für Naturschutz und Tourismus, doch er werde sich beim Thema Nationalpark künftig enthalten, kündigt er an.

Auch Freudenstadts Oberbürgermeister Julian Osswald betrachtet das deutliche Ergebnis als Auftrag der Bürger und glaubt, dass es auch die Gemeinderatsmitglieder nicht unbeeindruckt lassen wird. An seinem Gebietsvorschlag, die Nationalparkkulisse Richtung Bad Rippoldsau-Schapbach auszuweiten, will er jedoch festhalten: "Dieses Konzept macht für mich Sinn."

Andreas Bombel, Fraktionsvorsitzender der CDU im Freudenstädter Gemeinderat, glaubt, dass der Landtag den Nationalpark trotz der mehrheitlichen Ablehnung vor Ort beschließen wird und fordert: "Wenn der Park am Ruhestein kommen sollte, müssen die Maßnahmen gegen die von Nationalparkgegnern vorgebrachten negativen Auswirkungen wesentlich klarer im Gesetz und den Konzepten zum Management, Verkehr und Tourismus stehen." Schlecht wäre es, so Bombel, wenn Freudenstadt am Ende nur die Lasten eines Nationalparks tragen müsste, ohne im Nationalparkrat mitreden zu können und zu profitieren. "Daher werde ich mich für die Teilhabe an der Kulisse und das Mitspracherecht im Nationalparkrat einsetzen", sagt er.

"Gradmesser für die Stimmung vor Ort"

Gemeinderätin Beate Gaiser (Freie Wähler) stand dem Projekt schon immer skeptisch gegenüber und sieht sich in ihrer Haltung durch das deutliche Ergebnis bestätigt:: "Die Bürgerbefragung war für mich ein Gradmesser für die Stimmung vor Ort." Von der Landesregierung erwartet sie, dass diese Wort hält: "Es wurde immer gesagt, dass das Projekt nur kommt, wenn es von der heimischen Bevölkerung mitgetragen wird."

"Ich hätte niemals mit so einem Ergebnis gerechnet, da ich dachte, die Menschen seien mittlerweile bereit, ein kleines Stück Natur sich selbst zu überlassen", sagt Bärbel Altendorf-Jehle, Fraktionssprecherin der Bürgeraktion. Die Bürgeraktion habe sich von vornherein klar zum Nationalpark bekannt und werde dies auch weiterhin tun. Vielleicht wäre das Ergebnis anders ausgefallen, wenn das auch andere von Anfang an getan hätten, spekuliert sie. Sich kurz vor der Bürgerbefragung als Befürworter zu outen, sei leider zu kurzfristig gewesen, um der wochenlangen Angstmache Paroli bieten zu können.

Baiersbronns Bürgermeister Michael Ruf, der entgegen unserer gestrigen Berichterstattung auf der dritten Seite nicht CDU-Mitglied ist, sondern nach wie vor parteilos, will sich dem Bürgervotum persönlich beugen. 78 Prozent haben sich in seiner Gemeinde gegen den Nationalpark ausgesprochen. "Ich bin über die große Klarheit dieses Ergebnisses überrascht", kommentiert es der Bürgermeister. Am 28. Mai wird sich der Baiersbronner Gemeinderat in Sachen Nationalpark positionieren. "Das Befragungsergebnis sei dabei für die Ratsmitglieder aber nicht bindend, betont Ruf, das habe das Gremium von Anfang an so festgelegt.

Die Baiersbronner CDU bezieht jedoch schon klare Position: Sie fordert Ministerpräsident Winfried Kretschmann auf, das Thema Nationalpark zu stoppen. Eine Regierung, die sich selbst als Bürgerregierung bezeichne, könne nach diesem Ergebnis nicht mehr eine entsprechende Gesetzesvorlage in den Landtag einbringen, ohne komplett unglaubwürdig zu werden, so der CDU-Vorsitzende Markus Schindele und der CDU-Fraktionsvorsitzende Michael Ruoss.

Jörg Marx, Fraktionssprecher der Baiersbronner SPD, will die Flinte hingegen nicht so schnell ins Korn werfen und schlägt stattdessen vor, den Diskussionsprozess über das Projekt neu aufzurollen. "Mir ist es wichtig, dass der Nationalpark kommt, aber ich verkämpfe mich nicht dafür, dass er irgendwo hinkommt, wo man ihn nicht will", sagt er mit Blick auf die Kulissensuche.

Auch Karlheinz Nestle (Freie Wähler) sieht den Nationalpark als Chance. Das Bürgervotum lässt ihn allerdings nicht kalt: "Ich fühle mich an das Ergebnis gebunden", sagt er mit Blick auf die Positionierung des Baiersbronner Rats.