Agrarminister Alexander Bonde: "Ich freue mich, dass sich so viele Bürger mit ihren Fragen einbringen." Foto: dpa

Grün-Rot hat via Internetportal Meinungsforschung betrieben, nun fehlen Beiträge. Erler: "Von Zensur kann überhaupt keine Rede sein".

Freudenstadt/Stuttgart - Der Satz ist kurz und einprägsam. "Wir werden Brücken bauen, um die Spaltung unserer Gesellschaft zu überwinden." So steht es in der Präambel, die sich Grüne und SPD bei der Unterzeichnung ihres Koalitionsvertrages 2011 gaben. Zumindest beim Thema des geplanten Nationalparks im Nordschwarzwald scheinen Anspruch und Wirklichkeit aber kaum noch vereinbar zu sein. Denn hinter den Kulissen tobt ein erbitterter Kampf zwischen Befürwortern und Gegnern des Projekts. "Lange bleiben die Bürger nicht mehr friedlich! Es kocht in nahezu jedem", droht ein Bürger auf dem eigens von der Landesregierung eingerichteten Beteiligungsportal.

Eine Einzelmeinung? Keineswegs. Hunderte Bürger haben sich in den vergangenen Wochen via Internetportal zu Wort gemeldet. Allein, der Bürger erhält von der Regierungszentrale, wo die Online-Plattform bei der eigens für Bürgerbeteiligung zuständigen Staatsrätin Gisela Erler (Grüne) betreut wird, keine Antwort. Kritiker des Nationalparks sehen in diesem Vorgang, in dem Bürger vergeblich auf die Beantwortung ihrer Frage warten, den Beleg dafür, dass die Landesregierung die Projektgegner inzwischen am liebsten ignoriert.

Grün-Rot bestreitet das. Man sei an der Meinung der Bürger interessiert, beteuert ein Sprecher von Landwirtschaftsminister Alexander Bonde (Grüne) auf Nachfrage unserer Zeitung und verspricht: "Alle Beiträge, die eingegangen sind, werden jetzt ausgewertet. Dann wird der Gesetzentwurf gegebenenfalls angepasst."

Aber wird die Landesregierung wirklich alle Beiträge aus dem Online-Portal auswerten, um mögliche strittige Punkte im Gesetz zu entschärfen, um etwaige Alternativvorschläge einzuarbeiten? Recherchen unserer Zeitung haben ergeben, dass mindestens 32 Meinungsbeiträge aus dem Online-Forum gelöscht wurden.

Doch in der Regierungszentrale von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) weist man den Vorwurf der Einflussnahme auf das Meinungsbild zurück. "Von Zensur kann überhaupt keine Rede sein", sagt ein Sprecher von Staatsrätin Erler. Man habe "nur drei Kommentare" löschen müssen, weil es sich dabei um ehrverletzende Äußerungen gehandelt habe. "Da haben wir die Pflicht gehabt, einzugreifen." Mit diesem Argument hatte die Landesregierung schon Vorwürfe zurückgewiesen, die CDU-Fraktionschef Peter Hauk im Gespräch mit unserer Zeitung erhoben hatte. Was aber geschah mit den anderen Meinungsbeiträgen, deren Nummer in der Registrierliste nunmehr fehlt? "Da haben die Autoren ihren Text selbst zurückgezogen", betont der Sprecher von Erler.

Bei der Landtagsopposition wird diese Sichtweise bezweifelt. "Wenn man schon von Bürgerbeteiligung und Offenheit redet, sollte man auch transparent damit umgehen", sagt beispielsweise der Landtagsabgeordnete Patrick Rapp aus dem Breisgau, Fachmann bei der CDU für das Thema Nationalpark.

So sehen das auch zahlreiche Bürger, die sich inzwischen auf der Plattform zu Wort gemeldet haben und sich wundern, wie schnell positive Aussagen zum Nationalpark in der Bewertung nach oben rutschen und kritische Anmerkungen herabgestuft werden.

Landwirtschaftsminister Bonde scheint trotzdem mit der Resonanz auf dem Portal hochzufrieden und mag von Problemen nichts wissen: "Ich freue mich, dass so viele Bürger die Gelegenheit nutzen, um sich mit ihrem Wissen und ihren Fragen einzubringen." Damit, so Bonde, werde der Gesetzentwurf sicher "noch besser".