Die neue Kanzlei der zwei freiberuflichen Notare in Freudenstadt befindet sich in der Ludwig-Jahn-Straße. Fotos: Breitenreuter Foto: Schwarzwälder Bote

Notariate: Immobilienmakler mit derzeitiger Situation unzufrieden / Grundbucheinsichtsstellen in Freudenstadt und Horb

Sie wird als die größe Reform in der Geschichte der Justiz in Baden-Württemberg bezeichnet. Doch die Auflösung der staatlichen Notariate ist für den Freudenstädter Immobilienmakler Theodor Deeg nicht nachvollziehbar und behindert sein Geschäft.

Freudenstadt. Auf dem Papier ist die Notariatsreform seit Jahresbeginn vollzogen, doch in der Ptaxis läuft wohl noch nicht alles rund. Die bisherigen Bezirksnotariate in Freudenstadt, Baiersbronn, Pfalzgrafenweiler, Dornstetten, Alpirsbach und Horb wurden aufgelöst. Jetzt gibt es in Freudenstadt zwei freiberufliche Notare und in Horb einen.

Theodor Deeg wartet seit fünf Wochen auf einen Beurkundungstermin. Schon vor dem Jahreswechsel waren die staatlichen Notariate wegen der Reform überlastet. Sie mussten beispielsweise Akten des Grundbuchamts aussortieren, weil diese nach Kornwestheim überführt wurden.

Probleme bei den Grundbuchauszügen

Auch in anderen Fällen, wie bei der Beurkundung eines Grundstückverkaufs eines französischen Staatsbürgers, sei er von einigen Notariaten abgewiesen worden, schildert Deeg. Er sieht die freiberuflichen Notare schon jetzt überlastet. Bereits vor 14 Tagen habe er gesagt bekommen, dass es im Januar in Freudenstadt keine Termine mehr gibt. Der Immobilienmakler wundert sich nicht. Allein in Freudenstadt habe es früher vier Notare gegeben – alle mit einem eigenen Mitarbeiterstab. "Jetzt sollen die beiden Notare mit ihren Mitarbeitern alles schultern."

Probleme sieht Theodor Deeg nicht nur bei den Beurkundungen, die das Kerngeschäft eines Notars sind. Auch wenn Auszüge aus dem Grundbuch notwendig sind, dauere es länger, weil sie erst vom Notar beim Amtsgericht in Sigmaringen angefordert werden müssen, wo sie verwaltet werden. Zwei Wochen habe er kürzlich auf einen Grundbuchauszug warten müssen, früher habe das zwei Tage gedauert, so Deeg. Dabei gebe es derzeit einen Boom auf dem Immobilienmarkt. Für jede Transaktion seien notarielle Schritte notwendig, weiß Theordor Deeg. Vier Verträge liegen derzeit bei dem Freudenstädter Immobilienmakler auf Eis.

Auch bei den Kommunen, beispielsweise in den großen Kreisstädten Freudenbstadt und Horb, wird es Grundbucheinsichtsstellen geben. Diese sei in Freudenstadt gerade im Aufbau, erläutert Rudolf Müller, Leiter des Amts für Stadtentwicklung in Freudenstadt. Bei einem "berechtigten Interesse" könnten Bürger und auch Makler Einsicht in die Grundbücher nehmen. Dies laufe auf elektronischem Weg und sei vom Handling her kein Problem. In welchem Amt die Stelle eingerichtet wird, sei noch nicht geklärt. Würden aber Handakten von einem Grundstück benötigt, so müsse man sich direkt nach Sigmaringen wenden, so Müller.

Zustand kann so nicht bleiben

Für Theodor Deeg ist klar, dass der momentane Zustand so nicht bleiben kann. Personell werde sich bei den Notaren noch einiges ändern müssen. Die Reform hätte man seiner Meinung nach anders angehen können. Auch den Zeitpunkt der großen Umstrukturierung zum Jahresende hält Deeg für falsch. Denn gerade zum Jahresende habe man viele Käufe und Verkäufe mit allen dazugehörigen Abrechnungen, die alle abgewickelt werden müssen. Dazu brauche man die Notare.

"Ob das alles hätte sein müssen, weiß ich nicht", sagt der Immobilienmakler. "Never change a winning Team" sei ein Grundsatz, der auch beim Land Baden-Württemberg gelten sollte, meint er. Mit Blick auf die anderen Bundesländer, in denen es längst keine staatlichen Notariate mehr gibt, sagt er: "Dann wäre Baden-Württemberg eben ein Sonderfall geblieben." Doch gerade dieser Sonderstatus sollte auf Anstoß der EU mit der Reform beseitigt werden.

Einnahmequelle geht verloren

Immobilienmakler Hans-Dieter Funk aus Freudenstadt sagt zur Notariatsreform ebenfalls: "Ganz verstehen werde ich es nicht." Die Notariate seien auch eine Einnahmequelle des Staats gewesen. Negative Auswirkungen erwartet auch Funk durch die Ausgliederung der Grundbücher und die neue Zuständigkeit beim Amtsgericht Sigmaringen. Bisher seien etwa zehn bis 20 Makler auf ein Notariat gekommen, jetzt zentriere sich alles. Auflassungsvormerkungen, die zur Sicherung künftigen Eigentumserwerbs notwendig sind, dauerten wesentlich länger, so Funks Erfahrung. Er bezweifelt zudem, dass analog der Mehrarbeit bei den jetzt zuständigen Stellen auch mehr Personal eingestellt wurde. "Zentralisierung kostet Zeit", meint er.

Die Notare:

Nach der Notariatsreform gibt es in Freudenstadt jetzt zwei freiberufliche Notare. Christoph Harryers (früher im Notariat Bad Teinach-Zavelstein tätig) und Jörg Franzke (früher Notariat Freudenstadt) arbeiten zusammen in einer Kanzlei in der Ludwig-Jahn-Straße 21 im ehemaligen Gebäude der Telekom. In Horb ist der bislang am Notariat angestellte Notar Markus Ettwein selbstständig an der Adresse Rauher Grund 13/1 auf dem Hohenberg tätig.

Die Zuständigkeiten:

Für eine Testamentseröffnung oder andere Nachlassangelegenheiten nach einem Todesfall müssen die Angehörigen künftig beim Amtsgericht in Freudenstadt erscheinen. Die Meldung eines Todesfalls geht jedoch weiterhin an das zuständige Standesamt, das dann das Amtsgericht informiert. Die dafür zuständigen Abteilungen des Amtsgerichts sind in Freudenstadt im ehemaligen Notariatsgebäude in der Bahnhofstraße/Ecke Reichsstraße untergebracht. Für Betreuungsangelegenheiten ist für den gesamten Landkreis das Amtsgericht in Horb zuständig.