Der neue Ortsvorstand bestimmt für vier Jahre die Aktionen der IGM-Geschäftsstelle Freudenstadt. Foto: Ziegler Foto: Schwarzwälder Bote

Wirtschaft: IG Metall sieht erste Anzeichen für geplanten Arbeitsplatzabbau / Versammlung in Horb mit Wahlen

Die Geschäftsstelle Freudenstadt der Gewerkschaft IG Metall stellt sich auf einen "Kampf um Arbeitsplätze" ein. Dies wurde in der Delegiertenversammlung in Horb deutlich.

Region. Georg Faigle, zweiter Bevollmächtigter, gedachte in seiner Begrüßung der 286 in der letzten Amtsperiode verstorbenen Kollegen. Die Mitgliederentwicklung zuletzt sei "wenig befriedigend". Er appellierte an alle, den Einsatz für die Kollegen im Betrieb und in der Gesellschaft offensiv in die Öffentlichkeit zu tragen. Die Kampfkraft hänge von der Mitgliederzahl ab. Jugend und Ausbildung hätten höchste Priorität. Deshalb habe die Geschäftsstelle die Stelle der Jugendbeauftragten mit Margit Schmitt neu besetzt.

Wie wichtig eine unabhängige Organisation sei, betonte auch die erste Bevollmächtigte Dorothee Diehm. In Agitationen und Streiks habe die IGM 32 Millionen Euro "reingebuttert". Die Demonstration am 29. Februar auf dem Freudenstädter Marktplatz für Respekt und Solidarität sei ein beeindruckendes Beispiel dafür gewesen. In der Rezession müsse sich die Demokratie behaupten. Die wirtschaftliche Situation sei nach zehn erfolgreichen Jahren nun "markant schwächer" geworden. Gewerkschafter müssten nun in der Kampagne "Solidarität gewinnt" zusammen stehen. Zehn Millionen Kurzarbeiter habe sich Anfang des Jahres niemand vorstellen können. Die Betriebsräte hätten bisher einen tollen Job geleistet, die Betriebe am Laufen zu halten.

"Ihr seid der Tarif", rief sie den Kollegen zu. Von ihnen hänge es ab, ob die Beschäftigten 40 Prozent ihres Einkommens einbüßten oder "dank starker gewerkschaftlicher Betriebsräte kräftige Zulagen" erhielten. In kritischen Gesprächen habe sie sich mit den SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans zu dem Konjunkturpaket auseinandergesetzt. Die IGM trete für eine technologieneutrale Umweltprämie ein. Corona spüle die Missstände der Politik hoch. Kinder seien durch die Schulschließungen sozialen Ungleichheiten ausgesetzt und im "Funkloch Deutschland erbarmungslos abgehängt".

Es gebe 25 Prozent weniger Ausbildungsplätze als im Vorjahr. Dies gefährde die berufliche Zukunft der jungen Menschen. Es werde "schmutzig im Arbeitsleben", befürchtete Diehm. Arbeitgeber hätten ankündigten, ihre Fixkosten zu senken. Da beginne ein Kampf um Arbeitsplätze. Wohin Arbeitsbedingungen ohne Betriebsrat und Tarifvertrag führten, machten die Zustände in den Schlachthöfen "gerade erschreckend deutlich". Die Kosten der Konjunkturrettung dürften nicht auf Beschäftigte oder sozial Benachteiligte abgewälzt werden.

Krisenbedingt fielen viele Betriebsversammlungen im ersten Halbjahr aus. Um so mehr gewinne virtuelle Kommunikation an Bedeutung, welche die Geschäftsstelle intensiv betreibe und noch weiter ausbaue. Stimmungs- und Entscheidungsabfragen erfolgten verstärkt online und verdeutlichten, mit welchen Forderungen die Kommissionen in die anstehenden Tarifrunden gingen. Ralf Kühnle verwies auf die Schwierigkeiten bei der Wiederaufnahme nach dem "Corona-Koma" und warb um Respekt und Belegschaftsfrieden unter vielen Nationalitäten.

Mit einer Zustimmung von 87 Prozent bleibt Dorothee Diem erste Bevollmächtigte und Kassiererin der IG Metall Freudenstadt. Georg Faigle wurde als hauptamtlicher zweiter Bevollmächtigter mit 82 Prozent im Amt bestätigt.

Andreas Ziegler informierte über die digitalen Schritte, die die IG Metall in den vergangenen Monaten unternommen hatte. Dazu zählten Newsletter, Videokonferenzen und die virtuelle Rechtsberatung, die viel in Anspruch genommen worden sei. So sei es auch in der Pandemie möglich gewesen, viele Leute auf bislang ungewöhnliche Art zu erreichen. Die Vertrauensleute in den Betrieben sollten diese Kontaktgelegenheit nachdrücklich bewerben.

Laut Bezirkssekretär Kai Burmeister stehe die sorgenvolle Frage im Raum, wie es mit der Autoindustrie weiter gehe. Unternehmen kündigten schon Verlagerungen und Abbau von Produktionsstellen an, ein Verlust von Arbeitsplätzen drohe. Versuche, das Kräfteverhältnis der Tarifpartner zu verschieben, müssten verhindern werden. Es gelte nun, sich für den Erhalt von Arbeitsplätzen und Einkommen einzusetzen.

Die Delegierten verabschiedeten zwei Resolutionen zur Solidarität. An die Adresse der Arbeitgeber fordert die Gewerkschaft, Arbeitsplätze und Lehrstellen zu sichern, auf Verlagerungen zu verzichten, Mitarbeiter für die Kinderbetreuung mit einer Entgeltsicherung in Höhe von 87 Prozent netto freizustellen, Mitarbeiter zu qualifizieren und auf Personalabbau zu verzichten. Verabschiedet wurde außerdem eine Resolution für Menschlichkeit und Solidarität sowie gegen Rassismus und Hass.

Elf Beisitzer bilden in den nächsten vier Jahren den Ortsvorstand der IG Metall: Marco Eberhardt, Jens Erdmann, Britta Flaig, Hartmut Friesinger, Josef Fuderer, Siegfried Herbstreit, Frank Kern, Ralf Kühnle, Monika Lange, Alexander Plaz und Fabrizio Totaro.

In die Bezirkskonferenz wurden wurden folgende Mitglieder berufen: Ralf Kühnle, Alexander Plaz, Frank Kern, Dorothee Diehm und Jens Erdmann. Ersatzdelegierte sind Edin Aljkovic, Georg Faigle, Siegfried Herbstreit, Monika Lange und Fabrizio Totaro.

Die Tarifkommissionen bilden: Metall- und Elektroindustrie: Alexander Plaz (Bosch-Rexroth), Hartmut Friesinger (Ceratizit), Fabrizio Totaro (Wagon Automotive), Mathias Werth (Junghans microtec), Dorothee Diehm (IG Metall) und Frank Rauscher (Woodward L’Orange). Textil- und Bekleidungsindustrie: Ulrike Schuny (Digel) und Norbert Maier (Digel). Holz- und Kunststoffverarbeitende Industrie: Stefan Prutscher (IG Metall), Rüdiger Lambert (Rolf Benz) und Petra Ruckgaber (Rolf Benz).