Der neue Dirigent Ralf Breßlein mit der Stadtkapelle bei einem der ersten Konzerte in einem Autohaus in Pfalzgrafenweiler. Foto: Altendorf-Jehle Foto: Schwarzwälder Bote

Interview: Ralf Breßlein ist der neue Dirigent der Stadtkapelle Freudenstadt / Ernsthaftigkeit ist ihm wichtig

Freudenstadt. Die Stadtkapelle Freudenstadt hat einen neuen Dirigenten. Ralf Breßlein hat die Nachfolge von Rainer Neher angetreten. Beim Konzert zum neuen Jahr am 30. Dezember im Theater im Kurhaus wird er mit dem Orchester seinen ersten großen Auftritt haben. Ralf Breßlein ist 45 Jahre alt und wohnt in Bad Peterstal. Derzeit leitet er neben der Stadtkapelle noch zwei weitere Musikvereine. Er hat Querflöte und Saxofon gelernt, später noch Trompete. Wir sprachen mit dem neuen Dirigenten.

Was waren Ihre Beweggründe sich bei der Stadtkapelle zu bewerben?

Ich dirigiere nun schon seit über 20 Jahren. Zuletzt war ich aber mit mir und den musikalischen Ergebnissen unzufrieden. Daher habe ich nach einer passenden Weiterbildungsmöglichkeit gesucht und sie in der Deutschen Dirigentenakademie gefunden. Dort habe ich verschiedene Kurse belegt und zuletzt auch ein Masterstudienjahr im Einzelunterricht absolviert. Das neue und zusätzlich Erlernte wollte ich natürlich nicht nur für mich behalten und so kam die Stellenanzeige der Stadtkapelle Freudenstadt wie gerufen. Die musikalische Ausrichtung der Stadtkapelle ist mit Jahreskonzert, Kirchenkonzerten und Unterhaltungskonzerten im Kurhaus übers Jahr hinweg eher konzertant – das hat mich sehr angesprochen.

Was war ausschlaggebend, dass Sie dann auch zugesagt haben?

Vor dem Probedirigat habe ich mir die Stadtkapelle bei einem Kirchenkonzert angehört. Auch wenn das Musizieren im Verein "nur" Hobby ist, so ist mir eine Ernsthaftigkeit im Tun sehr wichtig. Dieser gemeinschaftliche Wille nicht nur einfach zu spielen, sondern wirklich schön zu musizieren habe ich im Probedirigat wahrgenommen – und ich glaube genau da kann ich helfen.

Wo möchten Sie die Stadtkapelle hinführen?

Als Dirigent sehe ich mich nicht als der "Befehlsgeber", sondern eher als "Feedbackgeber". Mir ist es wichtig, dass die Musikerinnen und Musiker lernen, während dem Musizieren möglichst selbstständig miteinander agieren. Oder anders ausgedrückt: Es macht ein Unterschied, ob 50 Musiker gleichzeitig am selben Ort das gleiche Stück spielen oder ob 50 Musiker gemeinsam als ein Orchester musizieren.

Zum Jahreskonzert werden viele kommen, um zu sehen, was der "Neue" bringt. Können Sie schon etwas darüber verraten?

Nö (lacht). Vielleicht ein Satz: Es geht um die Vielfalt unseres Lebens.

Welche Schwerpunkte legen Sie in die Jugendarbeit?

Das Allerwichtigste ist Jahr für Jahr am Ball zu bleiben und Nachwuchsmusiker zu finden. Hierzu müssen alle Möglichkeiten genutzt werden. Darüber hinaus ist es wichtig, dass die Jugendlichen eine hervorragende Ausbildung erhalten als Grundlage für eine hohe Qualität der Stadtkapelle.

Was bedeutet die Musik für Sie?

Musik ist für mich die schönste Art nonverbal miteinander zu kommunizieren. Beim Musizieren erzählen wir eigentlich immer gemeinsam eine bestimmte Geschichte und versuchen sie mit den unterschiedlichsten Klangfarben unter Einhaltung der Vorgaben von Rhythmus, Artikulation, Dynamik, und Tempo so interessant und verständlich zu präsentieren, damit die Zuhörer sich daran erfreuen und hoffentlich mit Applaus antworten.

Was ist Ihr Lieblingsstück?

Ich habe keine besondere Präferenz für ein bestimmtes Musikstück oder Genre. Musik ist Klang – die Arbeit am "Schönst-Klang" ist für mich deshalb das Vordringlichste. Wenn ein Musikstück schön klingt, dann bin ich zufrieden und glücklich, da muss es kein Lieblingsstück sein.

Welchem Instrument nötigt Ihnen besonderen Respekt ab?

Die Orgel. Sie wird zurecht als Königin der Instrumente bezeichnet. Dabei habe ich nicht nur Respekt vor dem Instrument, sondern besonders vor denjenigen, die es zum Leben erwecken. Ich habe selbst eine zeitlang Orgel gespielt, war aber nie wirklich zufrieden mit meinem eigenen Spiel und habe es letztlich wieder aufgegeben. Man kann und muss eben nicht alles können.

Haben Sie als Kind gerne geübt?

Zumindest war es so, dass ab dem Zeitpunkt als ich endlich im Orchester mitspielen durfte, ich immer alles drangesetzt habe, meine eigenen Noten gut zu können. Mir war es oberpeinlich, wenn es in einer Gesamtprobe offensichtlich für alle hörbar war, dass ich noch nicht einmal meine eigenen Noten kann. So konnte ich dem orchestralen Klang überhaupt nicht dienlich sein – also habe ich geübt und geübt.

Und wie ist es heute?

Als Dirigent sieht das Üben anders aus. Aber ja, ich übe fast täglich. Zum einen ist das die Werkerarbeitung und eine Erarbeitung einer Klangvorstellung der Musikstücke – zum anderen dann die Optimierung der Schlagtechnik des Dirigierens.