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Monster-Jagd auf dem Marktplatz. Arenen beim Rathaus und nahe des Stadtbahnhofs.

Freudenstadt - Es ist ein häufiges Bild: Jugendliche gehen durch die Stadt, den Blick auf das Smartphone gerichtet. Sie spielen das neue Handy-Spiel Pokémon Go und ziehen bei ihrer Jagd nach den Wesen in Scharen über den Marktplatz.

Nikolai Huss verrät, wie das Spiel funktioniert. Das Rathaus ist bei Pokémon Go eine Arena, in der Pokémon gegeneinander kämpfen. Beim Vogelbrunnen auf dem Marktplatz befindet sich ein Poké-Stop. Die Spieler erhalten dort Objekte wie Pokébälle. Auf dem gesamten Markplatz und darum herum können Spieler die bunten Fantasiewesen finden und mit den Pokébällen einfangen.

Pokémon Go verwandelt Freudenstadt in eine große Spielfläche. Ziel ist es, möglichst viele Pokémon zu sammeln und zu trainieren. An den unterschiedlichsten Orten können die Kreaturen auf dem Handy entdeckt werden.

Für jedes gefangene Pokémon erhält der Spieler Bonbons. Mit denen können die kleinen Monster aufgewertet und gestärkt werden. Ab dem fünften Level können die Spieler einem von drei Teams beitreten. "Diese kämpfen gegeneinander und versuchen, die Arenen für sich einzunehmen", erklärt Nikolai.

Er spielt Pokémon Go seit gut zwei Wochen. Seitdem ist er nur wegen des Spiels 60 Kilometer gelaufen. Einmal sogar zehn Kilometer an einem Tag. Dabei hat er gut 330 Pokémon gefangen. Sein bestes Pokémon liegt momentan bei Level 840 – und gehört damit zu den Besten im Kreis.

Nikolai kennt das Spiel von seiner Kindheit: "Ich habe früher viel mit Pokémon-Karten gespielt." Das Schöne sei, dass die Entwickler bis zur Musik alles von dem alten Spiel übernommen haben. Das wecke Nostalgie. Deswegen spielten viele Jugendliche und Erwachsene Pokémon Go – und nicht nur Kinder.

Wenn Nikolai auf Pokémon-Suche geht, orientiert er sich meistens an sogenannten Lock-Modulen. "Sie werden von Spielern platziert und locken viele Pokémon an", erklärt Nikolai. "In Freudenstadt trifft man die meisten Pokémon bei den Fontänen oder auf dem Kienberg. Allerdings hat jeder Spieler seinen eigenen Geheimtipp. Es lohnt sich jedoch immer, in der Stadtmitte zu suchen."

Seltene Pokémon sorgen für Menschenansammlungen

Übrigens: Es ist nicht möglich anderen Spielern ein Pokémon wegzuschnappen. Wenn ein Pokémon an einer Stelle erscheint, kann jeder Spieler es auf seinem Handy fangen. Daher entstehen an einem Ort, wo sich ein besonders seltenes Pokémon befindet, manchmal richtige Menschenansammlungen. "Ich bin hier schon auf eine Gruppe von mehr als 30 Leuten gestoßen", berichtet Nikolai. Um sich über die Standorte von seltenen Pokémon auszutauschen, gibt es viele Gruppen auf Facebook. Nikolai Huss hat die Freudenstadt-Gruppe gegründet, die derzeit mehr als 100 Mitglieder hat. In der Gruppe tauschen sie sich über ihre Pokémon aus, schreiben, wo sich ein besonders Pokémon befindet, oder verabreden sich zur Jagd. Mittlerweile kennen sich die Spieler untereinander.

Nikolai spielt für das Team Blau. Allerdings sieht er den Kampf zwischen den Teams nicht so eng: "Wir sind keine Feinde, sondern Rivalen. Wir verstehen uns gut und gönnen uns gegenseitig den Sieg." Eine Arena zu erobern, sei relativ einfach, doch sie zu halten, sehr schwer. Zwar werden einige Pokémon zur Verteidigung in der Arena zurückgelassen, doch wenn sich Spieler eines anderen Teams zusammenschließen, können sie die leicht besiegen. Momentan befinden sich die Arenen am Rathaus und am Stadtbahnhof fest in roter Hand. Das kann sich allerdings schnell ändern.

Wo welches Pokémon zu finden ist, hängt vom Ort ab. "Ein Wasser-Pokémon findet man zum Beispiel an einem See. Auf einer Wiese entdeckt man meistens einen Pflanzen- oder Käfer-Pokémon", erzählt Nikolai. Manchmal treibt einen die Suche jedoch zu ungewöhnlichen Orten. "Auf dem Friedhof in Freudenstadt findet man Geister-Pokémon. Allerdings finde ich es moralisch schwierig, wenn man nur wegen einem Spiel in Jogginghose über den Friedhof läuft. Auch die Suche nach Psycho-Pokémon in Krankenhäusern finde ich nicht mehr lustig."

Nikolai Huss spricht damit einen stark kritisierten Aspekt des Spiels an. Einige Spieler gehen laut Medienberichten zum Beispiel in Polizeistationen, Militärübungen oder Krankenhäuser und stören den Ablauf. Oft achten sie nicht auf ihr Umfeld. Vor allem im Straßenverkehr führte das schon zu Unfällen. In Freudenstadt gab es noch keinen ernsten Zwischenfall. "Es ist wichtig, dass man während des Spielens auf sein Umfeld achtet", betont Nikolai.

Das tolle an dem Spiel sei, dass man nicht mehr zuhause, sondern im Freien spiele. Doch das bringe Probleme mit sich. Auch einen erhöhten Suchfaktor gebe es. Sogar zu Gewalttätigkeiten zwischen den Teams soll es gekommen sein. "Das würde ich mir für Freudenstadt auf keinen Fall wünschen", sagt Nikolai.

So umstritten das Spiel auch ist, die Zahl der Pokémon-Jäger wächst trotzdem. Auch Nikolai hat noch große Ziele: "Natürlich möchte ich Team Blau unterstützen und viele Arenen erobern. Doch vor allem möchte ich alle Pokémon sammeln, die es gibt."