Stimmgewaltig und schwäbisch-pfiffig gab sich die Folkrock-Gruppe Wendrsonn in ihrem Konzert bei Kultur am Dobel im Stadthaus. Foto: Keck Foto: Schwarzwälder Bote

Konzert: Bei Kultur am Dobel lässt es die Schwoba-Gruppe Wendrsonn mächtig krachen

Freudenstadt. Wer klaustrophobisch veranlagt ist, hatte beim Konzert der "SchwobaFolkrock"-Gruppe Wendrsonn ein Problem: Überfüllt war der Schweizersaal im Stadthaus, in den Kultur am Dobel eingeladen hatte. Die Band gab bereits vor fünf Jahren in Freudenstadt ein Gastspiel, und dieses Mal firmierte ihr Auftritt unter "Exklusivkonzert Alpirsbacher". Der Freudenstädter Blues- und Rockpianist Hartmut John wurde für eine Einlage aufs Podium komplimentiert.

Ein Arsenal von Instrumenten

Vereinsvorsitzender Bernd Waldenberger von Kultur am Dobel wies in seiner Begrüßung darauf hin, dass "Wendrsonn" bei der jüngsten SWR-Hitparade mit ihrem Titel "Do ben i dahoim" Platz 39 erreichte – ohne Zweifel ein Ritterschlag für das Sextett.

Angesichts des Arsenals an Instrumenten und der voluminösen Technik mag sich so mancher Besucher gesagt haben: Das kann ja heiter werden! Heiter und laut wurde es tatsächlich, ganz im Sinne der Drohung, die Sängerin Biggi Binder zwischendurch aussprach: "Zuvor gibt’s noch ordentlich was auf die Ohren!" "Wendrsonn" pflegt schwäbischen Folk und Rock als sogenannten Crossover. Jedes Bandmitglied bringt sich mit gleich mehreren Instrumenten ein. Die Auszeichnungen, die dem Sextett einzeln und im Gesamten zuteil wurden, sind höchst respektabel. Die Band kleidet einerseits althergebrachtes Liedgut, beispielsweise in Gestalt von Kinder- und Volksliedern, neu ein und lässt andererseits mit aktuellen Eigenkompositionen aufhorchen.

Mit der Violine geradezu verwachsen

Das Repertoire ist umfassend: Trauriges, Übermütiges, Freches – alles hat seinen Platz, auch das wahre Gefühl. Der Duktus von "Wendrsonn" ist deutlich und unverbogen – und in seiner Direktheit im Umgangston für empfindlichere Ohren mitunter gewöhnungsbedürftig.

Dafür steht vor allem der offensichtliche Kopf der Truppe, Markus Stricker. Der Vollblutmusiker, der als Pianist und Organist auch kirchenaffin ist, gibt sich besonders publikumsbezogen. Mit seinem übersprudelnden Temperament und seiner Schwertgosch heimst er flugs Sympathien ein. Stricker, dem schwäbisch-fränkischen Wald entsprungen, erlaubte sich gar in einer schwäbischen Hochburg wie Freudenstadt zu bekennen, dass er die beste Brezel in Karlsruhe und in Thailand gegessen habe. "Mei Mädle, mei Mädle / arg schee bisch du net / Hauptsach, du hosch Geld / und gwärmsch mr mei Bett". Mit derlei Versen aus den Schubladen schwäbischer Charmebolzen steuerte "Wendrsonn" zusätzlich zur Ausgelassenheit bei.

Vokalistin Biggi Binder strafte alle Blondinenwitze Lügen. Eindrucksvoll war ihre Demonstration an Stimmvolumen: Vom saalfüllenden rockigen Sound bis hin zum einschmeichelnden Sirenengesang beherrscht sie alle Zwischentöne.

Einer, der mit seiner Violine geradezu verwachsen scheint, ist Klaus Marquardt. Was er aus dem Instrument mit scheinbarer Leichtigkeit herausholt, ist sensationell. Dass Micha Schad schon von früher Jugend auf der Gitarre huldigte, ließ er unter anderem mit seinen imposanten Soli erkennen. Bassist Ove Bosch steht wie ein Fels in der Brandung. Ebenso zuverlässig wie unspektakulär liefert er seinen Part ab – als unverzichtbarer Teil des Ganzen. Bleibt noch Schlagzeuger Heiko Peter: ein Teufelskerl an den Trommeln und Becken, der auch aus Blecheimern, Gestängen, Glasflaschen oder Holzaufbauten herauszuholen vermag, was sie an Tönen hergeben.

Stimme einer ganzen Generation

"Wendrsonn" sieht sich auch als Stimme einer ganzen Generation. Dafür steht ihr hymnenartiger Song "Geile Zeit" unter anderem mit den Versen "He mir waret jong / vielleicht au a bissle domm / zu jedem Scheiß bereit / so a geile Zeit…". Die Truppe deutete unter Beifallsstürmen an, sie käme gerne wieder, vielleicht zum Stadtfest 2019. Voraussetzung wäre aber, "s’dät ebber froga". Zum Schluss gab es noch eine nette Geste vom Team des Cafés Pause an die Band, ein Schokoschlotzer, abgestimmt auf das Lied "Babba". Nach rund zweieinhalb Stunden volle Dröhnung verabschiedete sich "Wendrsonn" endgültig vom aufgekratzten Publikum mit dem Trost: "S‘ Leba isch koin Schlotzer, aber’s Leba isch au no net vorbei."