Marlene Bierwirth (rechts) las aus ihrem Buch "Meine Medizin seid ihr!" auf Einladung von Tourismus-Veranstaltungsleiterin Corinna Helfrich (Mitte). Mit von der Partie war Thalia-Geschäftsführerin Gudrun Krüper (links). Foto: Keck

Buchautorin Marlene Bierwirth tauscht sich mit dem Publikum über ihre Krankheit aus.

Freudenstadt - Auf Einladung der Freudenstadt Tourismus erzählte Marlene Bierwirth im Kurhaus von ihrer Krebserkrankung, die sie lange gefangen hielt und jetzt doch überwunden ist.

Mit den rund drei Dutzend Gästen im Gerhard-Hertel-Saal trat sie in einen ausgedehnten Gedankenaustausch. Veranstaltungsleiterin Corinna Helfrich, zugleich Moderatorin des Abends, stellte die Studentin vor und versprach dem Publikum, es werde nach der Lesung einen anderen Blick auf bestimmte Dinge gewinnen.

Marlene Bierwirth, Anfang 20, hielt ihre Erfahrungen in einem Buch mit dem Titel "Meine Medizin seid ihr! Warum man den Krebs nicht allein besiegt" fest. Das Werk ist ein Protokoll ihres Bangens, Hoffens und Leidens über viele Monate hinweg, gleichermaßen ein Dokument für ungebrochenen Lebenswillen und Optimismus.

Und das ist es, was die junge Frau mit ihren offensiven Schritten in die Öffentlichkeit erreichen will: anderen Betroffenen und deren Angehörigen in schweren Zeiten Mut machen. Dazu nutzt sie außer dem Buch ihren Blog und intensiven Austausch über die sozialen Medien.

Todesangst und tiefe Einsamkeit

Das Publikum erlebte eine Referentin, die mit ihrer Zugewandtheit und Fröhlichkeit ("Ich rede gern und viel") schnell Wohlwollen erntete. Keine Frage blieb unbeantwortet. In ihrem Buch fasst Marlene Bierwirth ihre Empfindungen aus der zurückliegenden Zeit zusammen. Erfahren habe sie "richtige Todesangst, tiefe Einsamkeit, das Annehmen von Unterstützung und selbstloser Liebe, unfassbare Erleichterung und Freude. Glück. Immer wieder Glück." Insgesamt zwölf Chemoblöcke, 70 Bestrahlungen und dazugehörige fünf Chemotherapien sowie die abschließende Erhaltungschemotherapie musste sie verkraften.

Dass mit ihrem Körper etwas nicht stimmte, stellte die damalige 18-jährige Abiturientin schon seit geraumer Zeit fest: Seh- und Hörstörungen, Nackenschmerzen, Übelkeit, Erbrechen. Die darauffolgenden Diagnosen und Therapien brachten nicht weiter.

Es ist der 24. März 2017, der Tag, der erbarmungslos ihr Leben auf den Kopf stellt. Als der Arzt das Wort "›Tumor‹ ausspricht, zerspringt meine kleine, heile Welt…", schreibt Marlene Bierwirth. Aber die junge Frau rafft sich auf: "Der böse, kleine Bewohner" in ihrem Kopf werde entfernt und danach würde sie "normal weiterleben", glaubt sie. Aber es stellt sich heraus, dass der Hirntumor bösartig ist – ein metastasiertes Medulloblastom.

Kraft, anderen Mut zuzusprechen

Ein Keulenschlag für sie, ihre Familie und Freunde. Damit kommt das Räderwerk aus Therapien und Erholphasen, Klinikaufenthalten und kleinen Fluchten ins behütende Elternhaus in Gang.

Dennoch schwebt das Damoklesschwert der Unwägbarkeiten ständig über ihr. Marlene Bierwirth, aufopferungsvoll begleitet von allen Menschen, denen sie wichtig ist, gibt nicht auf. Sie findet sogar noch die Kraft, anderen Mut und Optimismus zuzusprechen. Dass sie sich öffnen und ihre Empfindungen aussprechen kann, hilft ihr ungemein.

Mit dem unausbleiblichen Haarausfall geht sie unkompliziert und offensiv um – als eine Art Vorbild. Sie fremdelt mit der Kunsthaarperücke. Die Frage, weshalb es ausgerechnet sie in der Blüte der Jugend getroffen habe, stelle sich automatisch und sei dennoch müßig. Schließlich kann eine solch einschneidende Krankheit jeden treffen, auch wenn seine Lebensweise gar nicht risikobehaftet ist. Da helfe es nur, so Bierwirth, "aus allem Schlechten das Positive zu schöpfen".

Auf die Frage aus dem Publikum, ob sie nach der Überwindung ihrer Krankheit das Leben bewusster wahrnehme, ist ihre Antwort eindeutig: Sie sei hart auf dem Boden der Tatsachen gelandet und habe daraus dennoch positive Erkenntnisse gewonnen. Marlene Bierwirth hat gelernt, "kleine Dinge zu schätzen", die das Leben lebenswert machen. Dem Krebs hat die junge Frau die Stirn geboten und gezeigt, dass er ihr den Lebensmut nicht nehmen konnte. Die zurückliegenden Nachuntersuchungen ohne Befund lassen sie hoffnungsfroh in die Zukunft schauen. Am Stand der Thalia-Buchhandlung signierte Marlene Bierwirth abschließend ihr vielfach nachgefragtes Buch.

Das Buch: Marlene Bierwirth, "Meine Medizin seid ihr!", Eden Books Edel Germany Verlag Hamburg 2019, 288 Seiten kartoniert, 14,95 Euro.