Der Zensus 2011 hat für manche Kommunen weitreichende Folgen. Foto: Kleinschmidt Foto: Schwarzwälder-Bote

Kreistag befasst sich mit ernüchterndem Zensus-Ergebnis / Kritik an der Erhebungsmethode geäußert

Von Claus Wiegert Kreis Freudenstadt. Das ernüchternde Ergebnis des Zensus 2011 für den Landkreis Freudenstadt lag bei der jüngsten Sitzung des Kreistags auf dem Tisch.Statt der knapp 120 000 Personen, die nach der Einwohnerstatistik 2011 im Landkreis Freudenstadt wohnen sollten, waren es nach dem Zensus nur knapp 116 000 Einwohner – 3480 weniger als gedacht. Damit unterschritt der Landkreis den landesweiten Durchschnitt um 0,2 Prozent. In Baden-Württemberg lag die tatsächliche Einwohnerzahl um 2,6 Prozent unter der vermeintlichen. Besonders deutlich fiel die Differenz in Empfingen aus – dort lag die Einwohnerzahl nach der Volkszählung um 5,6 Prozent unter dem statistischen Bevölkerungsstand. In Freudenstadt waren es 5,3 Prozent weniger, in Wörnersberg lag das Minus bei 4,6 Prozent und in Seewald bei 4,5 Prozent. Am geringsten war die Abweichung in Schopfloch, wo die Einwohnerzahl nach dem neuen Zensus gerade mal um fünf Personen (0,2 Prozent) unter dem Ergebnis der alten Bevölkerungsfortschreibung lag, sowie in Dornstetten mit einem Minus von 0,3 Prozent und in Bad Rippoldsau-Schapbach mit 0,6 Prozent.

Mit der abnehmenden Bevölkerung schwindet auch das Geld, rechnete der CDU-Kreisrat und Freudenstädter Oberbürgermeister, Julian Osswald, dem Kreistag vor. Rund 1000 Euro bekomme die Stadt Freudenstadt an Schlüsselzuweisungen pro Kopf und Jahr. "Wenn wir nun nach dem Zensus 300 Einwohner weniger haben als in unserem Melderegister stehen, fehlen uns 300 000 Euro."

Widerspruchslos soll das Ergebnis des Zensus samt folgender Mindereinnahmen für die Kommunen nicht hingenommen werden, kündigte Osswald an. Es gebe, so berichtete der OB aus dem Finanzausschuss des Städtetags Baden-Württembergs, "erhebliche Zweifel an der Systematik des Zensus": Nur zehn Prozent der Einwohner der Kommunen seien tatsächlich gezählt worden. Wenn dafür einzelne Orts- und Stadtteile herausgegriffen worden seien, könne das Gesamtergebnis durchaus fehlerhaft sein. "Soll diese Systematik die Grundlage für die Verteilung der FAG-Mittel sein?", fragte Osswald im Hinblick auf Zuwendungen nach dem Finanzausgleichsgesetz und fügte hinzu: "Das hätten wir gerne seriöser." Im Finanzausschuss des Städtetags sei man der Meinung, dass Widerspruch eingelegt werden sollte. Auch der Horber Oberbürgermeister Peter Rosenberger hielt es für sinnvoll, "prophylaktisch Widerspruch einzureichen".

Etwas Zeit bleibt noch: Erst 2016 werden die Ergebnisse des Zensus von 2011 im Haushaltsbegleitgesetz vollständig berücksichtigt. In diesem Jahr ändert sich noch gar nichts. Im nächsten werden die auf der Basis der Volkszählung 1987 ermittelte und die auf der Grundlage des Zensus 2011 errechnete Einwohnerzahl jeweils zu 50 Prozent berücksichtigt. 2015 fällt der auf der Basis der aktuellen Volkszählung ermittelte Bevölkerungsstand dann mit 75 Prozent ins Gewicht.

SPD-Kreisrat Martin Zerrinius zeigte sich "erschreckt" darüber, dass der Landkreis Freudenstadt nur noch knapp 116 000 Einwohner hat. "Das ist, wie wenn der Kreis die Gemeinde Empfingen verloren hätte", zog SPD-Fraktionschef Reiner Ullrich einen Vergleich zu der "ernüchternden Bevölkerungsentwicklung". Und hatte gleich einen Ratschlag parat, wie man der Entwicklung unter anderem entgegenwirken könne: Eine Hochschule könne die Attraktivität des ländlichen Raums stärken.

Einer allgemeinen Diskussion darüber, wie die Einwohnerzahl des Kreises gesteigert werden könnte, beugte Landrat Rückert mit einem Hinweis auf das Zukunftsprogramm "Landkreis Freudenstadt 2025" vor und meinte: "Alles, was wir hier tun, soll für mehr Bevölkerung sorgen."