Klimaschutz: 650 Teilnehmer bei Kundgebungen im Landkreis / Regierungspräsidium rüffelt Kirchen / "Es gibt Alternativen"

Mit Kundgebungen und kirchlichen Andachten demonstrierten am Freitag rund 650 Jugendliche und Erwachsene im Landkreis Freudenstadt für mehr Klimaschutz.

Kreis Freudenstadt. Freudenstadt erlebte die bislang größte Kundgebung, zu der die örtlichen Initiativen von "Fridays for Future" und "Parents for Future" aufgerufen hatte. Das Ziel, Deutschlands größten Marktplatz mit einer Menschenkette einzusäumen, wurde zwar nicht erreicht. Dennoch zeigte sich Aksel Uhl von "Parents for Future" zufrieden. Rund 400 Teilnehmer waren gekommen, vom Kleinkindalter angefangen bis hin zu Senioren über 80. Die überwiegende Mehrheit waren Erwachsene. Mit dabei waren Demonstranten, die schon in den 80er-Jahren auf die Straße gegangen waren: gegen Atomkraft, Waldsterben durch "sauren Regen", die Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf und den Nato-Doppelbeschluss.

Franzose: Finde ich richtig

Fabian Kramer von "Fridays for Future" sprach sich für eine Verkehrswende mit fußgänger- und fahrradfreundlicheren Innenstädten aus, in denen "große SUVs eigentlich nichts verloren haben", eine ökologische Agrarpolitik, die Böden und Tiere schone, und den Kohleausstieg. "Es gibt Alternativen. Wir sind nicht einfach gegen alles", so Kramer. Uhl, Biologe aus Freudenstadt, schloss sich dem an. Der "Betrug" müsse aufhören, der "wahre Preis" mit den Folgekosten genannt werden, ob bei Atomstrom oder Billigflügen. Es gebe bereits in vielen Bereichen bessere Lösungen, weitere müssten entwickelt werden. Mehr Nachhaltigkeit sei möglich. "Ich glaube, die Wendezeit ist gekommen", so Uhl. Er wolle dazu ermuntern, sich mit Neugier auf diesen spannenden Weg zu machen, und dem Thema seine Schwere zu nehmen.

Die Kundgebung fand während des Wochenmarkts statt, auf dem es Obst, Gemüse und andere saisonale Waren aus der Region gab, darunter Ziegenkäse aus Schönegründ, Obst aus der Ortenau und Forellen aus dem Kinzigtal. Ein französischer Bäcker aus dem Elsass kommentierte den Auflauf so: "Ich finde das richtig." Die katholische Kirchengemeinde Freudenstadt läutete symbolisch die Glocken der Taborkirche um "fünf vor zwölf"

Schätzungsweise 100 bis 120 Teilnehmer waren zur Klimaschutz-Andacht auf den Baiersbronner Rosenplatz gekommen, zu der die Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen Baiersbronn aufgerufen hatte. Zahlreiche Jugendliche von Real- und Werkrealschule waren darunter. "Wir haben die letzten beiden Unterrichtsstunden dazu genutzt, um an der Mahnwache teilzunehmen, um das Unterrichtsthema Klimaschutz zu vertiefen", so Dieter Gauß, Rektor der Realschule Baiersbronn und geschäftsführender Schulleiter. Das Baiersbronner Gymnasium blieb der Andacht fern. Pastoralreferent Dominik Weiß von der katholischen Kirche und Pfarrerin Carmen Hoffmann von der evangelischen Kirchengemeinde Obertal hatten die Mahnwache federführend organisiert und übernahmen die Ansprachen. Beim Glockenläuten um "fünf vor zwölf" forderte Weiß "wirksame Schritte" für den Klimaschutz. "Wir Baiersbronner Christen wollen Farbe bekennen, und auch wir haben es im Vorfeld erlebt, dass dies nicht nur auf Zustimmung, sondern auch auf Ablehnung trifft." Weis erwähnte eine E-Mail des Regierungspräsidiums, in der die Kirchen dafür kritisiert wurden, Schulen während der Unterrichtszeit zu Demonstrationen und Gebeten für das Klima einzuladen. "Ich frage mich: In welcher Welt leben solche Beamte?" Pfarrerin Carmen Hoffmann betonte, dass es darum gehe, fürsorglich mit der Welt umzugehen. Lieder und kurze Fürbitten sowie gemeinsame Gebete waren weitere Elemente der Andacht. Pastor Damian Carruthers von der evangelisch-methodistischen Kirchen- gemeinde begleitete die Lieder am Instrument.

Kirchturmuhr steht still

Am globalen Tag des Klimastreiks und der "Fridays for Future"-Aktionen hatte das Umweltteam "Grüner Gockel" in Dornstetten zu einem Mittagsgebet in die Martinskirche eingeladen. Schüler der sechsten Klasse des Gymnasiums zogen mit Hoffnungslichtern in die Kirche ein. Auch eine zwölfte Klasse nahm an der 30-minütigen Gebetsstunde teil. Eingeläutet wurde die Feier mit Glockengeläut um "fünf vor zwölf". Die Kirchturmuhr soll nun für 24 Stunden in dieser Position verharren und zum Umdenken mahnen. Tenor der mit Gesang und Orgelmusik umrahmten Gebetsstunde war die Sorge um die Erde. "Was Gott so schön gemacht hat, muss der Mensch bewahren, kultivieren und schützen." Mit ihren Fürbitten und Gebeten appellierten die Initiatoren, Mut zu unbequemen Wegen aufzubringen und alte Verhaltensmuster zu ändern. Die Natur sei durch Dürre, Waldbrände, Tiersterben und weitere negative Einflüssen auf das Klima in großer Gefahr.

Rektor lässt nachsitzen

Laut Luis Schneiderhan von "Fridays for Future" sind in Horb 108 Teilnehmer auf die Straße gegangen – weniger als voriges Mal. Grund soll sein, dass der Schulleiter des Martin-Gerbert-Gymnasiums Sanktionen angedroht hatte – nämlich Aufsätze am Freitagnachmittag.