Täglich wird der Mammutbaum von Passanten, die an ihm vorbeigehen, bestaunt. Foto: Breitenreuter

Immer wieder fallen große Äste ab. Sachverständiger soll klären, ob Baum gefällt werden muss.

Freudenstadt - Muss der stattliche Mammutbaum auf dem unteren Marktplatz in Freudenstadt in absehbarer Zeit gefällt werden? Das vielbestaunte Prachtexemplar macht der Stadt Kummer, denn immer wieder brechen große Äste ab.

"Wenn Sie so ein Ast trifft, brauchen Sie nicht mal mehr einen Notarzt zu verständigen", schildert Claus Grieshaber, Leiter des Freudenstädter Baubetriebsamts, die Gefahr, die von dem Mammutbaum ausgehen kann. Erst beim jüngsten Sturm "Niklas" brach erneut ein starker Ast ab. Er war glücklicherweise mit einem Stahlseil gesichert. Solche Seile mit Verankerungen gibt es rund 20 bis 30 Stück in dem Baum. "Ohne sie wäre er längst zusammengebrochen", weiß Claus Grieshaber.

Stadtrat Friedrich Volpp (Freie Wählervereinigung) fragte in der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Infrastruktur und Umwelt (AIU) besorgt nach dem Zustand des Mammutbaums. Darauf erklärte Grieshaber, dass er eigentlich gar nicht mehr den Charakter eines Baums habe. Das liege daran, dass er nach einem Granateinschlag am 16. April 1945 eine sogenannte "Überwallung" gebildet habe. Das bedeutet, dass sich aus dem Stamm nach der Verletzung vier Spitzen gebildet haben. Genau diese vier Spitzen gilt es heute zusammenzuhalten, deshalb wurden sie mit Stahlseilen und Ankern am Hauptstamm gesichert.

Mittlerweile sind laut Grieshaber schon Äste mit einem Durchmesser von 35 Zentimetern abgefallen. "Das Ding wird mir zu heiß", sagt der Baubetriebsamtsleiter, der dafür sorgen muss, dass von dem Mammutbaum keine Gefahr ausgeht. Das Gelände um den Baum großräumig abzusperren geht nicht. "Dann müssten wir den halben unteren Marktplatz sperren", so Grieshaber.

Jetzt soll ein externer Sachverständiger den Freudenstädter Mammutbaum genau unter die Lupe nehmen und prüfen, ob die bestehenden Verspannungen und Verankerungen ausreichen oder ergänzt werden müssen. Der schlimmste Fall wäre, wenn der Experte zu dem Ergebnis kommt, dass der Baum gefällt werden muss. "Das möchte niemand", sagt Grieshaber, denn der Mammutbaum ist nicht nur prägend für das Stadtbild auf dem Marktplatz, sondern hat auch eine bewegte Geschichte.

Wie auf einer Tafel, die in der Nähe des Stamms angebracht wurde, zu lesen ist, hatte König Wilhelm I von Württemberg im Jahr 1864 Samen des Mammutbaums aus Kalifornien kommen lassen. In der Stuttgarter Wilhelma wurden sie gezogen, und 3000 bis 4000 junge Bäumchen wurden auf einen Erlass der württembergischen Forstdirektion übers Land verteilt. 1866 kamen auch einige Pflanzen nach Freudenstadt. Auf dem Marktplatz wurde vermutlich einer gepflanzt, weil sich dort eine Forststation befand. Er entwickelte sich prächtig und überstand sogar den Granateinschlag 1945. "Ein Wunder", sagt Claus Grieshaber, denn der Schaden an dem Baum müsse immens gewesen sein.

Da Mammutbäume (lat. Sequoiadendron giganteum) bis zu 3000 Jahre alt werden können, wären rein vom Alter her gesehen die Tage des Exemplars auf dem Marktplatz noch lange nicht gezählt. "Keiner möchte, dass der Baum gefällt wird", betont Grieshaber, der derzeit noch nach einem Experten sucht. Nach der Begutachtung wolle man dann sehen, wie es weitergeht, meinte Oberbürgermeister Julian Osswald in der Sitzung des AIU.