Juristischer Zankapfel: Die alte Apotheke im Ortskern von Loßburg. Foto: Rath

Senior hält sich weiterhin für Eigentümer von alter Apotheke. Befangenheitsantrag gegen Richterin.

Freudenstadt/Loßburg - Gegen die Räumungsklage wehrte sich der Bewohner der alten Apotheke in Loßburg mit juristischer Fundamentalkritik. Auf die ließ sich Richterin Anne Rückert im Zivilverfahren aber nicht ein – und setzte für den 9. Mai einen Verkündungstermin für das Urteil  an.

Wenige Stunden vor Beginn der Güteverhandlung am Mittwoch, genauer: um 4.23 Uhr, kam ein Antrag des 74-jährige Rentners auf Ablehnung der Richterin wegen Befangenheit aus dem Faxgerät im Freudenstädter Amtsgericht. Richterin Anne Rückert beschloss allerdings, dass das Gesuch als unzulässig verworfen wird. Die darin aufgeführten Gründe hätten "nichts mit der dem Verfahren und meiner Person zu tun". Auch Rechtsanwalt Eberhard Müll als Vertreter der Klägerin, der Gemeinde Loßburg, meinte, der kurzfristig eingereichte Ablehnungsantrag diene nur dazu, das  Verfahren zu verzögern.

Verteidiger beruft sich auf "Reichserbhofgesetz"

Die alte Apotheke im Ortskern von Loßburg gehört seit der Zwangsversteigerung Ende Oktober 2014 der Gemeinde, der frühere Besitzer wohnt dort als Mieter. Was er selbst allerdings völlig anders sieht: Der Senior, der vor einigen Jahren durch den "Hundestreit" bekannt geworden war, betrachtet sich nach wie vor als Eigentümer des Anwesens in der Alpirsbacher Straße 2. Diese Ansicht vertrat auch sein Beistand bei der Gerichtsverhandlung, Rechtsassessor Claus Plantiko, unter Berufung auf das "Reichserbhofgesetz".  Der 74-jährige Rentner aus Loßburg war zu der Verhandlung statt der Beklagten gekommen –  seine Frau, von der er geschieden war und mit der er mittlerweile wieder verheiratet ist. Der Senior hatte behauptet, dass sie bei ihm Mieterin ist. Mittlerweile wohnt sie allerdings nicht mehr in Loßburg.

Mieter bezahlt seit Jahren keine Steuern

Die Gemeinde hat das Mietverhältnis Ende Juni vergangenen Jahres zum 30. September gekündigt. Bereits seit Jahren, so war von der Verwaltung zu erfahren, habe der Senior keine Wasser- und Abwassergebühren, Grund-  und Hundesteuer bezahlt.  Immer wieder habe man das Gespräch mit dem Mann gesucht und ihm zugesichert, dass er weiterhin in der alten Apotheke wohnen kann – wenn er denn, wie andere Mieter auch, Gebühren und Steuern bezahle. Das sei aber nicht geschehen.  
Der Rentner hält die Kündigung für unwirksam,  wie er bei der Gerichtsverhandlung sagte, weil schon das Versteigerungsverfahren unzulässig gewesen sei. Richterin Anne Rückert betonte allerdings, dass der Übergang  des Anwesens ins Eigentum der Gemeinde rechtskräftig gewesen sei: "Daran gibt es nichts zu rütteln." Sie verwahre sich dagegen, dass dies kein verfassungsgemäßes Gerichtsverfahren sei, entgegnete Rückert auf weitere Fundamentalkritik des Rentners und seines rechtlichen Vertreters. Was Claus Plantiko  aber nicht von seiner Meinung abbrachte. Er sah eine "Vermischung von Exekutive und Legislative" in Baden-Württemberg  und beharrte auf seinem Standpunkt: "Die Wirklichkeit entspricht nicht dem Recht."

Der Loßburger Rentner hatte zu dem Gerichtstermin eine schriftliche  Erklärung mit dem Titel  "50 Jahre Täuschung – Lug – Betrug der Gemeinde Loßburg" mitgebracht, die in dem Verfahren allerdings keine Rolle spielte. Seine Auseinandersetzungen mit der Gemeinde  füllen, wie er sagte, bei ihm Zuhause mittlerweile etwa 80 bis 100 Ordner.