Soziales: Verein kümmert sich um schwerstkranke Menschen / Rockgruppe als Sponsor
"Wir machen Wünsche wahr", steht auf dem Faltblatt des Vereins. Doch es geht nicht um Päckchen unter dem Weihnachtsbaum, es sind ganz andere Wünsche, die erfüllt werden – die letzten Wünsche sterbender Menschen.
Freudenstadt. Sterbene haben keine materiellen Wünsche. Für sie bedeuten schon allein etwas Zeit für ein Gespräch, ein Tag Lebensfreude oder der Kontakt mit Familienmitgliedern, die weit entfernt wohnen, ein wenig Lebensqualität. Der Verein zur Erfüllung von Wünschen Sterbender richtet sich an Menschen, die nur wenig finanzielle Mittel haben. Alter, Nationalität und Konfession spielen keine Rolle.
Anja Broß ist Palliativ-Pflegefachkraft, und Corinne Funk ist Krankenschwester. Sie arbeiten beide beim Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) in Freudenstadt in der Seniorenwohnanlage Jägerhof und haben fast täglich Kontakt mit alten, kranken und schwerstkranken Menschen. Die beiden Frauen führen den Verein. Er ging aus dem einstigen Hospizverein für den Kreis Freudenstadt hervor, der sich Anfang des Jahres eine andere Aufgabe suchte und einen neuen Namen gab, nachdem sich in Nagold ein Verein zum Bau eines stationären Hospizes für die Kreise Calw und Freudenstadt formiert hatte.
Anja Broß ist Vorsitzende des Vereins zur Erfüllung von Wünschen Sterbender, Corinna Funk ist ihre Stellvertreterin. Schirmherr ist der Landtagsabgeordnete Norbert Beck. Der Verein hat derzeit 75 Mitglieder, von denen die meisten in der Pflege tätig sind. "Bei der Arbeit mit Menschen, die bald sterben werden, ist viel Fingerspitzengefühl notwendig", weiß Anja Broß. Menschen oder deren Verwandte, die die Hilfe des Vereins in Anspruch nehmen möchten, können sich telefonisch melden.
Nach einem ersten Gespräch entscheidet der Vorstand, welche Wünsche er erfüllen kann. Das kann zum Beispiel die Übernahme von Flugkosten sein, wenn ein naher Angehöriger aus dem Ausland anreisen muss, um den schwer kranken Menschen zu besuchen, oder die Bereitstellung und die Kostenübernahme einer Pflegekraft, wenn ein pflegender Angehöriger mal einen Tag Auszeit benötigt. Wenn ein Kranker zum Beispiel nochmal das Meer sehen will, kann ihm dieser Wunsch erfüllt werden. Dazu kann der Freudenstädter Verein dann den "Wünschewagen" des ASB aus Mannheim anfordern.
Beim Umgang mit Behörden kann der Verein zur Erfüllung von Wünschen Sterbender ebenfalls aktiv werden. In diesem Jahr verhalf er einer schwer an Krebs erkrankten Frau, der die Haare ausgefallen waren, zu einer Perücke und führte dazu zähe Verhandlungen, weil die Krankenkasse wegen eines formellen Fehlers, den die Patientin angeblich gemacht hatte, zunächst ihren Anteil nicht bezahlen wollte. Erst als der Verein mit einer Klage vor dem Sozialgericht drohte, wurde der Kostenanteil übernommen. Den Rest zahlte der Verein für die Krebskranke. Diese Verhandlungen hätte die kranke Frau nie führen können.
Der Wunsch einer anderen Frau war, einmal baden zu dürfen, weil sie in ihrer Wohnung weder Wanne noch Dusche hat. Der Verein organisierte eine Fahrt in eine Einrichtung mit einer Pflegebadewanne. Dort erhielt die Frau ein Wellnessbad mit Kerzen und ätherischen Ölen und dazu noch ein Mittagessen.
Das sind nur zwei Wünsche. Der Verein könnte noch mehr erfüllen. Doch die Schwellenangst, sich zu melden, ist bei vielen Menschen groß, weiß Corinna Funk. "Wir könnten noch viel umfangreicher tätig werden", ergänzt Anja Broß. Der Verein habe ein Vermögen angesammelt, das dies ermögliche. Er finanziert sich einzig und allein über die Mitgliedsbeiträge und Spenden.
Als Hauptsponsor hat der Verein seit diesem Jahr die Rockgruppe Blue Stuff. Die spendet den Erlös ihrer Rock-Oldies-Night. Dafür helfen die Mitglieder des Vereins beim Aufbau und bei der Tombola. Fragt man Anja Broß und Corinna Funk nach der Motivation für ihre aufopfernde Arbeit für schwerstkranke Menschen, sagen sie ohne zu zögern: "Das ist richtige Erfüllung für uns. Das gibt uns auch was."
Weitere Informationen: www.wuensche-sterbender.de