Kultur: Salonorchester Baden-Baden bietet beim Neujahrskonzert in Freudenstadt heitere Stimmung

Schwungvoll in das neue Jahr: Das Salonorchester Baden-Baden bereitet bei seinem Konzert in Freudenstadt den Boden für heitere Stimmung.

Freudenstadt. Wie taggenau vor einem Jahr trat das Salonorchester am Vorabend von Dreikönig im großen Kursaal auf. Im Gepäck hatte es wiederum eine Fülle von musikalischen Leckerbissen, an denen sich das Publikum über zwei Stunden hinweg mit Lust delektierte.

Das Oktett aus profilierten Musikern, darunter eine Frau, die Geigerin Lucy Jeal, benötigt keine dezidierte Vorstellung, spricht doch sein berufliches Portfolio für sich. Willi Huber alias Willi März besorgte wiederum verbale Zwischentöne mit kleinen Geschichten, Künstleranekdoten und humoristischen Einlagen. Zusätzlich demonstrierte er, wie virtuos er die Zither zu handhaben weiß.

Von Gotteslästerung und Gebeten mit den Beinen

Das Salonorchester Baden-Baden bringt seit über 30 Jahren sein Publikum mit unterhaltenden Rhythmen in Schwung und lässt es in unsterblichen Melodien aus dem Sektor der sogenannten ernsten Musik schwelgen. Die Truppe aus dem Stehgeiger Harald Paul, der Violinistin Lucy Jeal, Ewald Adam an der Viola, Sasha Somow am Cello und Kontrabassist Wolfgang Güttler weiß sich in guter Gemeinschaft mit dem Klarinettisten Anton Hollich, Andreas Nebel am Akkordeon und Francois Killian am Piano.

Wie international das Orchester besetzt ist, wurde deutlich, als die einzelnen Mitglieder das Publikum mit einem Neujahrsgruß bedachten. Die Baden-Badener wissen sich aufgehoben in der Tradition der Salonmusik mit ihrem Ursprung im 19. Jahrhundert. Dieses Genre war durchaus geprägt von dem Willen, Menschen auch in bedrängenden persönlichen Situationen etwas optimistischer dreinschauen zu lassen. Leichte Muße und Ausgelassenheit waren angesagt in den Salons.

Dazu gehörten auch tänzerische Einlagen, so wie sie unverhofft im großen Kursaal als Novum dargeboten wurden. Das Publikum rieb sich zunächst die Augen, vermutete wohl einen abgesprochenen Auftritt, aber weit gefehlt: Das Ehepaar Anni und Johann Vogl aus Wildberg, übrigens immer wieder Gast bei den Tanznachmittagen im Kurhaus, schwebte sporadisch über das Parkett, wohlwollend beklatscht von den Gästen und von Geiger Harald Paul mit Anerkennung bedacht.

Moderator und viel beschäftigter Arrangeur der Musikstücke, Willi März, fühlte sich angesichts solcher Beschwingtheit zu einer selbstironischen Anmerkung herausgefordert: Wenn es stimme, dass der Tanz ein Gebet mit den Beinen sei, müsse sein eigenes tänzerisches Bemühen als "reine Gotteslästerung" bezeichnet werden.

Wer nennt die Namen, die an diesem Abend wiederum zusammenkamen? Anton Dvorak setzte mit dem Slawischen Tanz Nr. 8 den Auftakt, gefolgt von Franz Liszt und dessen Consolation Nr. 3. Juan Llossas Tango "Rio de Oro" und Jo Knümanns sehr flotte rumänische Folklore leiteten über zu Johann Strauss‘ Superwalzer "An der schönen blauen Donau" und Eduard Strauss’ Polka "Bahn frei!" Letztere war Anlass für Willi März‘ ironischen Seitenhieb auf die Pünktlichkeit der Deutschen Bahn.

Zwei Titel aus der neuen CD des Orchesters, Henry Mancinis "Moon River" und Agustin Laras "Granada", beendeten unter großem Zwischenbeifall das Repertoire vor der Pause. Das Publikum, angestachelt von Harald Paul, brauchte schließlich das Durchschnaufen, hatte es sich doch zuvor mit Olé-Rufen fast schon verausgabt.

Das Schaulaufen der großen musikalischen Köpfe setzte sich danach, auch wieder unterstützt von Gesangseinlagen der Gäste, unvermindert fort. Ein Medley aus dem "weißen Rössl" fand sich in guter Gesellschaft mit "Lara’s Theme" aus "Doktor Schiwago". Lebensfreude sprach unter anderem aus der "Petersburger Schlittenfahrt" oder dem Leitmotiv aus der "Csárdásfürstin". Der im vergangenen Jahr verstorbene Chansonsänger Charles Aznavour hätte gewiss seine Freude gehabt an der Reminiszenz, die ihm beim Konzert zuteil wurde. Schwungvoll auch der Radetzki-Marsch von Johann Strauss sen. im Rahmen der Zugaben. Fazit: ein schöner, stimmungsvoller Abend mit hervorragenden Künstlern vor dem Einstieg in den Alltag im neuen Jahr.