Kleiner Schnipsel, großes Problem: Bioplastiktüten sorgen in der Verwertungsanlage in Sulzhau für Verdauungsprobleme. Foto: Breitmaier

Müllbeutel machen den Betreibern der Bioabfallvergärungsanlage in Freudenstadt immer noch Sorgen. 900 Tonnen Störstoffe.

Freudenstadt - Der Kampf um sauberen Biomüll geht in die nächste Runde: Landrat Klaus Michael Rückert und seine Mitstreiter machen ernst. Der Gegner: Gurkengläser und Bio-Plastiktüten. Das Schlachtfeld: die Bioabfallvergärungsanlage im Gewerbegebiet Sulzhau.

Mit energischem Blick und wehender grüner Krawatte machte Landrat Michael Rückert gestern erneut auf ein lästiges Abfall-Thema aufmerksam: Es gibt zu viele Fremdkörper in Freudenstädter Biotonnen – Windeln, Dosen, Gurkengläser.

Das Hauptproblem liegt aber 30 Meter weiter, neben dem Konferenzraum der Bioabfallvergärungsanlage im Gewerbegebiet Sulzhau.

Kaum zu entdecken – nichts Verdächtiges an der Wiese vor der mächtigen Kuppel, wo der anfallende Flüssigdünger der Anlage gespeichert wird.

Der leichte Windstoß lässt im Gras etwas flattern, was dort nicht hingehört. Der nähere Blick: Überall kleine Schnipsel von Plastiktüten – hier wurde Material aus der Anlage nach einer ersten Siebung ausgebracht.

"Das ist genau das Problem, so würde uns das kein Landwirt abnehmen", erklärt Rainer Schuler, einer der Geschäftsführer der Bio-Energie Freudenstadt GmbH (BEF).

Denn neben der Energiegewinnung aus dem entstehenden Gas, werden die Nebenprodukte der Anlage zu Kompost verarbeitet – Kunststoff hat hier nichts zu suchen.

Mit den Plastiktüten schlagen sich die Betreiber seit ihrer Inbetriebnahme vor eineinhalb Jahren herum.

Landrat Rückert ist eigentlich zufrieden: "Der Gasertrag liegt höher als erwartet." Doch die Plastiktüten sind noch da. Er skizziert das Problem so: "Viele Menschen benutzen weiterhin die kompostierbaren Bio-Plastikbeutel." Zwar würden diese sich in der Tat irgendwann zersetzen, für die Anlage geht dieser Prozess aber zu langsam.

Schuler ergänzt: "Die Tüten kommen hinten heraus, wie sie vorne reingegangen sind."

Trotz Informationsoffensive mit Flugblatt und Tipps in der Abfallfibel benutzen die Bürger weiterhin die Bio-Plastikbeutel. "Die meisten machen das aus Unkenntnis" – deshalb wolle Rückert nicht mit erhobenem Zeigefinger ins Feld ziehen. Er und die beiden Geschäftsführer von BEF, Rainer Schuler und Martin Steudinger, bringen ein neues Instrument ins Spiel: "Das ist die Generalwaffe gegen Zeug, das nicht in Biotonnen gehört" – Schuler lächelt. "Zurück zum Papier" – das wollen die Herren mit 100 000 bedruckten Papierbeuteln erreichen. An Recyclingcentern oder im Landratsamt liegen sie aus. Der Aufdruck sagt ganz klar: Das darf rein, das nicht. Unter den "Nein"-Kandidaten: der Biobeutel.

Rückert ist überzeugt: "Wenn die Bürger uns helfen, dann schaffen wir das." Grund für die positive Stimmung ist auch, dass der Fremkörper-Anteil innerhalb eines Jahres von sieben auf fünf Prozent gesunken ist. Doch 900 Tonnen Störstoffe im Jahr sind immer noch zu viel. Das Sieben und die Entsorgung kosten Geld – etwa fünf Euro pro Tonne.

Das Thema liegt Rückert am Herzen. Der Mann, der am liebsten Cafés an Recyclinghöfen betreiben würde, hat noch zwei Veranstaltungen im Gepäck, die die Bevölkerung weiter sensibilisieren sollen.

Der 13. April: Tag der offenen Tür in der Bioabfallvergärungsanlage. Bioabfall wird zu Strom und Kompost. Der gesamte Prozess und wie die Anlage in Sulzau funktioniert, wird in zwei Wochen erklärt.

Außerdem machte der Landrat noch auf den beliebten Komposttag an der Mülldeponie Bengelbruck aufmerksam. Am morgigen Samstag, 5. April, gibt es von 8.30 bis 12 Uhr nicht nur Informationen zum Thema "kompostieren", sondern neben Small-Talk und Bewirtung einen Anhänger Kompost gratis.