Freudenstadt - Wegweisende Zielmarke: Der Teilneubau des Krankenhauses in Freudenstadt ist politisch durch. Am Montag fasste der Kreistag den Baubeschluss.

Damit hatten Landrat Klaus Michael Rückert und Freudenstadts OB Julian Osswald am Ende das starke Signal, das in ihren Augen der Bedeutung des Projekts angemessen ist. Die Entscheidung fiel nahezu einstimmig. Die drei Enthaltungen begründeten sich offenbar eher mit dem Prozedere auf der Zielgeraden denn mit dem Vorhaben als solchem. FDP-Sprecher Ernst Wolf hatte beantragt, den Baubeschluss später zu fassen, wenn erste Ausschreibungsergebnisse und der Zuschussbescheid des Landes vorliegen. Erst dann stehe fest, was der Teilneubau den Landkreis tatsächlich kostet. "Ich springe gerne dann, wenn ich weiß, wie tief der Abgrund ist", so Wolf. Außerdem sei es nicht schlau, ohne Handlungsoption in die letzten Gespräche über Geld zu gehen. Der Baubeschluss sei der Punkt, an dem das Projekt nicht mehr gestoppt werden könne.

Punkt ohne Wiederkehr

Die große Mehrheit – Rückert sprach von einer "überwältigenden" – sah das anders. Der Punkt ohne Wiederkehr sei längst überschritten, hieß es. Der Landrat stuft die Situation als extrem günstig ein. Die kalkulierten Baukosten seien gesenkt worden. Der zuständige Landesminister Manfred Lucha habe dem Kreis einen Zuschuss von mehr als 50 Prozent der Gesamtkosten in Aussicht gestellt. Würde beides eintreffen, wäre die finanzielle Belastung für den Kreis "deutlich niedriger" als die 45 Millionen Euro, die dafür eingeplant seien. Die Rückmeldungen aus Stuttgart seien "sehr positiv", die zu erwartende Finanzhilfe "überdurchschnittlich hoch". Das Freudenstädter Konzept gelte als kostengünstig und innovativ. Es sei als "professionell" bezeichnet worden.

In der Diskussion mit dem Generalplaner Werner Vogt klärte der Kreistag noch einige offene Punkte (Info). Auch Vogt bezeichnete die Förderung als "extrem hoch". Freudenstadt habe mit "extrem schneller Planung" andere Projekt im Land überholt. Frühestmöglicher Baubeginn könnte am 6. Mai sein. Sein Büro wolle den Bauantrag sofort bei der Stadt Freudenstadt einreichen. Auf Nachfrage von Wolfgang Kronenbitter (Freie Wähler) räumte Vogt ein, dass für den Kreis ein letztes finanzielles "Risiko da ist", was die Entwicklungen der Baupreise angeht. Generalplaner und Landrat sagten zu, dass der Kreistag mindestens einmal pro Quartal über die Entwicklung der Kosten informiert werde – sollten größere Überraschungen auftauchen, auch dazwischen. Dies wurde so auch im Beschluss festgehalten. Ansonsten haben Geschäftsführung und Aufsichtsrat der Krankenhäuser Landkreis Freudenstadt (KLF) gGmbH als Bauherrin praktisch freie Hand. Geplant ist, in der KLF einen Bauausschuss zu bilden.

Gewissensbisse trieben Eberhard Haug (SPD) um. Als Stadtrat in Freudenstadt habe er den Anliegern des Kohlstätter Hardts stets versichert, es werde keine Straße zwischen Industrie- und Wohngebiet geben. Wie berichtet, soll das Krankenhaus durch eine direkte Anbindung an die B 294 angeschlossen werden. Das entlastet den innerstädtischen Verkehr und soll die Hilfsfristen für den Rettungsdienst verkürzen. Für Rückert ist das Allgemeininteresse hier höherwertig, die direkte Anbindung nutze auch den Anliegern. Die Zufahrt sei ein zentraler Punkt gewesen, eben kein neues Krankenhaus auf der grünen Wiese zu bauen.

OB erwartet etwas "Begeisterung und Euphorie"

OB Osswald beruhigte, die Zusage an die Anlieger habe sich auf die Anbindung des Gewerbegebiets Sulzhau bezogen, nicht auf die des Krankenhauses. Im Übrigen erwarte er sich "an einem so bedeutenden Tag etwas mehr Begeisterung und Euphorie". Der Kreis bekomme ein zukunftsfähiges Krankenhaus in öffentlicher Trägerschaft. Landrat Rückert witzelte, überbordender Jubel entspreche nun mal nicht dem Nordschwarzwälder Wesen. Applaus für das Projekt kam von Reiner Ullrich (SPD) und Wolf Hoffmann (Grüne). "Es ist ein großer Tag für den Kreis und seine Bewohner. Wir können das Projekt schultern. Das war nicht immer so klar", so Hoffmann. Osswald schob hinterher, noch nie seien die Zahlen günstiger gewesen. Noch offen ist, was mit dem Altbau geschehen soll. Dieter Bischoff (Freie Wähler): "Da fehlt mir ein bisschen die Fantasie. Abbruch?"

Die letzten Planungsdetails

Laut Generalplaner Werner Vogt soll die Apotheke nun im vorderen Bereich angesiedelt werden. Was Hygienebereich sowie Hygiene von Endoskopie und Küche betrifft, seien Vorschläge der Krankenhaus-Mitarbeiter umgesetzt worden. Die Stützpunkt-Räume für Ärzte und Pflegekräfte in den einzelnen Stationen seien etwas vergrößert worden. Insgesamt verändere sich die Grundfläche dadurch jedoch nicht. Was die Größe der Fenster in den Patientenzimmer angehe, soll ein Kompromiss umgesetzt werden, damit die Zimmer genug Tageslicht bekommen, aber nicht einsehbar von außen sind. Jenseits der Straße soll für die Bauzeit ein provisorischer Parkplatz mit ausreichend Stellplätzen geschaffen werden. Die Eckdaten: Das Haus bekommt 316 Betten plus eine Ausbaureserve von 23 Betten. Die Nutzfläche beträgt rund 18 000 Quadratmeter. Die Gesamtkosten werden mit 89,5 Millionen Euro beziffert. Der Bau ist bei Bedarf erweiterbar, das Raumkonzept flexibel, um auf Veränderungen reagieren zu können. Die Energiekosten sollen "enorm" sinken.