Alexander Bonde, Minister für ländlichen Raum, bei der Biologie-Nachhilfe im Landtag: Der Dreizehenspecht ist eine der Vogelarten, denen der Nationalpark Lebensraum bieten soll. Foto: dpa

NABU unterstützt CDU-Vorschlag, das Schutzgebiet in Höhen über 900 Meter zu verlegen.

Stuttgart/Freudenstadt - Ein Nationalpark in Schwarzwaldhöhen, wo ohnehin kein verwertbares Holz mehr wächst: So könnte ein Kompromiss zwischen Befürwortern und Gegnern aussehen. CDU und NABU schreiten dabei jetzt Seit an Seit.

Im Streit um das wichtigste ökologische Vorhaben von Grün-Rot deutet sich nach Ansicht von Naturschützern ein Kompromiss an. »Beim Nationalpark bewegen sich die Fraktionen aufeinander zu«, kommentierte der Landeschef des NABU, Andre Baumann, die Debatte gestern im Landtag. Eine breit getragene Lösung sei bereits in Aussicht.

Baumann, dessen 70 000 Mitglieder starke Organisation das Nationalparkprojekt nachdrücklich unterstützt, gründet seinen Optimismus vor allem auf den Vorschlag der Landtags-CDU, die Schutzzone in einer Höhe von rund 900 Metern auszuweisen. »Das wäre die Möglichkeit für einen Kompromiss«, sagte der NABU-Chef.

Der Charme liege darin, dass der Holzindustrie nicht zu viel Wirtschaftsfläche weggenommen würde, sagte der forst- und naturschutzpolitische Sprecher der CDU, Patrick Rapp, unserer Zeitung. In Regionen von etwa 900 Metern seien ohnehin nur »schlecht verwertbare Hölzer« anzutreffen. Auch die Hotels und Gemeinden hätten mit der Verlagerung weniger Einschränkungen zu befürchten.

Es gelte jetzt also, nicht nur das große Gutachten zum Nationalpark abzuwarten, das Grün-Rot am 8. April vorstellen will. Man müsse bereits heute auch »nach einem machbaren Kompromiss suchen«, appellierte Rapp an die Landesregierung.

Der Minister für den ländlichen Raum, Alexander Bonde aus Baiersbronn im Nordschwarzwald, ging in der Landtagsdebatte zwar nicht ausdrücklich auf den Vorschlag ein. Baumann jedoch, der beste Kontakte zu Bonde unterhält, glaubt an einen gangbaren Lösungsweg.

»60 Prozent der Suchkulisse von derzeit 17 000 Quadratkilometern befinden sich ja jetzt schon in rund 900 Meter Höhe oder darüber«, sagte Baumann. Der Versuch, weitere »unproduktive« Standorte zu finden, liege also nahe. Einen Flickenteppich, so schränkt er ein, dürfe es im Nordschwarzwald allerdings nicht geben, allenfalls zwei getrennte Zonen seien erlaubt. Alles andere werde das Bundesamt für Naturschutz nicht als Nationalpark akzeptieren.

»Jetzt kommt es darauf an, dass sich alle an einen Tisch setzen«, sagt der NABU-Chef, der auch in der Grünen-Landtagsfraktion den Willen erkennt, das Projekt gemeinsam auf den Weg zu bringen.

Region leide unter sinkenden Übernachtungszahlen

Deren naturschutzpolitischer Sprecher, Markus Rösler, führte in der Debatte noch einmal ökologische, aber auch touristische Gründe pro Nationalpark ins Feld: »Er würde den Nordschwarzwald stärken.« Die Region leide schließlich unter sinkenden Übernachtungszahlen.

Bonde erinnerte an das internationale Übereinkommen über die biologische Vielfalt, das auch Deutschland unterzeichnet habe. Darin verpflichten sich die Staaten, den Artenschwund zu stoppen: »Auch Baden-Württemberg steht als Flächenland in der Verantwortung.« Es sei eine moralische Frage, ob sich im großen Schwarzwald »ein bisschen Platz« finden lasse, an dem sich die Natur ungestört entwickeln könne.

Friedrich Bullinger (FDP) bezweifelte allerdings, ob ein solches Projekt zur Stärkung der biologischen Vielfalt beiträgt. Die Schwarzwälder Kulturlandschaft sei über Jahrhunderte gewachsen, die dortige Waldwirtschaft sei mittlerweile auch international vorbildlich.

Gleichwohl sprach sich auch der Liberale nicht grundsätzlich gegen einen Nationalpark im Nordschwarzwald aus, sondern plädierte lediglich dafür, das Schutzgebiet »nicht gegen die Beteiligten« auszuweisen. Wenn es von der Mehrheit der örtlichen Bürger abgelehnt werde, müsse Grün-Rot dies akzeptieren.

SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel warf der CDU hingegen vor, Ängste in der Bevölkerung zu schüren. Sie solle endlich sagen, welche Haltung sie wirklich zu dem Projekt habe: »Man kann nicht zwei Sachen gleichzeitig machen, Sie müssen sich entscheiden.« Entweder man bekenne sich zum Naturschutz, oder man bekämpfe den Nationalpark.

Er bezog sich dabei vor allem auf eine Äußerung der CDU-Abgeordneten Sabine Kurtz, die mit theologischen Argumenten gegen einen Nationalpark argumentiert hatte. »Es wäre falsch, den biblischen Auftrag zur Bewahrung der Schöpfung auf ein Nichtstun zu reduzieren«, hatte die Landesvorsitzende des Evangelischen Arbeitskreises der Union dieser Tage erklärt.

Ein durch falsches Naturverständnis motivierter Rückzug aus dem Nordschwarzwald könne unabsehbaren Schaden verursachen, so Kurtz weiter.

Ihr Fraktionskollege Rapp hingegen hält nichts von solcher Vorfestlegung. »Die CDU betrachtet das sehr differenziert«, sagte er in der Debatte.