Im Urlaub ins Krankenhaus – schon schlimm genug. Doch bei einer Familie aus dem Landkreis folgte der Ärger um hohe und unklare Kostenaufstellungen. Foto: Karmann

Klinikaufenthalt im Urlaub wird zum Nervenkrieg. Kind kommt nur gegen Bezahlung aus türkischem Krankenhaus.

Kreis Freudenstadt - Strand und Sonnenschein – so träumt man sich Ferien in der Türkei. Für eine Familie aus dem Kreis bekam die Idylle allerdings jäh Risse. Ein Krankenhausaufenthalt war fällig. Was danach bei der Rechnungsbegleichung passierte, bezeichnet der Vater heute empört als "Geiselnahme".

Es hatte der genussvolle Familienurlaub in der Hotelanlage sein sollen, als einige Tage nach Ankunft die Tochter plötzlich gesundheitliche Schwierigkeiten bekam. Durchfall, Übelkeit, Fieber, Kreislaufprobleme. Der Hotelarzt entschied schließlich: Krankenhaus. Dort Infusionsbehandlung, Unterbringung im Einzelzimmer, das Personal freundlich, die Besuchszeiten großzügig. Ein Wust an Formalitäten von Passkopie bis Versicherungsunterlagen, doch auch diese dank der Unterstützung von Übersetzern zu bewältigen.

Dann die gute Nachricht: Die Tochter hat sich stabilisiert, sie kann das Krankenhaus wieder verlassen. Das indes erwies sich als nicht so einfach, lauscht man den Schilderungen der Familie, die sich mit ihrer Geschichte zwar Luft vom erlittenen Ärger machen, den Namen aber lieber nicht öffentlich preisgeben will. Denn vor der Entlassung stand die Kostenbegleichung. Und hier hatten die Parteien deutlich unterschiedliche Vorstellungen vom Prozedere.

Nachdem die Auslandskrankenversicherung der Familie eine Rechnung über 2400 Euro für vier Tage Beobachtung erhielt, bat die Institution um eine detaillierte Aufschlüsselung der Posten. Der Beginn einer Eskalation. Denn das Krankenhaus weigerte sich und wandte sich direkt an den Nächstverfügbaren: die Familie. "Entweder Sie zahlen bar, oder Sie kommen hier nicht raus", gibt der Vater den Satz wieder, der ihm heute noch die Empörung ins Gesicht treibt. Im Zimmer des Verwaltungschefs kam es zu heftigen Wortwechseln zwischen Übersetzer, Krankenhausdirektor und Patienten.

Dahinter sieht der Vater eine perfide Strategie: "Der Patient wird als Geisel genommen, um die Versicherungen zu erpressen." Jener, so die Vermutung der Familie, versucht man, mit utopischen Rechnungen den Geldbeutel zu erleichtern. Die Sachbearbeiter der Versicherung, für die die Familie voll des Lobes ist, rieten derweil, das Haus einfach zu verlassen. "Man hat kein Recht, Sie festzuhalten."

Mann droht Polizei einzuschalten

Inzwischen war jedoch eine Security-Mitarbeiterin im Büro postiert worden, dem Vater lagen die Nerven blank, er blieb. "Wenn mich jemand festgehalten hätte, ich hätte ihn umgehauen." Nach sechs Stunden Nervenkrieg endlich die Erlösung. Die Versicherung hat bekommen, was sie braucht, die Patientin kann gehen. Nur: Inzwischen war auch ihr Partner, der Schwiegersohn der Familie, mit gleichen Symptomen im Krankenhaus eingeliefert worden.

Er beantragte die Entlassung nach drei Tagen selbst. Es war Wochenende, der Dienstplan dünn, ein Arzt selten zu sehen. Im Büro des Krankenhausdirektors Szenen wie wenige Tage zuvor. Kostenaufstellung hoch und unklar, heftige Wortgefechte und schließlich die Eskalation: "Der Krankenhauschef hat uns bedroht", sagt der Schwiegersohn. Er hatte seine Schwiegermutter als Begleitung ins Gespräch genommen. Deren Mann sah sich nach der Episode mit der Tochter außerstande, Gleiches nochmals mitzumachen.

Im Streit um undurchsichtige Kostenlagen – die Anrufe der Versicherung aus Deutschland seien wiederholt aufgelegt worden und endeten schließlich mit viel Geschrei von Seiten der Verwaltung – drohte der Schwiegersohn schließlich, die Polizei anzurufen. Daraufhin, erzählt der junge Mann, habe man versucht, ihm das Handy abzunehmen. Als Patient und Begleiterin sich auf den Weg zur Tür machen wollten, wurde diese gewaltsam verschlossen und abgesperrt. "Wir waren fix und fertig", erzählt die Schwiegermutter.

"Ich hatte in dem Moment totale Angst, dass es handgreiflich wird." Noch nicht einmal auf die Toilette habe sie während des mehrstündigen Nervenkriegs gehen dürfen. Nach vielen Stunden das Ende: Das Krankenhaus willigt in die Versicherungsanforderungen ein, die Familie geht zurück ins Hotel. Der Manager und das Personal kümmern sich führsorglich um die traumatisierten Gäste. Nicht zum ersten Mal seien dem Gastgeber solche Klagen aus besagtem Krankenhaus zu Ohren gekommen.

Der Vater erwägt, einen Anwalt und ein Gericht in der Sache einzuschalten, verwirft den Gedanken aber wieder – zu undurchsichtig ist ihm die türkische Judikative, zu groß der psychische Stress, den ein Verfahren mit sich bringen würde. Aber: "Vor dem Krankenhaus warne ich die ganze Welt. Und wenn es das Letzte ist, was ich tue", grollt er. Einen weiteren Urlaub in der Türkei möchte die Familie aber nicht ausschließen. "Wir gehen mal wieder hin", erklärt die Mutter versöhnlich. "Die Türken können ja nichts dafür."