Acht sind es bis jetzt, viele mehr sollen es werden: Die Bürgerinitiative Christophstal um Nicole Graf, Roland Gänßler und Ingeborg Frommknecht vor ihrem Gründungsort im Blauen Haus. Foto: Eberhardt

Bürgerinitiative Christophstal kritisiert bestehenden Lastwagenverkehr. Investition in Infrastruktur gefordert.

Freudenstadt-Christophstal - "Nein zu Lärm, Dreck und Lastwagen im Christophstal!" Die Worte der neuen Bürgerinitiative klingen markig. Bergbau soll es mit ihr nicht geben. Aber auch kein "Nein" zu allem. Sondern durchaus ein "Ja" – zu anderem, vielleicht zu mehr.

In der Talsohle unterhalb der Freudenstädter Höhe hingestreckt, hat sich über Generationen eine Kommune innerhalb der Kommune entwickelt. Mit einem Ortsbild, einer Infrastruktur und vor allem einer industriellen Geschichte, die ganz eigene Charakteristika aufweisen.

Das Christophstal ist auf eine raue Art schön – selbst wenn das Idyll stellenweise deutlich Lochfraß zeigt. Mit dem Grünprojekt 2025 sollte es deshalb aus dem "Dornröschenschlaf" geholt werden. Doch so wie es aussieht, kommt schon deutlich früher Leben ins Tal. Schuld daran ist – sinnigerweise – die Anknüpfung an die Geschichte: Der Bergbau soll wieder aufleben. Dem stellt sich die neu gegründete Bürgerinitiative Christophstal entschlossen entgegen.

Beim Pressegespräch im Blauen Haus, eine jener architektonischen Landmarken des Christophstals, erklären die Initiatoren auch, warum: In seiner postindustriellen Epoche wurde das Christophstal vor allem zu einer Oase der Ruhe und Stille, die von vielen gezielt aufgesucht wird. Die Großeltern-Generation hat aus wirtschaftlichen Gründen hier gesiedelt, die Kinder sind oft die Flucht nach oben auf die städtische Hochfläche angetreten.

Doch die Enkel, erklären die Initiatoren, kämen wieder zurück. Unter ihnen die Familie der Sprecherin der Initiative, Nicole Graf, oder von Mitstreiterin Juliane Votteler. Alte Familienanwesen wurden saniert, Mehrgenerationenwohnkonzepte ins Leben gerufen. Andere Mitglieder der Gruppe, etwa Andreas Stark, haben sich nach der lauten Großstadt das ruhige Christophstal als Lebensort ausgesucht. Für viele Freudenstädter ist das Tal ein lieb gewonnenes Naherholungsgebiet.

Die schmale Talstraße habe eine "nostalgische Eigenart", die sich sonst kaum mehr findet, heißt es in einer Erklärung der Initiatoren. Hier ziehen Wanderer, Radler und Autofahrer gleichberechtigt durch.

Stadt Passivität vorgeworfen

Dass hier nun bald in unmittelbarer Umgebung regelmäßig Sprengungen vorgenommen werden und täglich zwanzig Lastwagen voller Gestein über die beschauliche Durchgangsstraße donnern, ist für die Initiative deshalb absolut undenkbar.

Aber das "Nein zum Bergbau!" der Initiative hat einen Untertitel: "Für ein verkehrsberuhigtes Christophstal." Aus Ablehnung kann auch Positives entstehen. Als sich bei den ersten Bürgerversammlungen Widerstand zum Bergbauprojekt regte, forderte Oberbürgermeister Julian Osswald die Bewohner auf, sich zu formieren und zu artikulieren.

Eine Art Initialzündung für die Christophstäler, sich mal mit ihrer Zukunft zu befassen? Das wäre nicht ganz gerecht, denn der Stadtteil zeigt sich in der Binnenaktivität mit Taloffenhaltung und einem eigenen Onlineportal sehr engagiert.

Mancher in der Initiative wirft der Stadt in der Bergbau-Angelegenheit denn auch gezielte Passivität vor. Aber das Christophstal soll nicht nur für ein Jahr des Grünprojekts 2025 eine schmucke Zukunft bekommen, sondern schon davor – und lange danach. Und dafür, räumt Sprecherin Nicole Graf ein, war der Schubs zur Artikulation gar nicht verkehrt: "Manchem ist wohl erst jetzt bewusst geworden, wie sehr er sein Christophstal liebt und schätzt. Und dass er sich weniger Verkehr wünscht."

Man wolle deshalb an die Christophstäler und die Freudenstädter gleichermaßen appellieren, sich der außergewöhnlichen Qualitäten und Geschichte des Tals bewusst zu werden, erklärt Juliane Votteler. Jene gilt es in den Augen der Bürgerinitiative zu erhalten und fortzuführen. Mit Verkehrsberuhigungsmaßnahmen, infrastrukturellen Investitionen in den Lebensraum und einer grundlegenden Zukunftsstrategie für das Tal. Heißt unterm Strich: Bergbau soll es im Christophstal definitiv nicht geben – aber dafür vielleicht vieles andere?

Die Runde des Pressegesprächs überlegt kurz, bevor kollektiv die Gesichter aufleuchten. "Ja." Michael Kitzlinger findet es bei aller kritischen Haltung zur Stadtverwaltung positiv, dass die Bürgerinitiative bereits bestehende kommunale Interessen im Christophstal flankieren könnte. "Es bildet sich ein grundsätzliches Bewusstsein über die Qualität des Tals", freut sich auch Juliane Votteler.

Doch damit jenes Bewusstsein nicht hinter pragmatische Wirtschaftsinteressen zurückfällt, braucht es Mitstreiter, die beim öffentlichen Bürgerforum am Mittwoch, 26. August, gefunden werden sollen. Dort wird eine Unterschriftenliste ausliegen. Die Stadt habe ein Stimmungsbild gefordert – wohl um zu sehen, wie ernst es den Christophstälern mit ihrer Haltung ist. "Das ist okay", meint Juliane Votteler. "Da sind wir jetzt gefordert." Beginn ist um 19.30 Uhr im Blauen Haus.