Klaus Schmid Krimmer auf einer alten Schulbank. Seit 23 Jahren leitet er die Forchenkopfschule. Foto: Altendorf-Jehle Foto: Schwarzwälder Bote

Bildung: Rektor Klaus Schmid-Krimmer spricht über Schulpolitik und seine Zeit in Wittlensweiler

Freudenstadt-Wittlensweiler. Seit 23 Jahren leitet Klaus Schmid-Krimmer die Forchenkopfschule in Wittlensweiler. Der leidenschaftliche Lehrer hat die Grundschule wesentlich geprägt. Bald geht er in den Ruhestand. Wir sprachen mit ihm über Bildungspolitik und seine Zeit als Lehrer.

Was lässt sich schulpolitisch im Rückblick sagen?

Dass es stets ein wellenartiges Auf und Ab gibt und sich vieles im Leben wiederholt. Als ich in den Schuldienst wollte, gab es eine Lehrerschwemme. Heute werden Lehrer händeringend gesucht. Dass ich damals in der Privatschule in Altensteig angestellt wurde, war wie ein Lottogewinn. Dort hatte ich schon mit Flüchtlingen aus den damaligen Krisengebieten der Welt und den Kindern von Spätrücksiedlern zu tun. Wir waren, wie heute, mit Analphabetismus konfrontiert und Integration war unser Ziel.

Sie erlebten auch zahlreiche Schulreformen. Was ist davon geblieben?

Die Erkenntnis, dass die beste Schulreform nichts nützt, wenn das Verhältnis Lehrer/Schüler nicht stimmt. Nur wenn Kinder ihre Lehrkraft mögen und respektieren und umgekehrt, dann gehen sie gerne in die Schule. Das ist die Motivation zum Lernen.

Haben sich die Kinder geändert?

Es gibt heute wie früher Schlitzohren. Die Kinder von heute sind aber freier, haben keine Angst mehr vor der Schule und den Lehrern. Das ist gut so, aber auch eine Herausforderung. Die Lehrer müssen Grenzen ziehen, deutlich machen, dass sie Lehrer und keine Kumpels sind. Kinder sind Kinder, keine kleinen Erwachsenen. Sie haben Ecken und Kanten und sind nicht aus Knete, die man einfach formen kann und darf.

Wie sieht es mit den heutigen Eltern aus?

Die Eltern wollen wie früher das Beste für ihr Kind. In einer ländlich geprägten Schule wie unserer, hören die Eltern auch weiterhin auf den Rat der Pädagogen, wenn es um die weiterführenden Schulen geht. Eltern fordern vermehrt Ganztagsbetreuung und haben durch ihre Berufstätigkeit weniger Zeit sich in der Elternarbeit zu engagieren.

Was macht eine Schulleitertätigkeit aus?

Sie bietet die Möglichkeit, Weichen zu stellen. Nicht als Einzelperson, aber im Team. Ein Schulleiter muss das Kollegium von neuen Ideen überzeugen und begeistern können. Er muss aber auch bereit sein, Ideen aus dem Kollegium zuzulassen und umzusetzen. Ich hoffe, mir ist das gelungen.

Was ist die Kehrseite?

147 Schulleiterstellen in Baden-Württemberg sind unbesetzt, wenn ich jetzt die Forchenkopfschule verlasse, sind es 148. Auch für Wittlensweiler wurde bisher niemand gefunden. Sicherlich spielt die schlechte Bezahlung eine große Rolle, hinzu kommt der hohe Verwaltungsaufwand. Die jetzigen Schulleiter machen Überstunden, um ihre Ideen umzusetzen, junge Menschen sind dazu nicht mehr bereit und das ist gut so. Es muss sich was ändern, um diese Stellen wieder attraktiv zu machen.

Was waren die grundlegendsten Änderungen in der Forchenkopfschule?

Sicherlich die Einrichtung der Bläserklasse. Sie hat der Schule ein neues Profil gegeben. Aber auch unsere Inklusionsklasse, die es jetzt leider nicht mehr gibt, hat die Schüler aber auch uns Lehrer sehr nachhaltig geprägt. Eine einschneidende Veränderung war auch die Umwandlung in eine freiwillige Ganztagsschule.

Was ist wichtig für eine Schule?

Am Puls der Zeit zu sein, aber gleichzeitig Traditionen zu bewahren und nicht in Aktionismus zu verfallen. Wichtig ist dabei: Das Kind muss im Mittelpunkt stehen. Keines darf verloren gehen. In meiner Zeit als Rektor war meine Maxime: Jedes Kind mitnehmen, alles probieren. Erst wenn es trotz aller Bemühungen nicht funktioniert, schauen, in welcher anderen Einrichtung es dem Kind besser gehen kann.

Was war das Eindrücklichste in Ihrer Zeit?

Sicherlich unsere Kooperation mit der Eichenäckerschule. Es war für mich sehr eindrücklich zu lernen, nicht nach den Schwächen der Kinder zu suchen, sondern deren Stärken zu fördern. Das hat meine pädagogische Arbeit nachhaltig verändert.

Wie sehen Sie die Zukunft der Grundschule?

Alle sind entsetzt, dass die Grundschulen derzeit so schlecht abschneiden. Ich finde das gut, weil dadurch die Grundschule endlich in den Fokus gerät. So lange es gut lief, passierte nichts. Doch nun sind plötzlich alle aufgeschreckt und schauen genau hin. Das führt hoffentlich zu positiven Veränderungen, zu mehr Personal, einer besseren Bezahlung und guten Räumlichkeiten.

Ihr Schlusswort?

Grundschule hat zum Glück noch sehr viel mit Emotionen zu tun. Grundschullehrer war mein Wunschberuf. Ich habe es nie bereut. Es ist einfach ein wunderschöner, erfüllender Beruf gerade auch für Männer. Ich konnte schon immer gut mit Kindern umgehen. Zum Ende meiner Berufslaufbahn kam eine gewisse Altersmilde dazu, wie bei meinen Enkelkindern.   Die Fragen stellte

Bärbel Altendorf-Jehle

In Stuttgart-Stammheim 1954 geboren, erlebte Klaus Schmid-Krimmer seine Kindheit in Sulzbach an der Murr. Nach dem Abitur und dem Grundwehrdienst sammelte er praktische Erfahrungen bei einer Industriefkaufmannslehre. In Ludwigsburg studierte Klaus Schmid-Krimmer mit Stufenschwerpunkt Grundschule. Nach seinem Referendariat in Simmersfeld war er sechs Jahre an einer Privatschule in Altensteig-Spielberg, dann Grundschullehrer in Egenhausen, Schulleitervertreter in Spielberg und seit 1995 Schulleiter der Grundschule Wittlensweiler.