Der Landkreis Freudenstadt hat mit Überalterung zu kämpfen: Die Menschen unter 21 Jahren werden ständig weniger. Foto: Archiv Foto: Schwarzwälder-Bote

Demografischer Wandel bringt in nächsten Jahren große Herausforderungen / Förderung von Familien und Kindern gewinnt an Bedeutung

Von Hartmut Breitenreuter

Kreis Freudenstadt. In der Kinder- und Jugendhilfe, die bereits jetzt einen erheblichen Anteil der Ausgaben des Landkreises ausmacht, kommt es in den kommenden Jahren durch den demografischen Wandel zu weiteren großen Herausforderungen.

Dies prophezeite Ulrich Bürger vom Kommunalverband für Jugend und Soziales (KVJS) in einem Referat vor dem Kreistag. Drastisch machte er anhand von Auswertungen, Erhebungen und Prognosen deutlich, dass im Kreis Freudenstadt die Menschen unter 21 Jahren ständig weniger werden – bis zum Jahr 2025 um rund 20 Prozent. Mit dieser Entwicklung steht die Region aber nicht alleine da. In ganz Baden-Württemberg schrumpft die Zahl der jungen Menschen und steigt die Zahl der betagten Bürger. Berechnungen bis zum Jahr 2060 zeigte Bürger dazu den Kreisräten.

Demnach gab es im Land im Jahr 2008 noch 2,32 Millionen unter 21-Jährige. 2060 werden es nach den Berechnungen des KVJS nur noch 1,52 Millionen sein, das sind rund 35 Prozent weniger. Im gleichen Zeitraum sinkt auch die Zahl der 21- bis 65-Jährigen von 59 auf 51,8 Prozent. Dafür steigt der Anteil der 65- bis 85-Jährigen von 17,1 auf 23,4 und der Anteil der über 85-Jährigen von 2,2 auf 8,1 Prozent.

"Kinder und Jugendliche werden zu einem knappen Gut in der Gesellschaft, das immer mehr Verantwortung trägt", folgerte Ulrich Bürger aus den Zahlen. Aus diesem Grund seien Kinder und Familien in Zukunft mehr denn je auf die Unterstützung und Förderung durch eine breite bürgerschaftliche und politische Lobby angewiesen.

Zunehmen werde mit dem demografischen Wandel auch die Altersarmut, betonte Bürger. Die alternde Gesellschaft werde die kommunalen Haushalte belasten. Im Moment habe man zwar die wohlhabendste Rentnergeneration, die es je gegeben habe, doch das werde ausklingen. Dramatisch würden durch die immer älter werdenden Menschen auch die Kosten für die stationäre Pflege zunehmen.

Auch für den Kreis Freudenstadt legte Ulrich Bürger eine Reihe von Zahlen vor, nach denen in Sachen Förderung von Familien und Kindern noch jede Menge Nachholbedarf besteht. So liegt der Landkreis zum Beispiel bei der Betreuungsquote der unter Dreijährigen mit 9,2 Prozent an drittletzter Stelle aller Kreise in Baden-Württemberg. Auch bei den Ganztagesplätzen in Kindergärten liegt der Kreis Freudenstadt mit 4,7 Prozent am unteren Ende der Skala.

Erhoben wurden vom KVJS auch Zahlen der Kinder- und Jugendarbeit. So liegt der Kreis Freudenstadt bei der offenen und verbandlichen Jugendarbeit mit 0,76 Vollkräften je 1000 der 6- bis 21-Jährigen im Mittelfeld aller Stadt- und Landkreise, ebenso bei der mobilen Jugendarbeit mit 0,11 Vollkräften je 1000 der 12- bis 21-Jährigen. In dieser Sparte gibt es im Land aber auch noch etliche Kreise, die gar keine Vollkräfte für die mobile Jugendarbeit einsetzen.

Bei der Schulsozialarbeit an allgemeinbildenden Schulen liegt der Landkreis mit 0,35 Vollkräften je 1000 der Sechs- bis 18-Jährigen im unteren Drittel. Schlecht schneidet in der Statistik des KVJS der Kreis Freudenstadt bei den Schulabgängern mit Fachhochschulreife oder Hochschulreife im Schuljahr 2007/2008 ab. Er landet mit 14,1 Prozent auf dem letzten Platz. Dabei musste Ulrich Bürger allerdings einen Fehler einräumen. In der Statistik wurden die Abgänger der beruflichen Gymnasien nicht erhoben.

Als Resümee zog der Experte des KVJS, dass der Kreis Freudenstadt vor großen Aufgaben steht, weil die Population der 15- bis unter 21-Jährigen bereits bis zum Jahr 2025 voraussichtlich um 28 Prozent zurückgeht. Dies werde verstärkt Interessenkonflikte mit sich bringen, in denen auch die Verteilung finanzieller Ressourcen eine zentrale Rolle spielen werde, prophezeite der Experte des KVJS.